Mit einer fast durchgehend tollen Leistung gewinnt die glorreiche Fortuna völlig zu Recht mit 4:1 gegen die Arminia.

Analyse · Danke, danke, danke! Der wahnwitzig Ergebene sendet seinen fetten Dank raus an Trainer Thioune, dass er endlich wieder auf ihn gehört hat. Mindestens ebenso viel Dank sendet er mit Kusshändchen an die 16 Jungs in Rot, die gestern eine feine Partie möglich gemacht haben, dass sie sich an die Anweisungen des Ergebenen gehalten und so eine verbesserte Kopie der Partie gegen Rostock möglich gemacht haben. Dieses Mal mit einer guten halben Stunde Traumfußball als Sahnehäubchen. [Lesezeit ca. 3 min]

Der einzige Faktor, der dieser großartigen Vorstellung nicht angemessen war, war die Stümmung auf den Rängen, die merkwürdig gedämpft erschien. Die üblichen Verdächtigen sollten die Schuld dafür nicht bei den Ultras suchen, die sich gerade ziemlich im Umbruch befinden und sich nach der Corona-Zwangspause immer noch einrütteln müssen. Überhaupt muss man bei niemandem die Schuld suchen, sondern jede:r Anwesende muss sich an die eigene Nase packen. Strahlender Support ist kein Produkt, das im Eintrittspreis inbegriffen ist, den müssen die Fans schon selbst herstellen. Trotzdem bleibt die Frage, weshalb es bei dieser grandiosen zweiten Halbzeit, wie man sie von einer Fortuna-Truppe schon lange nicht mehr gesehen hat, nicht zu Euphoriestürmen gekommen ist. Antwort: Man weißet nit…

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Die Erfreulichkeiten nahmen mit dem Auftritt und den zauberhaften Buden kein Ende. Der nächste megafette Dank geht raus an Nachwuchschef Frank Schaefer und seine Bande sowie die Trainer von U17, U19 und Zwoter: Sinisa Suker, Jens Langeneke und Nico Michaty. Die haben diesen fantastischen Pool an jungen Spielern geformt und sind gern bereit, ihre besten Talente der Ersten zur Verfügung zu stellen, auch wenn gerade die Zwote ein bisschen unter diesen Abstellungen zu leiden hat. Umso schöner, dass unsere wundervolle U23 gestern einigermaßen überraschend beim überfliegenden Aufsteiger Kaan-Marienborn mit 3:1 gewonnen hat.

F95 vs Bielefeld: Winke-winke beim Auflauf (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Winke-winke beim Auflauf (Foto: TD)

So standen bei Schlusspfiff also drei (Der Ergebene HASST diesen Ausdruck!) Eigengewächse auf dem Platz, und die Art und Weise, wie Elio Neto, Tom Geerkens und Niko Vukancic da mitspielten, die Burschen mit den Rückennummern jenseits der 40, überzeugte. Überhaupt werden die Grenzen zwischen Nachwuchs und Profikader zunehmend fließend. Und das ist DAS Erfolgsrezept für die Zukunft. Beim aktuellen Tabellenführer der Premier League, Arsenal, besteht die Hälfte des Kaders aus Buben, die bei den Gunners das Kicken gelernt haben, bisweilen liegt der Altersschnitt auf dem Platz kaum über der 23. Überhaupt scheinen die Zeiten vorbei, in denen irgendwelche Soccer-Entertainment-Franchises sich mal eben mit Hilfe schmutzigen Geldes einen Champions-League-Sieger zusammenkaufen können.

F95 vs Bielefeld: Der Nachwuchs sammelt die Bälle ein (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Der Nachwuchs sammelt die Bälle ein (Foto: TD)

Und dass der MVP des Tages, der Mann des Matches, der entscheidende Unterschiedsspieler, dieser unvergleichliche Shinta Appelkamp war, unterstützt die These und erhöht die Freude, denn Shinta ist einer aus unseren Jugendreihen. Seit Wochen, wenn nicht Monaten predigt der Ergebene, dass dieser junge Herr Appelkamp einen gehörigen Schuss Narrenfreiheit braucht, um seine Talente voll entfalten zu können. Den hatte ihm Daniel Thioune offensichtlich genehmigt. Offiziell wohl als Zehner platziert, nutzte Shinta die gesamte Zone zwischen der Mittellinie und dem gegnerischen Sechzehner als Feld für seine Ideen, ließ sich aber auch nicht davon abhalten, selbst in den Strafraum vorzustoßen und die ebenfalls vorhandenen Torschützenqualitäten aufblitzen zu lassen. Am Ende standen dann zwei wirklich blitzsaubere Hütten und eine genialische Vorlage auf seinem Zettel.

F95 vs Bielefeld: Nach Shintas genialem 1:0 (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Nach Shintas genialem 1:0 (Foto: TD)

Der zweite Mann des Tages, sozusagen, der zweitwertvollste Spieler war ohne Zweifel der junge Michal Karbownik, der ein ums andere Mal staunend offene Münder auf die Gesichter der F95-Fans zauberte. Wer bei einer derartigen Grundschnelligkeit, derart viel Übersicht und Ballkontrolle zeigt, dem stehen alle Möglichkeiten offen. Es fragt sich sogar, ob der gute Michal auf der Außenverteidigerposition nicht verschwendet ist und als Außenläufer nicht sogar noch besser wirken könnte – vielleicht sogar mit einem Nicolas Gavory hinter sich.

F95 vs Bielefeld: Wichtige Lagenbesprechung an der Seitenlinie (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Wichtige Lagenbesprechung an der Seitenlinie (Foto: TD)

Möglicherweise die bemerkenswerteste Geschichte des Tages ist, dass die Abwesenheit von Cello Sobottka keine negativen Auswirkungen hatte. Und das, obwohl Jorrit Hendrix und Ao Tanaka als Doppelsechs (oder Sechser-Achter-Pack, das wurde nie ganz klar…) nicht voll überzeugten. Wertvoll waren sie vor allem beim Überthema „Balleroberung“, während die kreative Leistung des Mittelfelds fast vollständig auf Shintas Schultern ruhte. Erfreulich zu zu beobachten ist, dass der japanische Nationalkicker immer robuster wird, auch wenn nur 33 Prozent gewonnener Zweikämpfe noch nicht das Ende der Fahnenstange sein können.

F95 vs Bielefeld: Aos feines 2:1 direkt nach der Pause (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Aos feines 2:1 direkt nach der Pause (Foto: TD)

Immerhin gehört ihm dieses schicke Tor direkt nach Wiederanpfiff. Da hatten ihn die Bielefelder völlig übersehen. Und dann hatte er auch noch Glück, weil die Pille unter dem Arm des Arminia-Keepers hindurch ging und ihn dabei berührte; ein Zentimeter weniger Abstand zwischen Arm und Körper und er hätte das Ding gehabt. Beeindruckend der Vorlauf zu diesem Treffer mit einem wunderhübschen Dribbling von Emma Iyoha und einem perfekten Pass von Shinta Appelkamp auf den freien Ao Tanaka.

F95 vs Bielefeld: Jordy hat's an der Birne...(Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Jordy hat’s an der Birne…(Foto: TD)

Eine Bude für die F95-Geschichtsbücher fiel dann in der 66. Minute, und wieder war Shinta der Schütze. Aber was sich davor in den Reihen der Fortuna abspielte, lässt sich nur mit Oh! und Ah! kommentieren. Ausgangspunkt war Appelkamp persönlich, die Pille kommt von Klaus zu Kownacki, der der Strafraum quert und die Kugel mal eben per Hacke dem anlaufenden Shinta serviert, der das Ding dann auch noch mit maximaler Cleverness über den Tormann der Bielefelder lupft. Mit dem 3:1 war der Fisch dann aber auch geschuppt.

F95 vs Bielefeld: Traumtor nach Traumkombination zum 3:1 (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Traumtor nach Traumkombination zum 3:1 (Foto: TD)

Nicht dass die Erstligaabsteiger sich in ihr Schicksal ergeben hätten, aber dem annähernd perfekten Kombinationsspiel der Fortunen hatten sie einfach nichts entgegenzusetzen. Selbst ihren Ehrentreffer in der 34. Minute hatten sie sich nicht selbst erarbeitet. Der fiel nach einem Elfer, den Chris Klarer im Übereifer ausgelöst hatte, indem er einen gegnerischen Angreifer von schräg hinten umrannte. Flo Kastenmeier, der sehr sehr wenig zu tun hatte, flog noch in die richtige Ecke, aber der Schuss vom Arminia-Spieler Hack war zu genau gezirkelt.

F95 vs Bielefeld: Shinta Appelkamp, Mann des Spiels bei einer Ecke (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Shinta Appelkamp, Mann des Spiels bei einer Ecke (Foto: TD)

Apropos Innenverteidigung: Im Block wurde schon während der ersten Halbzeit gerätselt, was mit Jordy de Wijs los war, der zwar wie immer maximalen Einsatz zeigte, dem aber neben seinen wuchtigen Abwehraktionen nichts gelang. Er wirkte nicht fit, und zwar im Kopf. Der wurde in der 40. Minute bei einem Zusammenprall so malträtiert, dass Jordy einen Turban verpasst bekam. Seinen Gegner hatte es allerdings heftiger erwischt. Beide spielten zunächst weiter, aber schon in den ersten Minuten nach der Pause zeigte sich, dass Mijnherr de Wijs es auch noch an der Hüfte hatte. In der 60. Minute gab er auf, und Tim Oberdorf kam für ihn ins Spiel. Nun hatten die Gäste diese Innenverteidigung nie wirklich geprüft, aber tatsächlich wirkte die Kombi Klarer-Oberdorf sicherer.

F95 vs Bielefeld: Tim setzt mit dem 4:1 noch einen drauf (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Tim setzt mit dem 4:1 noch einen drauf (Foto: TD)

Der Ergebene hätte da noch drei weitere Männer des Spiels im Angebot. Matthias Zimmermann nahm seine neue Rolle als Käpt’n Zimbo sehr ernst und war kämpferisch ein Vorbild für alle. Auch sein Zusammenspiel mit Felix Klaus auf der rechten Schiene funktionierte – besonders in der ersten Halbzeit – bestens. Emma Iyoha, unser Düsseldorf Jong, lieferte eines seiner besten Spiel im F95-Trikot, wirkte mutig und befreit, zauberte eine Reihe betörender Dribblings und setzte die Offensividee des Trainer perfekt um. Der hatte nämlich auch ihm eine Portion Narrenfreiheit zugeteilt, nämlich die Freiheit, vom Flügel in die Mitte zu wechseln und wieder zurück. So sah er manchmal wie eine zweite Spitze neben Dawid Kownacki aus, mal wie ein waschechter Außenstürmer.

Apropos Kownacki: Auch der bekommt eine Portion MVP ab, allein schon für seine Vorlage zum 3:1. Ein Versuch, sein Tor des Monats aus dem Rostock-Spiel zu duplizieren, misslang knapp. Und auch wenn er eben nicht selbst einnetzte, war er doch genau der Unruheherd am Sechzehner, der die Bielefeld-Abwehr ständig beschäftigte. Zusammengefasst kann man sagen: Der Spielplan der Coaches war klasse, und die Mannschaft hat ihn (fast) perfekt umgesetzt. So glänzend die zweite Halbzeit aus rotweißer Sicht lief, so komisch reagierte die Truppe auf die eigene 1:0-Führung aus der 21. Minute – sie verfiel in milde Lethargie. Nicht der Gegentreffer löste die Schwächeperiode aus, der war schon ein Ergebnis dieser Phase.

F95 vs Bielefeld: Da freut sich auch Doc Blecker... (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Da freut sich auch Doc Blecker… (Foto: TD)

Es hört sich immer herzlos an, aber so richtig vermisst hat man die Verletzten nicht. Umso schöner das Schlussbild (siehe oben), als sich der gesamte Kader (plus jugendlicher Gäste) vor der Süd versammelte und gemeinsam feierte. Und das sah dann so aus, als freuten sich die Angeschlagenen so richtig mit mit denen, die die Schlacht geschlagen und gewonnen hatten. So muss eine funktionierende Mannschaft aussehen. Und dass auch an dieser mentalen Gesamtgesundheit Daniel Thioune den größten Anteil hat, konnte man wieder bei seiner Ansprache im Kreise der Kicker deutlich sehen.

F95 vs Bielefeld: Trainer Thioune hält die Siegesansprache (Foto: TD)

F95 vs Bielefeld: Trainer Thioune hält die Siegesansprache (Foto: TD)

Rätselhaft bleibt auf dem Hintergrund dieses überzeugenden Sieges und auch der vorhergehenden Heimsiege, wie es zu dieser Minderleistung in Hamburg kommen konnte. Ja, ja, die Konstanz fehlt, heißt es, aber eine Erklärung für diese leistungsmäßige Inkontinenz hat wohl noch niemand. Immerhin hat sich die Truppe auf Platz 4 vorgespielt und bleibt an der Spitzengruppen dran. Das Auswärtsspiel in Darmstadt könnte ein Weichensteller werden: Gewinnen die Rotweißen, sind sie fester Teil der Spitzengruppe. Eine Niederlage würde sie ein wenig zurückwerfen, ein Unentschieden die aktuelle Situation betonieren. Leider ist der SVD momentan saustark, stark genug, in Paderborn zu gewinnen – und das will was heißen.

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