Der Zwangsverkauf des Textilkaufhauses Gebr. Alsberg im Zuge der sogenannten „Arisierung“ legte den Grundstein für das Multimilliarden-Vermögen des Helmut Horten – seine Kaufhauskette gibt es nicht mehr.

Es ist schwer, die Geschichte der Kaufhauskette Horten ohne Wut zu erzählen. Denn der Gründer Helmut Horten wurde nicht nur durch die sogenannte „Arisierung“ zum Multimilliardär, sondern förderte in den Fünfzigerjahren die damals äußerst rechtskonservative FDP mit Millionensummen. Den Grundstock an Waren für sein erstes Kaufhaus in Duisburg stammte aus diffusen Quellen; er hatte sie noch während des Krieges in einem aufgelassenen Bergwerksschacht horten lassen, sodass er praktisch schon am Tag der Währungsreform den Betrieb mit einem Vollsortiment starten konnte. Seinen Ausstieg aus dem Unternehmerleben inszenierte er als Steuerflucht in die Schweiz. Den luxuriösen Lebensstil mit Villen in der Schweiz und in Düsseldorf sowie dem unvermeidlichen Rolls-Royce finanzierte er aus den Profiten, die er auf dem Rücken seiner Angestellten zusammenraffte.

Jubelanzeige Hortens zur Arisierung (Abb.: Stadtarchiv Düsseldorf)

Jubelanzeige Hortens zur Arisierung (Abb.: Stadtarchiv Düsseldorf)

Ein zweites Mal brachte ihm eine Spätfolge der Judenverfolgung durch das NS-Regime einen enormen wirtschaftlichen Vorsprung. Der jüdische Multiunternehmer Jakob Michael hatte dem Gründer Emil Köster 1924 dessen Firma „Deutsche Familienkaufhaus“ (DeFaKa) abgekauft. Dessen Geschäftsmodell war es ursprünglich, deutschen Beamten den Kauf von Waren aller Art auf Raten zu ermöglichen, ein Prinzip, das Michael nach der Übernahme beibehielt. Um der drohenden Judenverfolgung unter den Nazis zu entgehen, emigrierte Michael bereits 1932 in die USA, wo er eine Holding gründete, die dann als Eigentümerin der Kaufhäuser agierte, was DeFaKa vor der späteren Arisierung schützte.

DeFaKa an der Berliner Allee im Hintergrund (Foto: Stadtarchiv)

DeFaKa an der Berliner Allee im Hintergrund (Foto: Stadtarchiv)

Nach dem Krieg konnten die DeFaKa-Filialen rasch wieder den Betrieb aufnehmen und waren in den Jahren des Wirtschaftswunders enorm erfolgreich. Auch in Düsseldorf gab es schon ab den Dreißigerjahren ein DeFaKa an der Graf-Adolf-Straße, ziemlich genau da, wo zuvor das Arabische Café existiert hatte. Im Krieg wurde das Gebäude schwer beschädigt und im Zuge der Bemühungen des Baurats Tamms, Düsseldorf zu einer autogerechten Stadt zu machen, modernisiert, um Platz für die neugeschaffene Berliner Allee zu machen. DeFaKa nahm nun den gesamten Häuserblock bis hin zur Ost- und zur Bahnstraße ein.

Im Jahr 1954 gelang es Horten der Familie Michael das Unternehmen DeFaKa für nur 60 Millionen DM abzukaufen. So fiel auch die Düsseldorfer Filiale an Horten, wurde aber als DeFaKa weiter betrieben. Nach und nach wurden die DeFaKa-Häuser von Vollsortimentern in Textilkaufhäuser umgewandelt. Der Komplex an der Berliner Allee wurde Anfang der Sechzigerjahre abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, die Eröffnung als Horten-Kaufhaus fand 1966 unter großer Anteilnahme der Düsseldorfer Bevölkerung statt. Verkleidet war der Gebäudekern mit den später legendär gewordenen Horten-Kacheln.

Das DeFaKa an der Graf-Dolf-Straße / Berliner Allee (Foto: Stadtarchiv)

Das DeFaKa an der Graf-Dolf-Straße / Berliner Allee (Foto: Stadtarchiv)

Die hatten aber nicht in erster Linie eine ästhetische Funktion, sondern machten es möglich, Fensteröffnungen an beliebigen Stellen zu bauen, ohne auf die Wirkung der Fassade Rücksicht nehmen zu müssen. Im Düsseldorfer Horten gab es in der ersten und zweiten Etage deshalb gar keine Fenster. Das wiederum erlaubte eine extrem rationelle Aufteilung und Nutzung der Verkaufsflächen. Wie überhaupt die Maximierung des Verkaufs im Zentrum aller Bemühungen und Interessen des Unternehmers standen, der seinen Reichtum den Nazis zu verdanken hatte.

Die Horten-Eröffnung 1966 (Foto: Stadtarchiv)

Die Horten-Eröffnung 1966 (Foto: Stadtarchiv)

Anfang 1970 wandelte Helmut Horten dann seine GmbH in eine AG um mit dem Ziel, so einfacher seine Anteilsmehrheit zu verkaufen und das Geld dann an den deutschen Steuerbehörden vorbei in die Schweiz zu transferieren. Im Laufe des Jahres 1972 zog er sich im Alter von knapp 63 Jahren aus dem Konzern zurück. Ab 1988 entwickelte die Horten AG das sogenannte „Galeria-Konzept“ für ihre Kaufhäuser. Danach sollte jede Filiale auf die Kunden wie die Ansammlung einzelner Spezialläden wirken, die traditionelle Aufteilung in Abteilungen wurde durchbrochen, die Waren wurden innerhalb der Abteilungen nach Marken sortiert angeordnet.

1995 wurde das Kaufhausgeschäft der Horten AG an eine GmbH übertragen, die später mit der Kaufhof Warenhaus AG verschmolz. Mit dem Ende der Horten AG im Jahr 1994 wurde auch das Kaufhaus an der Berliner Alle in ein Kaufhof Galeria umbenannt. Im Dezember 2014 schloss das Kaufhaus. Die Horten-Kacheln wurden demontiert und der gesamte Komplex aufwendig saniert und umgebaut. Heute läuft es unter dem Namen „Crown“; den größten Teil der ehemaligen Horten-Verkaufsflächen nutzt nun eine Edeka-Zurheide-Filiale.

Der Horten-Schriftzug am Carsch-Haus (Foto: public domain via Wikimedia)

Der Horten-Schriftzug am Carsch-Haus (Foto: public domain via Wikimedia)

Auch das Carsch-Haus am Heinrich-Heine-Platz lief einige Jahre unter dem Namen Horten. Nachdem das Gebäude abgetragen und einige Meter weiter westlich wieder errichtet worden war, existierte es zunächst als Horten-Filiale, später als „Carsch-Haus“ unter der Regie des benachbarten Kaufhofs an der Kö. Noch heute kann man den Horten-Schriftzug, in Stein gemeißelt, an den Haupteingängen sehen.

Kommentare sind gesperrt.