Da saßen der Opa und ich im Vossen an der Hüttenstraße im Kreise andere Fortuna-Liebhaber und -innen und glotzen das Spiel auf Sky, während man uns Altbier um Altbier kredenzte. Hätte ein schöner Freitagabend werden können. Und wenn’s am Ende 0:0 geheißen hätte, wär’s das auch geworden. So aber ließ sich der Herrn Rensing von so einer Heidelbeere überlupfen und – schwupps- begannen die Fans mit ihren Banalitäten. Ihr sehr ergebener Berichterstatter weiß schon, warum er das, was so euphemistisch „Fachsimpeln“ heißt, weiträumig umfährt und über die Details eines Spiels und die Leistungen der Spieler nur im engsten Kreise diskutiert – und sich natürlich hier auslässt. Es ist ja sooo einfach, als Fortuna-Fan mit zwei drei Phrasen Dutzende Likes auf Facebook anzuziehen. Man muss bloß auf Spochtrepochterdeutsch umschalten, Generalkritik üben und irgendeinen Schuldigen dingfest machen. Leider kommen selbst Leute mit einem IQ weit jenseits der 100-Marke an Banalitäten nicht vorbei. Zum Beispiel diese: Man hätte mal richtig Geld in die Hand nehmen und richtig gute Spieler kaufen müssen.

Ja, genau. Wir kaufen uns den Erfolg. Machen dafür Schulden. Dann versagen die teuren Kicker reihenweise, und wir haben keinen Erfolg, aber Schulden. Geht’s noch? Hatten wir das nicht schon mal? War es nicht genau diese bekloppte Politik, die unsere geliebte und glorreiche Fortuna für mehr als zehn Jahre in den dunklen Tunnel geführt hat? Nein, nein und nochmals nein: Wenn es einen Fehler gegeben hat, der zu den unbefriedigenden Ergebnisse zu Beginn der Saison 2015/14 geführt hat, dann dass wieder so viele Spieler aus so vielen verschiedenen Ecken mit so vielen verschiedenen Erfahrungen und Fähigkeiten zusammengekauft wurden. Nicht ein Ya Konan oder Mike van Duinen, ein Strohdiek oder Haggui, Sararer und Koch ist ein Fehleinkauf, weil jeder für sich auf seine Weise ein begabter / guter / erfahrener (Nichtzutreffendes streichen) Profifußballer ist. Nur: Eine Mannschaft haben wir wieder nicht.

Fragt sich natürlich, was genau eine Mannschaft ist, wie eine Mannschaft zustande kommt. Und da schalten wir dann mal in die Ecke des Managements in der sogenannten freien Wirtschaft. Dort redet man von „Team-Building“ und beschreibt damit Faktoren und Methoden, die dazu führen, dass aus einem Haufen Angestellter ein Team wird. Schaut man sich die Fachliteratur dazu mal genauer an, wird man aber auch feststellen, dass man sich mit dem Team-Building schwertun wird, wenn nicht schon bei der Zusammenstellung bestimmte Kriterien berücksichtigt werden. Bei der Zusammenstellung des Kaders für die laufende Saison galten anscheinend keine Kriterien, die dem Entstehen einer Mannschaft förderlich gewesen wären. Und, nein, es folgen keine Banalitäten über Leitwölfe und Freundschaften. Und, nein, unseren Axel plötzlich zum „Leader“ aufzuwerten, würde ihm nicht gerecht.

Zum Spiel: Geklappt hat wenig. Das Geklappteste war noch die Kombination über fünf Stationen, die beim Herrn Sararer landete, der schön abzog, aber nicht einlochte. Oder auch der Pass vom Herrn Schauerte auf Herrn Bolly, der leider seinen rechte Fuß nicht eingeschaltet hatte, mit dem er die Pille locker am Heididei-Tormann hätte vorbeischieben können. Das war’s dann auch schon mit Chancen. Die anderen hatten übrigens in der ersten Hälfte überhaupt nur eine einzige… Man könnte auch einfach sagen: Beide Teams spielten sich eine ziemlich Scheiße zusammen. Wobei immerhin die Defensive der Fortuna vergleichsweise sicher stand. Nur vorne: Wenn man den Herrn Ya Konan als einzige Spitze aufstellt, ihn aber (à la Pokalspiel in Essen) überall rumwuseln lässt, spielt man praktisch ohne Stürmer. Zumal der begabte Herr Sararer wieder seine Schwäche zeigte: Kommt er zwei-, dreimal nicht durch mit seiner Schönspielerei, kriegt er Frust und schmollt sich so durchs Spiel. Richtig traurig anzusehen ist inzwischen, wie leichtfertig der Herr Liendl sein großes Talent verschleudert durch Schlampigkeit gepaart mit einem Schuss Arroganz.

Der Herr Koch wäre so gern DER Regisseur, gibt auch lautstark Anweisungen und macht ordnende Handbewegungen, aber wenn’s drauf ankommt, produziert er Fehlpässe. Tja, und der Herr Bolly, dem wieder alle prophezeit haben, aber DIESE Saison, da käme er groß raus, der ist schnell. Der ist schnell. Der ist schnell. Der ist nur schnell. Und macht manchmal den Eindruck, er habe keine Ahnung, wie Fußball so geht. Warum der schöngeföhnte Finne noch mittun darf, ist vielen Fans ein großes Rätsel. Das hat was von Zocken: Hey, ich wechsle den ein, dann macht der n Tor, und ich habe alles richtig gemacht. Würden wir Trainer Kramer derlei Gedanken unterstellen, könnte wir schon mal anfangen „Trainer raus“-Transparente zu malen. Beim Axel muss man bei aller Liebe sagen, dass seine Fehlerquote immer weiter steigt. Trotzdem ist der Jung so wichtig für die Mannschaft, weil der mehr brennt als die anderen zehn zusammen. Da wäre dann noch die Viererkette, die in Heididei recht fest stand und nicht viel zuließ. Das geht vor allem aufs Konto vom Herrn Haggui, der einfach immer sehr solide spielt, eher unauffällig, aber eben sehr fehlerarm. Was man vom Herrn Strohdiek (im Übrigen die Neuverpflichtung, die Ihr Ergebener am allerwenigsten verstanden hat) nicht behaupten kann. Dafür spielte der Herr Schmitz solide wie sein Käpt’n, und der Herr Schauerte gab das Kampfschwein, der ausnahmsweise mal nicht vor lauter Angreiferei die Abwehr vergaß.

Der Banalitäten von sich gebende Thekentrainer hat natürlich längst sein Rezept: Mehr Stürmer! Neue Stürmer! Einen Knipser kaufen! Schlaudraff ist zu haben! Schlaudraff? Höre ich da „Schlaudraff“? Eine der eher dunklen Birnen am Fußballweihnachtsbaum, der sich beim FCB sein Talent hat zerstören lassen, um dann in Hanoi nie auch nur ansatzweise die Erwartungen hat erfüllen können. Nein, diese ganze Namenschieberei ist eine der schlimmsten Banalitäten der Fachsimpler – befeuert vom Springerverlag mit seinem transfermarkt.de und dem inzwischen wirklich widerlich gewordenen, ehemaligen Sportmagazin Kicker. Man möchte so manchen Fan an den Ohren packen, schütteln und sagen: „Ey, das ist die Realität und nicht irgendeine Computergame-Soccer-Simulation, wo’s hauptsächlich darum geht, Teams zusammenzukaufen.“

Nach dem Spiel verteilten sich die Zuschauer im Vossen nach draußen vor die Tür in den milden Sommerabend im wunderschönen Viertel rund um den Fürstenplatz. Die einen nahmen das Abendessen gleich beim Vossen ein, die tranken noch so sieben, zwölf Bier, und wieder anderen fanden sich beim Gino ein oder am Antoniushof. Größerer Frust war in der Realwelt nicht zu spüren. Das Spiel war einfach kein Thema. Nur in der Virtuellwelt, hei! da ging aber die Post ab. Da blähte jedes dritte Arschloch seine Meinung in den luftleeren Facebook-Foren-Raum, forderte dies oder das und beschuldigten diesen oder jenen. Und es dauerte nicht lange bis die übliche Litanei anfing: Diese überbezahlten Profis, und wir Fans, wir opfern dies und das und Zeit und Urlaubstage etc pp. [Ja, es gab sogar besonders hohle Fritten, die gleich mit Rückgabe der Dauerkarte (Empfehlung: DK behalten, einfach nicht hingehen) und der Kündigung der Mitgliedschaft drohten.]* Sie seien schließlich schon seit 2012 dabei und hätten jetzt die Schnauze voll. Da ist man dann doch froh, dass es innerhalb eines Fußballvereins keine direkte Demokratie durch Volksabstimmung gibt.

*[Ein freundlicher Fortunafreund macht Ihren Ergebenen auf Facebook zurecht darauf aufmerksam, dass diese Sentenz nicht von einer hohlen Fritte stammt, sondern von einem ehrenwerten Fan in ironischer Absicht geäußert wurde. Danke für den Hinweis!]

[Foto geklaut bei livedown]

2 Kommentare

    • Bilker Mädsche am

      Da hat der werte Herr Berichterstatter wunderbar die Leiden eines kneipenguckenden Fortunafans zusammen gefasst. Mein Bilker Lieblings-Glasbier-Geschäft-Besitzer fragt nach dem Spiel immer süffisant „Und? Wie war das Spiel?“ Nix dazu zu sagen ist im Angesicht der vielen Thekentrainer immer noch die beste Wahl.

      Und am darauffolgenden Sonntag bei strömendem Regen ein Fußballspiel der Zwoten zu besuchen und sich an richtig gutem Fußball bei familiärem Ambiente im Schatten der Müllverbrennung zu erfreuen…das ist die noch bessere Wahl, die ich dem werten Herrn Berichterstatter wärmstens empfehlen kann! 😉