Mit dem Bau des Rheinufertunnels vor 25 Jahren wurde nicht nur der Weg frei für die wahrscheinlich schönste Rheinuferpromenade des Universums, sondern auch für das untere Rheinwerft. Ja, es heißt DAS untere Rheinwerft, und für diese grammatikalische Anomalie gibt es überhaupt keinen Grund – es ist einfach so. Entstanden ist die untere Ebene des Altstadtufers zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei der sogenannten „Ufervorverlegung“. Bis dahin standen die Bauten der Altstadt bis unmittelbar ans leicht erhöhte Ufer des großen Stroms. Erstens liefen da gern mal die Keller vor, und zweitens platzte der Düsseldorfer Hafen aus allen Nähten. Also beschloss man, gut 40 Meter gebautes Ufer in zwei Ebenen vor die ersten Häuserreihen zu setzen: das obere und das untere Rheinwerft.

Das Düsseldorer Rheinufer um 1900

Das Düsseldorer Rheinufer um 1900

Übrigens: Vermutlich leitet sich die Bezeichnung „Werft“ nicht von dem Wort für Einrichtungen zum Bau von Schiffen ab, sondern vom englischen Wort „Wharf„, das einen durch Mauern erzeugten Kai meint. Kann gut sein, dass es der gute W. T. Mulvany war, der diesen Begriff in die Debatte warf, zumal der rund um den Düsseldorfer Hafen ja die verrücktesten Ideen hatte. Wie auch immer: Das untere Rheinwerft war als Erweiterung des Hafens gedacht; und zwar nicht einfach als Verlängerung Richtung Norden, sondern als moderne Kaianlage mit Kränen, die auf Schienen fuhren, und Gleisanschluss.

Der Düsseldorfer Rheinhafen vor der Stadt um 1832 auf einem Gemälde von J. Velten

Der Düsseldorfer Rheinhafen vor der Stadt um 1832 auf einem Gemälde von J. Velten

So lagen noch bis weit in die Sechzigerjahre hinein manchmal zwei Dutzend Binnenschiffe festgemacht unterhalb der Altstadt und wurden dort be- und entladen. Die Gleise erstreckten sich sogar bis unter der Oberkasseler Brücke hindurch bis annähernd auf Höhe der Rheinterrasse. Spätestens ab Beginn der Siebzigerjahre wurde diese Ladekapazität nicht mehr gebraucht, und das untere Rheinwerft wurde hauptsächlich zum Parkplatz. Klar, dass man beim Beschluss zum Bau des Rheinufertunnels auch über diesen Teil des Altstadtufers nachdachte. Man kam zu dem Ergebnis, dass das untere Rheinwerft quasi zum kleinen Bruder der Promenade werden sollte.

Bei Hochwasser auch schonmal überschwemmt - das untere Rheinwerft

Bei Hochwasser auch schonmal überschwemmt – das untere Rheinwerft

Und so flanieren heute Einheimische, Gäste und Touristen nicht nur oben, sondern auch auf der unteren Ebene von der Apollowiese an der Kniebrücke an den Kasematten und der Rheintreppe vorbei, unter der Oberkasseler Brücke hindurch und weiter – oder umgekehrt. Tatsächlich sieht man vom Ende der Apollowiese bis zum Beginn der Kasematten eigentlich nur eine ebene Asphaltfläche, die sich manchmal belebt. So finden hier regelmäßig große Boule- bzw. -Petanque-Turniere statt, und mit großer Sicherheit existiert hier die einzige Radschlägerrennbahn der Welt. Wenn dann das große Japan- oder Kirmesfeuerwerk kommt, drängen sich bis zu 100.000 Menschen auf dem unteren Rheinwerft und begleiten die Feuerbilder mit ihrem Ah und Oh.

Der nördliche Teil des unteren Rheinwerfts

Der nördliche Teil des unteren Rheinwerfts

Natürlich präsentieren sich hier im Sommer auch die Hobbyartisten auf den Rollerskatern oder sogar auf altmodischen Disco-Rollern. Skateboarder aber zieht es eher in Richtung Oberkasseler Brücke, wo man ihnen entsprechende Anlagen hingestellt hat. Ein Highlight ist sicher die Rheintreppe am Burgplatz, wo sich nicht nur bei warmem Wetter Hunderte junger Leute treffen, um einfach nur abzuhängen oder sich den Sonnenuntergang über Oberkassel reinzuziehen.

Die vierspurige Behelfsführung der B1 während der Bauphase des Rheinufertunnels

Die vierspurige Behelfsführung der B1 während der Bauphase des Rheinufertunnels

Dass es aber die Kasematten als gastronomische Einrichtung gibt, war von vornherein nicht geplant. Jedenfalls nicht in Form ganzjährig betriebener Biergärten. Aber in den ersten beiden Sommern wurde die rustikal mit Bierbänken und wenig mehr bestückte Ecke dermaßen gut (übrigens: fast nur von Einheimischen) angenommen, dass man zuerst für Überdachung sorgte und dann in den eigentlichen Kasematten, also den Hohlräumen in der Mauer zwischen den Rheinwerften, Toiletten und Schankräume einrichtete. Heute tobt ihr an Wochenenden das bunte Leben; hier wird gefeiert, hier sitzt man beim Bier zusammen, hier lässt man es sich in unmittelbarer Nähe zum Rhein einfach gut gehen.

Da vergessen selbst altgediente Düsseldorfer bisweilen, dass das untere Rheinwerft dreieinhalb lange Jahre eine Straße war. Den Durchgangsverkehr der B1 hatte man nämlich während der Bauzeit des Tunnels hierher verlegt, und der Rückbau dauerte immerhin fast ein ganzes Jahr. Heute ist das untere Rheinwerft als Geschwister der Rheinuferpromenade einfach nicht mehr wegzudenken.

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