Es war ein kalter, nebliger Tag im Januar 1994. Der Autor stand auf Höhe des Burgplatzes an der alten Mauer, die vom unteren Rheinwerft aufragte und blickte in die Altstadt. Ihm standen die Tränen in den Augen, und es waren Tränen der Freude: Endlich war die schönste Stadt am Rhein wieder mit ihrem Fluss verbunden. Keine vierspurige Bundesstraße 1, immer überfüllt mit lärmendem und stinkendem Autoverkehr, trennte nun Düsseldorf und den gute, alten Rhein voneinander. Man konnte nun einfach hinübergehen in die Altstadt, ohne an einer von nur drei Ampelübergängen zwischen Oberkasseler und Kniebrücke endlos auf Grün warten zu müssen. Und doch hatte der Verfasser an jenem Tag noch keine Ahnung, wie sich die Eröffnung des Rheinufertunnels am 15. Dezember 1993 auf die Stadt auswirken würde; die jährt sich in diesem Jahr zum 25. Mal – Anlass für eine kleine Serie zum Thema.
Durchgangsstraße statt Promenade
Erst im Jahr 1900 bekam Düsseldorf überhaupt so etwas wie eine Rheinpromenade. Man hatte zwischen dem Holzhafen – auf dem zugeschütteten Becken steht heute der Landtag – und dem Südende der Golzheimer Insel das Ufer vorverlegt und so das untere Rheinwerft geschaffen, um mehr Anlegestellen für Frachtschiffe zu bekommen und dadurch den Hafenbetrieb zu erweitern. Die Gleise für die Güterzüge führten von den Hafenbecken der Lausward nun bis zur Oberkasseler Brücke (die damals noch „Skagerrak-Brücke“ hieß). Auch auf Schienen liefe die Kräne zum Be- und Entladen der Schiffe. Die verschließbaren Nischen in der Stützmauer der Promenade, die sogenannten „Kasematten“, dienten als Lagerräume.Das blieb auch nach dem Krieg bis weit in die Sechzigerjahre so; erst um 1970 herum wurden die Anlagen stückweise zurückgebaut. Aber erst mit dem Neubau der Kniebrücke wurden alle verbliebenen Gleise und sonstige Anlagen entfernt; anlegen durften Rheinschiffe hier jedoch immer noch auf der gesamten Strecke zwischen den beiden Brücken. Oberhalb der neuen Fläche war zwischen dem Burgplatz und dem Horionplatz eine mit Platanen bestandene Promenade entstanden, die von den Düsseldorfern gern zum Flanieren genutzt wurde. Die parallel verlaufende Straße war aber noch keine Durchgangsstraße. Erst nach dem zweiten Weltkrieg wurde sie – im Rahmen des Konzepts der „autogerechten Stadt“ des Friedrich Tamms – zum Teil der Bundesstraße 1 und damit zu einer Hauptverkehrsader. Immer mehr Autoverkehr führte zu einer Verbreiterung auf vier Fahrspuren, nicht zuletzt ausgelöst durch die Anbindung an den Südring und den Straßenzug vom Nordfriedhof zum Mörsenbroicher Ei.
Damit war die ursprüngliche Uferpromenade Geschichte; nur ein schmaler Fußweg führte entlang der Mauer zwischen der ehemaligen Promenade und dem tiefer gelegenen unteren Rheinwerft. Anfang der Achtzigerjahre waren die Zustände westlich der Altstadt schier unerträglich, und die Menschen, die am Mannesmannufer wohnten, litten unter Lärm, Abgasen und Gestank. Wo heute der freigelegte alte Hafen existiert, gab es eine große Asphaltfläche als Parkplatz, auch der Burgplatz diente vorwiegend als Abstellplatz für Pkw und als Taxistand. Also beschlossen die klugen Frauen und Männer im Stadtrat – allerdings erst im Dezember 1989 – die Tieferlegung der B1 in einen Tunnel, der auf Höhe der Oberkasseler Brücke beginnen und auf Höhe der Gladbacher Straße enden sollte. Knapp 450 Millionen DM hatte man veranschlagt, am Ende kostete der Tunnel mit allen zugehörigen Baumaßnahmen rund 550 Millionen DM. Dafür aber wurde das komplizierte Bauwerk termingerecht fertig. Am 15. März 1990 begannen die Arbeiten, am 15. Dezember 1993 wurde der Tunnel eröffnet.[Alle Fotos – außer dem Titelbild – stammen aus Veröffentlichungen der Landeshauptstadt Düsseldorf.]