Bericht · Es braucht nicht viel Fantasie sich eine Fährverbindung zwischen Kappes-Hamm und Neuss vorzustellen. Immerhin heißt ja die Durchgangsstraße von Bilk bis zum Hammer Fluttor „Fährstraße“. Tatsächlich verband ab mindestens 1453 (dieses Jahr ist urkundlich belegt) bis 1929 und dann noch einmal für ein paar Jahre nach dem zweiten Weltkrieg eine Fähre die beiden Rheinufer. Eine Gedenktafel auf dem Neusser Rheindeich erinnert daran. [Lesezeit ca. 3 min]
Ab wann ungefähr es überhaupt Fähren am Niederrhein gegeben hat, ist unklar. Gesichert ist für das Frühmittelalter, also die Zeit vor 1050, gar nichts. Was die Hammer Fähre angeht, steht zu vermuten, dass man bereits im 13. Jahrhundert an dieser Stelle übersetzen konnte. In historischen Zeiten waren sich die Ufer hier immer relativ nah beieinander; so ähnlich wie in Kaiserswerth. Neuss als alte Römerstadt war bekanntermaßen ein wichtiger Handelsort, sodass eine schnelle Verbindung mit den großen Handelsstraßen sinnvoll war. Tatsächlich zeigen alte Karten, dass die heutige Fährstraße an diese Fernstraßen östlich und nördlich des heutigen Düsseldorfs gut angebunden war.
Im 14. Jahrhundert wurde das Fährwesen am Rhein reguliert. Das heißt, dass Fährleute eine Lizenz, die sogenannte Fährgerechtsame, brauchten, um ihre Dienste anbieten zu dürfen. In unserer Region war es der Erzbischof von Köln, der von Kaiser Otto I. mit dem entsprechenden Hoheitsrecht ausgestattet war. Diese Fährgerechtsame umfasste in aller Regel auch einen Gebietsschutz, der verhindert, dass sich im Einzugsgebiet einer Fähre Konkurrenz breitmachen konnte. So war die nächstgelegene Rheinfähre in südlicher Richtung die von Volmerswerth nach Grimlinghausen und in nördlicher Richtung die Fähre von Düsseldorf nach Heerdt. Übrigens wurden zunächst die Fähren legalisiert, die am jeweiligen Ort bereits existierten. Das Recht wurde innerhalb der Familie vererbt.
Wir wissen ja: Die Brücke ist der Fähre Tod. Nur gab es bis weit ins 19. Jahrhundert hinein kaum einen Grund und bei der Querung des Rheinstroms auch nicht die technischen Möglichkeiten für den Brückenbau. Der anschwellende Handel wurde lange durch höhere Frequenzen der existierenden Fähren und die Einrichtung weiterer Fährverbindungen aufgefangen. Aber dann kam die Eisenbahn, und alles änderte sich. Noch bis in die 1870er-Jahre zögerten die Betreiber der Eisenbahnstrecken beim Bau von Brücken und richteten stattdessen Trajekte ein, dampfbetriebene Spezialfähren für Züge – die Relikte solcher Trajekte finden sich unter anderem in Duisburg-Ruhrort und -Homberg. Auch am angestrebten Eisenbahnübergang nördlich von Hamm entschied man sich recht spät für den Brückenbau.
Der wurde vor allem vom Militär gefordert, und tatsächlich war es die erste Hammer Eisenbahnbrücke von 1870, die als erstes für den Truppentransport nach Westen im deutsch-französischen Krieg diente. Der Bau der Brücke beeinflusste das Geschäft der Hammer Fähre natürlich enorm; statt Lasten und Güter im Fernverkehr wurden nun vor allem Menschen mit und ohne Waren übergesetzt. Als dann ab der Jahrhundertwende auch Personen mit dem Zug schnell mal von Düsseldorf nach Neuss kommen konnten, war das Schicksal der Fähre schon fast besiegelt. 1929 wurde er Fährverkehr eingestellt, die zugehörigen Rampen und Anlagen aber nicht demontiert.
Diese Entscheidung kam beiden Städten nach dem zweiten Weltkrieg zugute als alle Rheinbrücken in der Region zerstört waren. Schon ab Frühjahr 1946 konnte auf der alten Strecke wieder der Fährbetrieb eingerichtet werden. Bis zur Eröffnung der Südbrücke (die heute offiziell Josef-Kardinal-Frings-Brücke heißt) am 17. November 1951 fuhr die St. Christopherus Tag für Tag über den Strom und ermöglichte so den Personen- und Warenverkehr zwischen dem Rechts- und dem Linksrheinischen. Heute gibt es noch zwei regelmäßige Fährverbindungen zwischen den Ufern; sie dienen Pendlern als Abkürzung und Radlern in der Freizeit als Alternative. Die eine verkehrt zwischen Urdenbach und Zons, die andere zwischen Kaiserswerth und Lank.