Spätestens seit die wunderbare Anna Maria Luisa de’ Medici als Gattin des Jan Wellem von 1692 bis 1717 in der schönsten Stadt am Rhein lebte und wirkte, besteht eine besondere Beziehung zwischen Düsseldorf und dem, was wir heute Italien nennen. Möglicherweise hat die große Förderin der Künste nach ihrer Rückkehr in höchsten Tönen vom Residenzstädtchen gesprochen, denn selbst 150 Jahre später, mit dem Beginn der industriellen Revolution bevorzugten italienische Migranten neben dem nahen München vor allem Düsseldorf als Ziel ihrer Auswanderung. In kaum einer anderen deutschen Stadt gibt es so viele Familien italienischen Ursprungs. Und auch im deutschen Wirtschaftswunder kamen viele Menschen vom Stiefel zu uns.

Von Blinky Palermo bis zu
Google-Map: Palermo

Google-Map: Palermo

Dabei fielen die Italiener aus dem Norden kaum auf. Süditaliener hatten dagegen noch in den Sechzigerjahren keinen leichten Stand und wurden von den Einheimischen insgesamt fast so schlecht behandelt wie heute syrische, afghanische oder nordafrikanische Migranten; das galt in besonderem Maße für Sizilianer, denen man nachsagte, sie seien faul und schnell mit dem Messer dabei. Als sich meine Cousine R. um 1962 herum in einen Sizilianer namens T. verliebte und in heiraten wollte, löste das eine mittlere Familienkrise aus. Und nun ist Palermo seit 2016 Partnerstadt Düsseldorfs. Und keiner weiß genau, warum.

Von Blinky Palermo bis zu Palermo Shooting

Campino im Wim-Wenders-Film "Palermo Shooting"

Campino im Wim-Wenders-Film „Palermo Shooting“

Wie ein Kolumnist der FAZ zur Meldung über die Verpartnerung der Orte anmerkte, könnten die Gegensätze kaum größer sein: Hier die moderne, quicke, hippe und angesagte Wachstumsstadt, dort an Jahrzehnten der Korruption und Mafia-Herrschaft fast verstorbene, leicht angeranzte Schönheit. Die Verbindungen beschränkten sich bis vor ein paar Jahren auf das Pseudonym des Künstlers Peter Heisterkamp, der sich „Palermo“ nannte – ein Spitzname, den ihm möglicherweise der Bildhauer Anatol angehängt hatte, weil der eine gewisse Ähnlichkeit mit einem amerikanischen Mafioso diesen namens gesehen hatte. Außerdem auf den schwierigen Wim-Wenders-Film namens „Palermo Shooting„, in dem der Tote-Hosen-Sänger Campino die Hauptrolle spielte.

Leoluca Orlando erhält den Heine-Preis 2018 (Foto: Melanie Zanin via duesseldorf.de)

Leoluca Orlando erhält den Heine-Preis 2018 (Foto: Melanie Zanin via duesseldorf.de)

Nennenswerte Kooperationen gab es aber nicht. Nur eine persönliche Freundschaft zwischen dem Düsseldorfer OB Thomas Geisel und dem fünfmaligen Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando. Wann, wie und aufgrund welcher Begegnung diese Freundschaft entstanden ist, weiß so recht niemand. Der Grund dafür, dass Orlando 2018 den Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf bekam, ist dagegen eindeutig nachzuvollziehen. Im Jahr 2015 veröffentlichte Orlando die Charta von Palermo und vertrat damit die These von der Internationalen Freizügigkeit der Menschen und dem Menschenrecht auf Migration. In einem Interview mit der NZZ sagte Orlando: „Wenn Sie fragen, wie viele Flüchtlinge in Palermo leben, antworte ich nicht: 60 000 oder 100 000. Sondern: keine. Wer nach Palermo kommt, ist ein Palermitaner.“ Wie wir wissen, hat sich unser OB Geisel dieser These grundsätzlich ebenfalls verschrieben und im August öffentlich bekanntgegeben, er wolle in Düsseldorf mehr Flüchtlinge aufnehmen. Ob es diese gemeinsame Haltung zu dem, was euphemistisch „Flüchtlingsproblem“ genannt wird, die Orlando und Geisel verbindet, wissen wir nicht – aber wenn es so ist, dann ist es gut so.

Die Partnerschaft hat einen Namen: Leoluca Orlando

Einen Namen hat sich Leoluca Orlando seit dem erste Amtsantritt als Bürgermeister von Palermo im Jahr 1985 als „Mafiajäger“ gemacht. Wobei seine tatsächliche Rolle innerhalb der verschiedenen Polizisten, Juristen und Publizisten, die gegen das organisierte Verbrechen auf Sizilien aktiv waren und sind, umstritten ist. Ob es in irgendeiner Weise sein Verdienst ist, dass die Stadt heute nicht mehr von der Mafia beherrscht wird, ist nicht belegbar. Er selbst hält sich in dieser Sache mit Eigenlob sehr zurück.

Die Universität in Palermo (Foto: Wikimedia)

Die Universität in Palermo (Foto: Wikimedia)

Dafür darf er es sich ans Revers heften, Palermo in jeder seiner Amtszeiten mehr und mehr zu einer Stadt der lebendigen Kultur und einer Stadt der Jugend gemacht zu haben. Und hier setzt die Städtepartnerschaft zwischen Düsseldorf und Orlandos Stadt an. Die Zusammenarbeit der Universitäten hat bereits eine gewisse Tradition, auf dem Gebiet der Künste beginnen Kooperationen und gemeinsame Projekte – meist getragen von Vereinen und Einzelpersonen – zu festen Einrichtungen zu werden. Schließlich wurde die Städtepartnerschaft offiziell erst im März 2016 bestätigt.

[Fotos: Titelbild – Willyman via Wikimedia unter der Lizenz „Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International„; Orlando/Heine-Preis – Melanie Zanin via duesseldorf.de; Universität – Mac9 via Wikimedia unter der Lizenz „Creative Commons Attribution 2.0 Generic„]

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