Man muss schon ein paar Jährchen auf dem Buckel haben, um sich noch an die Binnenschiffe zu erinnern, die unter Dampf auf dem Rhein fuhren. Dabei sind die letzten davon „erst“ vor rund 50 Jahren außer Dienst gestellt worden. In unserer Region ist die „Oscar Huber„, die als Museumsschiff an der Schifferbörse in Duisburg-Ruhrort liegt, letzter Zeuge der goldenen Ära der Raddampfer.

Der erste brauchbare Raddampfer: Robert Fultons "Steamboat" Clermont von 1807

Der erste brauchbare Raddampfer: Robert Fultons „Steamboat“ Clermont von 1807

Tatsächlich beginnt die Geschichte der motorisierten Schifffahrt mit den Raddampfern, also Schiffen, bei denen die Kraft einer Dampfmaschine über Schaufelräder für Vortrieb sorgt. Ende des 18. Jahrhunderts kombinierten mutige Erfinder wie der Franzose Claude François Jouffroy d’Abbans die noch recht junge Dampfmaschine nach dem Patent von James Watt mit Schaufelrädern, die da schon seit gut 1.300 Jahren als Antriebstechnik für Boote bekannt waren. Einige Ingenieure versuchten sich am Thema, aber erst Robert Fulton gelang es, mit der „Clermont“ einen Raddampfer zu bauen, der nicht bloß funktionierte, sondern in der Handelsschifffahrt rentabel eingesetzt werden konnte.

Das legendäre Rennen der Schaufelraddampfer auf dem Mississippi zwischen der "Natchez" und der "Robert E. Lee" von 1870

Das legendäre Rennen der Schaufelraddampfer auf dem Mississippi zwischen der „Natchez“ und der „Robert E. Lee“ von 1870

Rasch eroberte dieser Schiffstyp die nordamerikanischen Flüsse. Besonders auf dem Mississippi fuhren schon ab etwa 1811 Dutzende dampfbetriebene Schiffe; nicht immer erfolgreich:

209 Raddampfer explodierten, 166 verbrannten, 576 sanken nach Kollisionen: Das ist die Bilanz der Mississippi-Schifffahrt – allein zwischen 1811 und 1851. Die Konkurrenz unter den Reedern war immens, das einzige, was zählte, war die Geschwindigkeit. Auch wenn es dadurch immer wieder zu Unfällen kam. [Quelle: Die Welt vom 5.9.2013]

Die Mathias Stinnes I von 1843 - einer der ersten Raddampfschlepper auf dem Rhein

Die Mathias Stinnes I von 1843 – einer der ersten Raddampfschlepper auf dem Rhein

In Europa verlief die Geschichte ruhiger, besonders in der Rheinschifffahrt. Aber ab 1843 setzten sich die modernen Schiffe auch auf unserem Strom rasch durch. Sie boten im Vergleich zu den bis dahin dominierenden Lastensegler und Treidelkähne jede Menge Vorteile, obwohl ihr Betrieb um ein Vielfaches teurer war. Aber mit dem ohnehin rasch wachsenden Fernhandel wurde die Geschwindigkeit zum Erfolgsfaktor – und da konnten die alten Schiffe nicht mithalten. Nicht zufällig fällt der Siegeszug der Dampfer auf diesem Fluss mit dem Projekt „Rheinbegradigung“ zusammen, das den Rhein zur Wasserstraße machte. Vor allem die dampfbetriebenen Passagierschiffe veränderten das Reisen zwischen Rotterdam und Basel nachhaltig. Wer größere Strecken in diesem Bereich zurückzulegen hatte, war zuvor auf die Postkutsche angewiesen, denn die Eisenbahn gab es noch nicht.

Viel wichtiger aber: Ein Raddampfschlepper wie die „Matthias Stinnes I“ konnte nicht nur mehr Leichter mit mehr Last ziehen, sondern mit mehr als Schrittgeschwindigkeit sogar bergwärts. So machten die dampfbetriebenen Schlepper dem Treidelwesen in kürzester Zeit den Garaus, und auch die Lastensegler konnten sich nur noch knapp 50 weitere Jahre halten. Parallel zu dieser tiefgehenden Veränderung der Technik und Logistik veränderte sich auch die „Branche Rheinschifffahrt“. Raddampfer waren in der Beschaffung enorm teuer, sodass es sich nur Unternehmen mit solider Finanzierung leisten konnte, diese bauen zu lassen – deshalb entstanden in dieser Zeit am Rhein die Reedereien, die teilweise bis heute existieren.

Die Oscar Huber liegt in Duisburg-Ruhrort an der Schifferbörse

Die „Oscar Huber“, die erst 1955 von Kohle auf Öl umgestellt und 1966 ihre letzte Dienstfahrt hatte, wurde 1920/21 auf Werft Ewald Berninghaus für die Firma H.P. Disch in Duisburg-Ruhrort gebaut. Sie galt zu ihrer Zeit als einer der modernsten und leistungsfähigsten Raddampfschlepper auf dem Rhein – Fotos zeigen das imposante Schiff wie es Schleppzüge mit bis zu 10 Kähnen und einer Länge von fast 600 Metern über alles talwärts zieht. Nach dem zweiten Weltkrieg aber wurden immer mehr ehemalige Lastkähne mit Dieselmaschinen ausgerüstet und zu Selbstfahrern. Die große Zeit der Schlepper war bald vorbei. Und mit ihr die goldene Ära der Raddampfer auf dem Rhein, die mit der „Concordia“ im Jahre 1827 begonnen hatte.

Mehr als 120 Jahre lang prägten die Arbeitstiere der Binnenschifffahrt mit ihren schwarzen Rauchfahnen also das Bild auf dem Rhein. Heute lässt man moderne Passagierschiffe mit Dieselmaschinen bauen, die so tun, als würden sie mit Schaufelrädern angetrieben – die Romantik der Dampfschifffahrt zieht immer noch…

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