Die Wut von rund 15 Millionen bundesdeutscher Dieselautobesitzer ist absolut nachvollziehbar, besonders, wenn es sich um Berufspendler handelt, die von Fahrverboten in ihren Arbeitsorten betroffen sein könnten. Leider richtet sich der Zorn bei vielen nicht gegen die Autoindustrie und ihre Lobby, die das ganze Dilemma angerichtet haben, sondern oft auch gegen Umweltschützer, die das Problem aufs Tapet gebracht haben und entschieden für Maßnahmen gegen die Umweltbelastung durch Feinstaub, Stickoxide und auch CO2 kämpfen. Dabei greifen diese Wutbürger gern zu einer rhetorischen Methode, die als „Whataboutismus“ bekannt ist. Heißt: Werden jemandem Vorwürfe gemacht, zeigt der auf jemand anderen uns sagt: Ja, der aber auch. Leider fallen einige dieser Leute auf eine Propaganda herein, die proklamiert, die Abgase der Diesel-Pkw seien gar nicht so schlimm im Vergleich mit… Und dann wird immer wieder auch die Binnenschifffahrt als Übeltäterin genannt.
Ja, einige verwirrte Geister haben dieser Tage ernsthaft ein Fahrverbot für dieselbetriebene Frachtschiffe auf dem Rhein bei Düsseldorf gefordert. Schließlich dürften ja jetzt schon Lkw nicht mehr in die sogenannte „Umweltzone“ fahren. Ob hinter diesem Whataboutismus die mächtige PR-Maschinerie der Autoindustrie steckt, ist nicht bekannt. Sicher ist nur, dass der Vergleich in Sachen Emissionen zwischen Straße, Schiene und Wasser ganz eindeutig zugunsten der Binnenschifffahrt ausgeht. Einmal ganz abgesehen davon, dass selbst ein maximal beladenes Schiff bergwärts kaum eine Viertelstunde an Düsseldorfer Wohngegenden vorbeifährt, also in der Regel etwa ein Zehntel der Zeit in der „Umweltzone“ verbringt, die jedes mit einem Dieselmotor ausgestattete Lieferfahrzeug dort herumkutschiert, sprechen alle wissenschaftlich erfassten Daten für die Binnenschifffahrt. Die Maßeinheit beim Güterverkehr ist der Tonnenkilometer. So wird errechnet, wie viel Energie aufgewendet werden muss, um eine Tonne Fracht einen Kilometer zu bewegen. Das gilt auch für die Emissionen. Das renommierte Umweltforschungsinstitut IFEU (Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg) hat im Jahr 2012 errechnet, dass ein Lkw 164 Gramm CO2 pro Tonnenkilometer ausstößt. Beim Transport per Bahn fallen dagegen nur 48,1 Gramm an, und in der Binnenschifffahrt sind es gerade einmal 33,4 Gramm. Dieses Ergebnis hat seine Ursache in der vergleichsweise geringen Energiemenge, die beim Transport einer Tonne Fracht aufgewendet werden muss. Mit derselben Treibstoffmenge bringt ein Lkw eine Tonne Ladung gerade einmal 100 Kilometer weit; die Bahn bringt es auf 300 Kilometer und ein Binnenschiff gar auf 370 Kilometer. Was viele, die jetzt in der Binnenschifffahrt den nächsten Prügelknaben suchen, vergessen: Ein modernes Großgütermotorschiff (GMS) mit 2.100 Tonnen Ladefähigkeit ersetzt so sage-und-schreibe 105 20-Tonner-Lkw! Auch wenn noch sehr viele alte und für sich genommen umweltschädliche Dieselmaschinen an Bord von Frachtern auf den Flüssen und Kanälen Dienst tun, ist klar: Die Binnenschifffahrt bietet per Saldo die am wenigsten umweltschädliche Methode, Güter von A nach B zu transportieren und unterschreitet bei allen relevanten Faktoren sogar noch den Bahntransport. Und trotzdem werden von vielen Instanzen massive Anstrengungen unternommen, die Binnenschifffahrt schon auf mittlere Sicht erheblich umweltfreundlicher zu machen. Das beginnt bei den Innovationen der Motorentechnik, die gerade bei den deutschen Herstellern mit Macht vorangetrieben werden, und endet mit den diversen Initiativen staatlicher Stellen und Unternehmen noch lange nicht, die intensiv an der Abkehr vom Diesel im Schiff arbeiten.Der verblüffendste Wert zum Schluss: Zwischen 1960 und 2010 betrug der Anteil der Dieselmaschinen auf den Wasserstraßen am Gesamtausstoß an Stickoxiden nie mehr als ein Prozent! Für die Produktion von Feinstaub gibt es keine entsprechenden Vergleichszahlen, aber diejenigen, die aktuell mit dem Finger auf Binnenschiffe zeigen, vergessen gern, dass Autos unabhängig von der eingebauten Antriebstechnik und ihrer Größe erhebliche Mengen Feinstaub allein durch Reifen- und Bremsenabrieb erzeugen – und das tun Schiffe eben nicht.
2 Kommentare
Dan sind die noch vergessen das viele Schiffen schon als erste auf GTL fahren das fast kein Rußpartikel hat, zweitens ach neu Motoren drehen und auch schon viele katalisatoren und Feinstoff filter haben.
Das beste Beispiel wie wichtig die Schiffahrt ist wurde wohl 2018 bei dem anhaltenten Niedrigwasser geliefert. Die Bahn und der LKW konnten einfach nicht das fehlende Potenzial der Schiffahrt auffangen. Es waren immer mehr LKW unterwegs und das sogenannte Feinstaubproplem hatte sich erhöht! Es ist einfach unsinn solchen Ideen -wie z.B. Fahrverboten der Schiffahrt nachzugehen. Viel eher sollte man langfristig das vermeintliche Proplem bei der Wurzel packen und langfristig Motoren oder Antriebskonzepte entwickeln die so etwas vermeiden. Aber da der Markt in der Schiffahrt zu klein ist bzw. verschiedene Unsinnige Vorschriften die Entwicklung für Schiffe behindern fehlt es seitens der Hersteller an einem möglichen Angebot bzw. ist fast unbezahlbar.