Nein, früher war nicht alles besser, sondern nur anders. Auch Düsseldorf war früher nicht einfach besser, sondern anders. Wobei ja allein schon die Terminierung „früher“ so wachsweich ist, dass jeder einen anderen Zeitraum darunter versteht. Vielleicht kann man dieses Früher am besten definieren als eine vergangene Ära, in der die stadtplanerischen Dinge langsam voranschritten. So betrachtet gab es in unserer kleinen Großstadt seit dem Ende des zweiten Weltkriegs kein Früher. So gesehen kann man nur Phasen unterscheiden, in denen die Veränderung andere Schwerpunkte hatte: Wiederaufbau, Umbau zur autogerechten Stadt, Bau von Trabantensiedlungen, U-Bahn-Bau, Bau der Brücken, Anlage des Rheinufertunnels und der Rheinuferpromenade, und jetzt die berüchtigte Nachverdichtung. Und trotzdem: Was aus Sicht der Bewohner den Wert einer solchen Phase ausmacht, ist, wem sie Vorteile gebracht hat.
Die vielleicht massivste Konversion brachte das Ende Düsseldorfs als Industriestandorts mit sich. Existierte noch in den Siebzigerjahren eine Schneise mit Werken der Stahl-, Draht-, Blech und Kesselindustrie zwischen Eller und der Ostseite des Hauptbahnhofs, ist heute davon kaum noch etwas zu sehen. Während zunächst nach dem Abriss der Fabriken riesige Brachflächen entstanden, wurde der Bereich östlich des Bahnhofs schnell umgewidmet. Auch in anderen Stadtteilen verschwanden Produktionsbetriebe – oft zugunsten von Bürogebäuden wie in der sogenannten „Unternehmerstadt“ auf Rheinmetall-Grundstücken oder im Nordosten Benraths. Über die Jahre danach gab es immer ein Übergewicht bei Büroneubauten zuungunsten von Wohnraum – kein Wunder, denn die wegfallenden Industriearbeitsplätze wurden rasch durch mehr Jobs in der Verwaltung und bei Dienstleistungen ersetzt. Ein Meilenstein war auch die völlig neue Anlage der Messe in Stockum und der Umzug weg aus dem Gebiet zwischen Fischerstraße und B1. Wo heute die massiven Gebäude von Eon und Ergo stehen, gab es bis in die Neunzigerjahre noch die Relikte der alten Messe, die nach dem Krieg als nördliche Fortsetzung des Ehrenhofs an der Stelle ehemaliger Wohnstraßen angelegt wurde. Über den brutalen Versuch des damaligen Stadtplanungschefs Friedrich Tamms, Düsseldorf zu einer autogerechten Stadt (auf Kosten aller anderen Verkehrsteilnehmer) zu machen, haben wir auf The Düsseldorfer ja mehrfach berichtet. Immerhin verdanken wir dem ehemaligen Protegé von Rudolf Hess die wunderschöne Düsseldorfer Brückenfamilie. Jede einzelne dieser Wege über den Strom, der unsere Stadt ausmacht, ist von ästhetischem Wert, aber auch für die innerstädtische Mobilität. Wobei die Kniebrücke den stärksten Einschnitt in lebendige und intakte Quartiere darstellte, dass es noch nicht einmal sehr lange gab. Die Friedrichstadt entstand nämlich als Stadtteil auf dem Reißbrett, als Düsseldorf in den Gründerjahren rasch wuchs. Zuvor wurden die Flächen zwischen der (älteren) Carlstadt und dem historischen Ort Bilk vor allem landwirtschaftlich genutzt. Blendet man in diese Phase des 19. Jahrhunderts zurück, wird man feststellen, dass die rasante Verbreitung der Eisenbahn Düsseldorf in kurzer Zeit extrem veränderte. Das tat auch der U-Bahnbau, der in den Siebzigerjahren begann. Ursprünglich hatte Tamms eine sogenannte „Unterpflasterbahn“ vorgeschlagen, also Straßenbahnlinie, die teilweise in Trögen und Tunneln geführt werden, damit sie den Autoverkehr möglichst wenig stören. Tatsächlich ist die Düsseldorfer U-Bahn auch in ihrer heutigen Form eher eine Mischung aus U- und Straßenbahn, weil sie nicht in einem geschlossenen Tunnelsystem verkehrt wie die Metro in Paris oder die Tube in London, sondern die Züge an den Enden der Linie ans Tageslicht zurückkehren und dann wie die normale Tram oberirdisch weiterfährt. Und eigentlich haben die U-Linien, die zwischen 1974 und 2016 entstanden, die Stadt vor allem durch die langanhaltenden Bauarbeiten verändert. Das sieht bei der herrlichen Rheinuferpromenade, um die uns alle Städte am Rhein beneiden, ganz anders aus. Wer schon mehr als 50 Jahre in Düsseldorf lebt, wird sich erinnern, wie die extrem stark befahrene B1 seinerzeit die Stadt, insbesondere die Altstadt, vom Rheinufer abschnitt. Es ist die vielleicht größte Idee, die hiesige Stadtplaner und Politiker je hatten, diese Bundesstraße über weite Strecken in einen Tunnel zu verlegen, um so die Möglichkeit zu schaffen, auf dessen Deckel eine echte Promenade anzulegen. Erst diese Veränderung vollendete den grundlegenden Umbau des Hafens, auf dessen ehemaligen Flächen der NRW-Landtag, der Rheinturm und der Medienhafen mit seinen beeindruckenden Bauten entstand.[Im zweiten Teil geht es um die wüste Bauerei in der Ära des OB Erwin und die Veränderungen, die der aktuelle OB Geisel zugelassen hat und vorantreibt.]