In einem etwas wirren Artikel beschreibt die RP-Autorin Annette Bosetti, was das Ende der Public-Private-Partnership zwischen dem dahinschwindenden Energieversorger E.on und dem Museum Kunstpalast bedeutet. Die wurde einst vom legendären Kulturpolitiker Grosse-Brockhoff eingefädelt und war letztlich das Ergebnis eines nicht immer transparenten Deals. Träger des Museum Kunstpalast (das die eine Hälfte des Ehrenhofs einnimmt) wurde ein privatrechtliche Stiftung, in die neben E.on auch Evonik und die Metrogroup einzahlten. Im Gegenzug erhielt E.on das Grundstück zwischen Ehrenhof und der Ergo-Zentrale sowie das Recht, den alten Kunstpalast abzureißen und dort zu bauen. Das alles ab 1996…

Über die knapp 20 Jahre steckte E.on angeblich rund 60 Mio Euro in die Stiftung; 20 bis 30 Millionen kamen der eigentlichen Museumstätigkeit zugute. Wer bei diesem Deal besser abgeschnitten hat – die Stadt oder E.on – lässt sich ohne Weiteres nicht feststellen. Feststellen lässt sich nur, dass im Zuge der ganzen Geschichte das Kunstmuseum mit dem Kunstpalast zum Museum Kunstpalast vereinigt wurde und die dort vorhandene Sammlung nun im Besitz der Stiftung ist. Diese Sammlung ist entstanden aus den 50 Gemälden der Kurfürstlichen Sammlung des Jan Wellem, die seine Gattin Anna Maria Luisa de’ Medici seinerzeit erweiterte. Der Gesamtbestand gelangte durch Erbfolge nach München und ist heute Teil der Alten Pinakothek. Als Entschädigung kamen Mitte des 19. Jahrhunderts rund 400 Bilder aus dem Depotbestand der Königlichen Museen Breslau hinzu. Hinzu kamen im Laufe der Zeit Werke der Düsseldorfer Schule sowie eine Moderne Abteilung. Ob, wann und wie die Stiftung Museum Kunstpalast aufgelöst wird, es völlig unklar. Dementsprechend ist auch nicht geklärt, was mit der Sammlung geschieht.

Typisch für die Düsseldorfer Kulturplanung ist, dass sich anscheinend niemand mit der Möglichkeit befasst hat, E.on könne aussteigen. Das Wehklagen ist nun groß, denn feststeht, dass das Museum Kunstpalast seine Aktivitäten im bisherigen Maße nicht fortführen kann, wenn die fehlenden E.on-Mittel wegfallen. Die Stadt kann den Verlust jedenfalls nicht aus dem Haushalt ausgleichen.

Die Kulturentwicklungsplanung
Im September 2015 beschlossen und seit Beginn des Jahres im Gang ist eine Kulturentwicklungsplanung (KEP) für Düsseldorf. Dieses großangelegte und mit Hilfe kompetenter Leute betriebene Projekt soll feststellen, welche Bedeutung die Kultur für Düsseldorf hat und welche Aufgabe sie erfüllen soll. Die Antworten auf diese Fragen sollen dann eine Zieldefinition ergeben und den Rahmen für einen fortzuschreibenden Maßnahmenplan. Damit gliedert sich Düsseldorf in eine illustre Schar anderer Großstädte ein, die solche Kulturentwicklungsplanungen bereits hinter sich haben. Wer den Begriff „Kulturentwicklungsplanung“ googelt, findet Städte wie Gütersloh, Peine, Hattingen, Lippstadt, Ulm, Frankfurt/Oder, Erfurt, Potsdam, aber auch Dresden, Stuttgart, München und Köln. Projekte dieser Art sind seit einigen Jahren en vogue, und die beratenen Kommunen lassen sich die Sache gern etwas kosten. Der KEP für Düsseldorf, der in den Jahren 2016 und 2017 erarbeitet werden soll, wird allein an Honorar mindestens eine halbe Million Euro kosten.

Tatsächlich klingen aber schon die Absichtserklärungen vielversprechend:

Es geht darum, zu verhandeln, wie sich Kunst und Kultur in Düsseldorf entwickeln werden und welche Frei- sowie Kooperationsräume dafür nötig sind, also welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, um zeitgemäßes Agieren und kooperatives Denken zu ermöglichen. Es geht um die Abkehr vom häufig reaktiven und additiven Handeln in Kulturpolitik und Kulturmanagement hin zu einem aktiven Mitgestalten und um die Kreierung neuer Ermöglichungsstrukturen. [Quelle: KEP]

Und gleichzeitig entlarvend. Der Schlüssel dazu steckt in dem Ausdruck „häufig reaktives und additives Handeln“. Denn der beschreibt sehr gut, was in den vergangenen Jahrzehnten in der hiesigen Kulturpolitik gang und gäbe war. Die war in erster Linie von verschieden einflussreichen Lobbys getrieben und beschränkte sich weitgehend auf das Verteilen von Zuschüssen. Maßstäbe für die Beurteilung dessen, was gefördert wurde, gab es nicht – oder wenn es sie gab, dann wurde diese nie öffentlich gemacht. In ihrem bemerkenswerten Manifest beschreibt die Vereinigung „Off-Kulturamt“ den Zustand so:

Die Förderkriterien in den einzelnen Bereichen sind höchst unterschiedlich. Ob Zuschüsse beispielsweise für Honorare, Material oder Reisekosten verwendet werden dürfen, hängt von dem jeweiligen Fördertopf ab – was im Bereich der Bildenden Kunst gilt, gilt noch lange nicht für Musik. Dies sorgt bei Vereinen, die spartenübergreifend arbeiten, für Verwirrung, Fehler und Ärger. Nur in einem Punkt gleichen sich die Förderkriterien: Zuschüsse dürfen nicht für Mietzahlungen verwendet werden. Diese verursachen vielerorts jedoch die größten Ausgaben. [Quelle: Off-Kulturamt]

Die Macher der Kulturentwicklungsplanung sind auch angetreten, diese Missstände zu beseitigen bzw. die Voraussetzungen für die Beseitigung zu schaffen. Und dabei sollten sie sich beeilen.

Es muss schneller gehen
Die aktuelle Stadtregierung badet zur Zeit die grandiose Misswirtschaft aus den Zeiten der Regenschaft von Joachim Erwin und Dirk Elbers aus, die geprägt ist von gigantomanischen Großprojekten, für die jederzeit Hunderte Millionen Euro bereitgestellt wurden. Dass ausgerechnet diese Bauwutphase von der Schuldenfreiheitslüge begleitet wurde, hat beinahe realsatirische Züge. Denn inzwischen wird deutlich, dass es nie eine solche Schuldenfreiheit gab, sondern dass die Verbindlichkeiten der Stadt Düsseldorf in ihren Beteiligungen versteckt wurden. Gleichzeitig wuchs der Finanzierungsbedarf gerade auf den Gebieten Bildung und Kultur, auf denen sich die CDU-geführten Räte im Kaputtsparen geübt haben. Besonders gut ablesbar ist dies am Zustand der Schulen und der Kultureinrichtungen.

Die Finanzsituation der Stadt wird zunehmend schwieriger. Momentan besteht vor allem eine Liquiditätslücke, aber spätestens für den Haushalt 2017 wird eine Aufnahme von Krediten notwendig werden, um zumindest die drängendsten Investitionen zu tätigen. Wie man an den Äußerungen zur Zukunft des Museum Kunstpalast schon jetzt ablesen kann, werden Kunst und Kultur dabei nur eine sehr geringe Priorität haben. Auch weil sich die Entscheider in Verwaltung und Rat über den „Nutzwert“ der Kultur nicht im Klaren sind. Immer noch hört man die Einschätzung, dass Kultur irgendwie nur schmückendes Beiwerk sein, aber für die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt eher keine Rolle spiele – es sei denn, durch kulturelle Aktivitäten könnte man Touristen in die Stadt locken. Dass diese Schimäre „Tourismus“ völlig überbetont wird, lässt sich allein schon daran ablesen, dass die Institution des Stadtmarketing hier „Marketing & TOURISMUS“ genannt wird. Weil das so ist, sind auch die Insassen des aktuellen Stadtrats gern bereit, ein paar Milliönchen für den Grand Depart der Doping-Tour locker zu machen, während für freie Theatergruppen bisweilen nicht einmal Beträge im dreistelligen Bereich drin sind.

Dass die Bedeutung von Kunst, Musik, Theater und Tanz immer noch viel zu gering geschätzt wird, ist für eine ausgewiesene Kulturstadt wie Düsseldorf besonders schlimm. Waren die Kölner Stadtoberen bis weit in die Sechzigerjahre hinein noch neidisch auf das breite Spektrum Düsseldorfer Kulturangebote, nennt man sich inzwischen selbstbewusst „Kulturmetropole am Rhein„. Im dortigen Kulturentwicklungsplan kann man nachlesen, wie hoch die Bedeutung der Kultur für die Stellung der Stadt Köln im Konkurrenzverhältnis zu deutschen und internationalen Metropolen gewertet wird.

Vermutlich wird auch die Düsseldorfer Kulturentwicklungsplanung ein ähnliches Ergebnis haben. Vielleicht würde dieses Ergebnis auch die Meinung der Protagonisten in Verwaltung und Rat ändern. Und möglicherweise würden so die Voraussetzungen für die Arbeit aller Kulturschaffenden besser. Es muss aber schnell gehen, denn sonst droht ein Absterben des kulturellen Biotops der Stadt Düsseldorf.

Kommentare sind gesperrt.