Ein Ausflug nach Kaiserswerth gehört für jeden Düsseldorfer einfach dazu, gern per Rad oder zu Fuß über den Deich bis zur Kaiserpfalz. Kaum einer weiß aber, was es mit dem ersten Haus da unten zu tun hat und warum der Pfad am Rhein Herbert-Eulenberg-Weg heißt. Schlimm genug, denn es war der Bühnenautor, Journalist und Pazifist Herbert Eulenberg, der das Haus Freiheit bauen ließ, ein Mann, der nie von seinen Überzeugungen abwich und trotzdem das NS-Regime überlebte; dies auch wegen seiner weltweiten Popularität. Ganz alten Düsseldorfern könnte er in Erinnerung geblieben sein als Kolumnist der längst verstorbenen Tageszeitung „Der Mittag„. Aber nach Düsseldorf geholt hat den gebürtigen Mülheimer die große Luise Dumont, die ihn als Dramaturgen haben wollte.

Lovis Corinth: Porträt Herbert Eulenberg

Lovis Corinth: Porträt Herbert Eulenberg

Der Vater führte eine kleine Maschinenfabrik in Mülheim am Rhein (das heute zu Köln) gehört und ermöglichte dem Sohn eine gute Ausbildung, die – auf Anraten des Vaters – in ein juristisches Studium mündete. Aber bereits mit knapp zwanzig Jahren, noch vor der Wende zum 20. Jahrhundert, begann Max Herbert damit, Theaterstücke zu schreiben. Bald war ihm und allen die ihn kannten klar: Der Mann würde nie etwas anderes tun als schreiben. Während des Studiums wechselte er von Berlin, nach Leipzig, München und Bonn, als Referendar amtierte er in Köln und Opladen. Aber aufgrund seines Stückes „Leidenschaft“ wurde er als Dramaturg ans Berliner Theater, von wo aus ihn Luise Dumont 1904 ans Düsseldorfer Schauspielhaus holte. Seine Stücke wurden bereits viel gespielt, und es gab auch ein paar Skandälchen, weil manches als „unzüchtig“ galt. Noch vor Beginn des ersten Weltkriegs ließ er sein Wohnhaus an der Burgallee 4 in Kaiserswerth zum berühmten Haus Freiheit umbauen, in dem er mit seiner Gattin Hedda beinahe durchgängig bis zu seinem Tod lebte.

Haus Freiheit, Burgallee 4, Kaiserswerth (Quelle: Wikimedia)

Haus Freiheit, Burgallee 4, Kaiserswerth (Quelle: Wikimedia)

Dieses Haus Freiheit war ein offene, gastfreundliches Haus, in dem viele Künstler ein und aus gingen und sich vom Weinkenner Eulenberg gern bewirten ließen. Auch wenn er selbst nicht eingezogen wurde, schockierten ihn die Berichte aus dem ersten Weltkrieg so nachhaltig, dass aus seinem eher romantisch gefärbten Pazifismus eine deutlich politische Haltung wurde. Die ihm nach der Machtübernahme durch die NSDAP das Verbot aller seiner Stücke und Schriften eintrug. Weil sein Erfolg als Bühnenautor aber schon vorher stark zurückgegangen war und er sich Verrisse dutzendweise eingehandelt hatte, verlegte er sich zwangsweise auf Sachbücher, Erzählungen und journalistische Arbeiten. Seine humanistische Haltung und seine weltweite Bekanntheit brachten ihm Reisen nach Nordafrika, Palästina und in die USA ein, wo er der einzige Deutsche nach Albert Einstein war, der an der Columbia University eine Rede halten konnte. Vermutlich schützte ihn diese globale Popularität vor einer Verhaftung durch die NS-Schergen und vor dem KZ.

Otto Dix: Herbert Eulenberg

Otto Dix: Herbert Eulenberg

Beim Düsseldorfer Mittag schrieb er unter einer Vielzahl an Pseudonymen regelmäßig Kolumnen und Glossen, die durchaus regimekritisch zu verstehen waren. Außerdem waren den Nazis ja seine Schriften bekannt – unter anderem sein Zitat im Artikel „Stimmen gegen den § 218“ von 1931 in der Zeitschrift „Der sozialistische Arzt“, das auf seinem Buch „Das keimende Leben“ von 1911 beruhte. Nach und nach kamen seine Artikel im Mittag nicht mehr so gut an, vielleicht wurde der Redaktion die Sache auch zu gefährlich, jedenfalls war Eulenberg mit dem Beginn des zweiten Weltkriegs mit knapp 63 Jahren plötzlich arbeitslos. Er zog sich in sein Haus zurück und überstand den Krieg einigermaßen unbeschadet.

Nach Kriegsende erinnerte man sich an ihn; 1946 wurde er Ehrenbürger der Stadt Düsseldorf, 1948 erhielt der Heinrich-Heine-Preis und die DDR zeichnet Herbert Eulenberg 1949 mit ihrem Nationalpreis. Am 4. September 1949 starb er an den Folgen eines Unfalls, ein herabfallendes Trümmerstück hatte ihn verletzt. Zum Glück gibt es zahlreiche Quellen zu seinem Leben und Wirken – z.B. diesen hervorragenden Beitrag im Portal Rheinische Geschichte oder diesen Artikel in der Neuen Rheinische Zeitung. Dem Haus Freiheit ist eine eigene Website mit einer Fülle an Details gewidmet.

Wer Herbert Eulenbergs Texte lesen will, findet im „Herbert Eulenberg Lesebuch“ (Nylands Kleine Rheinische Bibliothek 2 – ISBN 978-3934268982) einen Einstieg; der Verlag Forgotten Books bietet in seiner Reihe „Classic Reprint“ eine ganze Palette sorgfältig nachgedruckter Bände mit Werken von Eulenberg an. Der Bestand an Büchern von Herbert Eulenberg in der Stadtbücherei Düsseldorf ist ebenfalls eine gute Quelle für Interessierte.

[Foto „Haus Freiheit“: Jonathan Groß via Wikimedia unter der CC-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.]

Ein Kommentar

  1. Interessant ist vielleicht die Anmerkung, dass der Herbert-Eulenberg-Weg früher von der Pempelforter Straße, wo heute das Haus Nr. 42 steht, rechts auf den Schulhof des Humboldt-Gymnasiums führte.