Bericht · Wer als Düsseldorfer:in in den Fünfzigerjahren oder früher geboren ist, hat das Bild sicher noch im Erinnerungsspeicher: Die Front der Messe an der Fischerstraße mit dem V-förmigen Edelstahlpylon davor. Wo sich die Straße heute als Allee präsentiert, verliefen die Straßenbahngleise, denn noch bis Anfang der Achtzigerjahre fuhren die Linien 10, 11 und D hier oberirdisch. Natürlich gab es eine Haltestelle direkt vor dem Haupteingang der „alten“ Messe. Als sich 1947 die NOWEA gründete, um an die lange, erfolgreiche Tradition der Messen und Ausstellungen anzuknüpfen, nutze man zunächst die Gebäude des Ehrenhofs. Aber schon in den Fünfzigerjahren begannen die Messemacher:innen mit dem Bau der Hallen zwischen Ehrenhof, Rheinterrasse, Fischer-, Scheiben- und Sittarder Straße. Zum Rhein hin lag die Kongresshalle, die auch noch lange nach dem Umzug der Messe nach Stockum existierte und genutzt wurde. 1971 war es dann so weit: Südlich des Rheinstadions, direkt am Rheinufer gelegen eröffnete die neue Messe – damals ungefähr auf einem Drittel der heutigen Fläche. [Lesezeit ca. 4 min]
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Also war das ganze Viertel, das heute mit den Bürogebäuden der Ergo (Ex-Victoria) samt zylindrischem Hochhaus vollgestellt ist, bis vor 50 Jahren das Gelände der NOWEA/Messe Düsseldorf. Der Übergang verlief schleichend. Zunächst wurden die Hallen östlich der Kongresshalle abgetragen; die an der Fischstraße Richtung Scheibenstraße gelegene blieb noch fast zehn Jahre stehen. Hier und in der Kongresshalle fanden unter anderem Konzerte statt. Überhaupt war die Halle zwischen Ehrenhof und Golzheimer Friedhof über fast 20 Jahre ein multifunktionaler Ort, an dem legendäre Bands auftraten – zum Beispiel die Elektropioniere Kraftwerk und Neu!.
Im Gegensatz zu dem, was heutzutage in der Regel in Stockum stattfindet, präsentierte die NOWEA auch ungewöhnliche Publikumsveranstaltungen. Beispielsweise eine britische Industrie- und Konsumausstellung 1963 oder 1964. Zu sehen war dort die Produkte der englischen Autoindustrie, aber auch typische Lebensmittel, das Ganze dekoriert durch musikalische Darbietungen. Legendär auch die Teenage Fair im August 1969, die erste Messe, die ganz auf das junge, konsumfreudige Publikum jener Zeit zugeschnitten war – ausgedacht vom großen Werbefotografen Charles Wilp und Werbepapst Michael Schirner. Eine Woche lang traten dort jede Menge Beat-Gruppen auf; die Supergroup Humble Pie hatte dort ihren ersten öffentlichen Gig.
Nachdem das neue Messegelände in Stockum funktionsfähig war, verkaufte die Stadt die Grundstücke der alten Messe an die Victoria-Versicherung. Mit der Fertigstellung des 108 Meter hohen Victoria-Towers 1998 waren auch die Baumaßnahmen der Ergo zunächst beendet – erst rund 10 Jahre später bebaute der Konzern dann den ehemaligen Parkplatz zwischen Golzheimer Friedhof und Fischerstraße. Aus heutiger Sicht war das Ende der „alten“ Messe ein massiver städtebaulicher Eingriff. Tatsächlich veränderte aber schon der Bau der Kongresshalle und der Messehalle in Pempelfort das Stadtbild nach dem Krieg die Struktur des Viertels auf ähnlich drastische Weise; zum Beispiel durch die Verbreiterung der Fischerstraße, die vor dem Krieg kaum halb so breit war wie heute.
Aber, beide Entwicklungen waren folgerichtig, weil sie die seit Mitte des 19. Jahrhunderts stetig wachsende Bedeutung Düsseldorfs als Messestandort der jeweiligen Zeit entsprechend fortschrieb. Ob die „neue“ Messe auf ewig weiterbestehen wird, ist offen. Erweiterbar ist das Gelände praktisch nicht. Allerdings nimmt der Raumbedarf der großen Industrie- und Handelsmessen im Gleichschritt mit der Digitalisierung ab. Vielleicht wird in 50 Jahren einen Artikel schreiben mit der Überschrift: „Das Ende der ’neuen‘ Messe in Stockum“…
Ein Kommentar
Oh, diese Oldtimer vor dem Eingang! Oh, Humble Pie und Teenage Fair! Danke für die schönen „Memoiren“, als wir schon lange keine „Rotzije“ mehr waren! Wenn es mit dem Lederball unter dem Arm zum Bolzen auf die Rheinwiesen ging, kamen wir immer an der Messe vorbei; dann nur noch über die Aluminium-Brücke …