Im Jahr 2022 kaum noch vorstellbar, aber vor zwölf Jahren stand das gesamte Projekt auf der Kippe.

Bericht · Wer am 20. Oktober 2010 durch Düsseldorfs Straßen flanierte und dabei einen Blick auf die Verkaufskästen der BILD-Zeitung warf, konnte schockiert sein: Das Blatt warb mit der Headline „Wird der Kö-Bogen nie gebaut?“ Damit sprachen die BILD-Macher aus, was viele Beobachter zuvor bereits annahmen. Die Tatsache, dass der vom verstorbenen OB Joachim Erwin favorisierte Investor, die Trinkaus-Bank, seine Bewerbung zurückgezogen hatte, wurde von Kennern der Lokalpolitik als klares Zeichen gewertet, dass das Projekt in der gedachten Form gestorben war. [Lesezeit ca. 5 min]

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Die Begründung des zum HSBC-Konzern gehörenden Finanzinstituts sprach Bände. Denn die Verantwortlichen beklagten, dass die Bedingungen von der Stadt erheblich zulasten eines Bauherrn gesetzt wurden. Das hörte gut ein Jahr zuvor noch anders an. Damals wollte Erwin auf bekannte Weise die Bebauung des Jan-Wellem-Platzes durch Trinkaus durchpeitschen – von ungünstigen Bedingungen war seitens der Bank damals nichts zu hören.

Wer das Gebaren des OB und seiner Erwinista über die Jahre beobachtet hatte, dem war klar, dass das gesamte Projekt bereits im Vorfeld zwischen Erwin und seinen Leuten auf der einen Seite und den Honoratioren der Bank abgesprochen war und der städtebauliche Wettbewerb sowie der Verkauf des Grundstücks an Trinkaus per Mauschelei erledigt werden sollte.

Das Ingenhoven-Tal als Teil des Kö-Bogen II (Foto: TD)

Das Ingenhoven-Tal als Teil des Kö-Bogen II (Foto: TD)

Mit großem Aufwand ließ Erwin eine 3D-Animation der Bebauung zwischen Hofgarten und Königsallee erstellen und – nachdem sich erster Widerstand regte – eine informelle Bürgerabstimmung organisieren. Dabei konnte das Stimmvieh sich aber nur zwischen verschieden schlimmen Fassadenentwürfen entscheiden. Deshalb bildete sich eine Initiative, die per Bürgerentscheid für eine Bürgerbeteiligung bei der Planung sorgen wollte. Am 13. April 2008 scheiterte indes dieser Bürgerentscheid, und die Erwinista wähnte alle Hindernisse aus dem Weg geräumt.

Dann aber stellte sich heraus, dass für ein Projekt dieser Größe qua EU-Richtlinien ein internationaler Wettbewerb auszuschreiben sei. Einsendeschluss war der Mitte Oktober 2010. Bereits Tage zuvor zeigte sich Neu-OB Elbers enttäuscht darüber, dass nur fünf Konsortien teilnehmen würden. Aber dann sprangen zwei der Bewerber ab, und die Trinkaus-Bank gab ihren Verzicht erst Stunden vor dem Annahmeschluss bekannt. Nun waren noch zwei Gruppen im Rennen: die Bouwfonds MAB Development mit dem Architekten Jürgen Meyer und „Die Developer“ mit dem Star-Architekten Daniel Libeskind.

Die Bewerber

Die niederländische Bouwfonds NV ist die Immobilientochter der Rabobank, einem genossenschaftlichen Verbund verschiedener niederländischer Banken, die nach dem Raiffeisen-Prinzip wirtschaften. Bouwfonds selbst entstand 1946 aus einer ebenfalls genossenschaftlich organisierten Bausparkasse. Mutter- und Tochterunternehmen gelten als solide bis konservativ. In Deutschland sind die Bouwfonds seit einigen Jahren im Bereich Wohnimmobilien tätig; in Düsseldorf realisierte das Unternehmen u.a. die Wohnbebauung an der Bilker Vlattenstraße. Die Bouwfonds sind in Deutschland an verschiedenen städtebaulichen Projekten – u.a. in Frankfurt und Nürnberg – beteiligt.

Open-Air-Bühne vorm Kö-Bogen (Foto: TD)

Open-Air-Bühne vorm Kö-Bogen (Foto: TD)

Durch die Zugehörigkeit zur Rabo-Gruppe schien die Bouwfonds in der Lage, die finanziellen Voraussetzungen zu erfüllen. Weder die Bauplanung, noch das Nutzungskonzept waren zu jenem Zeitpunkt öffentlich zugänglich.

Für Aufsehen sorgte das Planungsbüro „Die Developer“ des Ex-Strabag-Mannes Mühling. Der konnte nämlich den Stararchitekten Daniel Libeskind für das Projekt gewinnen. Die Developer hatten damals allerdings im Gegensatz zum letzten verbliebenen Konkurrenten keine vergleichbaren Referenzprojekte vorzuweisen. Zudem waren die Details von Finanzierung und Nutzung noch völlig unbekannt.

Das Grundproblem

Bereits einige Monate zuvor hatte die Initiative „Forum Kö-Bogen“ insgesamt sieben Hochschulen zu einem offenen Ideenwettbewerb eingeladen. Natürlich wichen die eingereichten Vorschläge deutlich von dem ab, was sich die Erwinista vorgestellt hatte: Anstelle massiver Bauklötze sahen die Studenten erweiterte Wasserflächen und einen in die Stadt wachsenden Hofgarten vor.

Dem Durchpeitschprojekt des Ex-OB Erwin lag die Idee zugrunde, durch den Verkauf des absoluten Filetstücks der Stadt eine große städtebauliche Lösung für das gesamte Areal zwischen Johanneskirche, Schauspielhaus, Schadowstraße, Kö und Heinrich-Heine-Allee zu realisieren. Kernstück der Idee war die weitreichende Untertunnelung des Gebiets. So sollten sowohl die Ost-West-, als auch die Nord-Süd-Verbindungen für den Autoverkehr unterirdisch verlegt werden. Damit sollte endlich die unschöne Trennung von Hofgarten und Corneliusplatz am Ende der Kö aufgehoben werden. Die von der Stadt für das Grundstück auf dem Jan-Wellem-Platz geforderte Summe sollte zum Bau der Tunnel dienen.

Kö-Bogen (2015) - (Foto: TD)

Kö-Bogen (2015) – (Foto: TD)

Dass sich eine Investitionen in der Größenordnung von mindestens 160 Millionen Euro für einen Investor nur dann lohnte, wenn ordentlich Büro- und Ladenflächen gebaut würden, konnte jedes Milchmädchen errechnen. Der Bau von mindestens siebengeschossigen, die Freifläche füllenden Baumassen schien so unvermeidlich. Dass es auch etwas ästhetischer ginge, hat Architekt Ingenhoven seinerzeit mit seinem ersten städtbaulichen Entwurf bewiesen, der aber nicht die Zustimmung des Wunschinvestors Trinkaus fand.

So standen auch nach dem Desaster des Wettbewerbs zwei sich widerstreitende Interessen gegeneinander: der Zwang des Investors zu maximaler Baukörpergröße und der Wunsch der Düsseldorfer Bürger nach einem wahren Zusammenwachsen von Kö und Hofgarten mit bürgerfreundlicher Bebauung. Ein Kompromiss – so die Forderung verschiedener Gruppen – konnte nur in Form eines neuen, offenen Ideenwettbewerbs gefunden werden.

Gutes Ende

Wie wir Düsseldorfer:innen wissen, ging die Sache letztlich doch gut aus. Der Kö-Bogen I war mit der Fertigstellung der beiden Libeskind-Bauten Ende 2013 weitgehend beendet. Der Bau des Kö-Bogen II begann im Zusammenhang mit dem Bau der Wehrhahn-Linie bis 2016. Die Fertigstellung der Gesamtplanung zwischen dem Theatermuseum und der Johanneskirche zieht sich bis heute hin. Jüngst wurde der neugestaltete Gustaf-Gründgens-Platz eröffnet. Der Teil des sogenannten „Ingenhoven-Tals“ mit der komplett mit Hainbuchen bepflanzten Nordwestseite und die gegenüberliegenden Schräge sind zum Anziehungspunkt für Einheimische und Gäste geworden.

So sah der Jan-Wellem-Platz vor dem Bau des Kö-Bogen I aus. (Abb.: Google Streetview 2008)

So sah der Jan-Wellem-Platz vor dem Bau des Kö-Bogen I aus. (Abb.: Google Streetview 2008)

Auch die Zahl der Bürger:innen, die den alten „Tausendfüßler“, die Hochstraße vorbei am Dreischeibenhaus, vermissen, nimmt ab, und an die Tunnellösung haben sich zumindest die hiesigen Pkwisti gewöhnt. Das gilt auch für den Kö-Bogen I, der besonders an Samstagen zum Anlaufpunkt von Shopping-Fans aller Art. Den öden Jan-Wellem-Platz mit seinen Bahn- und Busbahnsteigen wünscht sich vermutlich niemand mehr zurück.

Ein Kommentar

  1. Richtig, den öden Platz nicht, aber wo ist den jetzt der Jan-Wellem-Platz hin. Am Jägerhof hängt noch ein Richtungsweiser für Fahrräder. Bin mal suchen gefahren. Nix da, einfach weg der Platz.