Man erinnere sich: Da hatte der im Mai 2008 verstorbene Oberbürgermeister Joachim Erwin in seinem Vermächtnis klar gefordert, man möge doch bitte keine Straße, keinen Platz nach ihm bennen, und doch entbrannte kurz nach seinem Tod eine absurde Debatte darüber, die Flughafenbrücke auf seinen Namen zu taufen. Natürlich war es vor allem die sogenannte „Erwinista“, ein Klüngel aus Fans und Protegés, die sich nicht an die Anweisungen ihres Chefs hielt und sämtliche CDU-Instanzen bis hoch zum damaligen Bundesverkehrsminister für ihre Zwecke einspannte. Heute gibt es einen Joachim-Erwin-Platz, und von einer Umbenennung der Brücke ist keine Rede mehr. Unserer Vorgängerpublikation „Rainer’sche Post“ war das Ganze im März 2009 den folgenden Artikel wert:
[Erschienen zuerst in der Rainer’schen Post am 25.03.2009] Unter den Beobachtern der als Erwinista bekannten Gruppe der Bewunderer des verblichenen Düsseldorfer Oberbürgermeisters Joachim Erwin liefen bereits die Wetten: Wann wird die mittlerweile entwaffnete Kamerilla fordern, irgendein Teil von Düsseldorf nach ihrem ewigen Vorturner zu benennen, und welchen Platz wird es dabei treffen? Nun ist es raus. Vertreter des Düsseldorfer Brauchtums – so formuliert die RP Online – und der örtlichen CDU haben vorgeschlagen, die sogenannte Flughafenbrücke nach dem Verstorbenen zu benennen. Das Gejohle unter der interessierten Bevölkerung ist groß – hätte im Falle der Verwirklichung Düsseldorf dann je eine Brücke, die (gegen den Willen der Bevölkerung) nach einem Kardinal benannt ist (Josef-Kardinal-Frings-Brücke – eigentlich schlicht Südbrücke), eine, die einem Bundespräsidenten gewimdet ist (Theodor-Heuss-Brücke aka Nordbrücke), und schließlich die Joachim-Erwin-Brücke.
Das hat was. Betrachtet man die Reihe von Süden nach Norden, dann kann es nach Erwin nicht mehr tiefer gehen. Vor dem Kardinal wäre noch Platz – aber um die Fleher Brücke umzubenennen, müsste es dann mindestens ein Papst sein. Schließlich könnte man die Kniebrücke dann nach jemandem benennen, der rangtechnisch zwischen einem Kirchenfürsten und einem König der Deutschen läge – sollte hier Düsseldorfer Lokalkolorit gefragt sein, käme eigentlich nur Campino von den Toten Hosen in Frage.
Bei Licht betrachtet ist die Aktion der anonymen Brauchtümler – andernorts einfach Klüngel genannt – nichts anderes als der Versuch, den, gelinde ausgedrückt, umstrittenen Bürgermeister nach dessen Tod zu überhöhen. Damit soll anscheinend den Kritikern, die zu Recht fragen, was genau denn so toll an der Leistungsbilanz des ehemaligen OBs ist, der Wind aus den Segeln genommen werden. Gleichzeitig sollen die wirklich erfolgreichen SPD-Oberbürgermeister nachträglich miniaturisiert werden.
Tatsächlich haben die Düsseldorfer noch lange nicht jeden OB durch einen Straßennamen oder mehr öffentlich geehrt. So trägt das älteste Hochhaus der Stadt den Namen des Ende des 18. Jahrhunderts überaus erfolgreichen OB Wilhelm Marx. Nach den Oberbürgermeistern Karl Arnold, Willi Becker, Klaus Bungert, Georg Glock, Josef Gockeln, Robert Lehr, Ernst Heinrich Lindemann, Peter Müller und Fritz Vomfelde sind Straßen, Plätze oder andere öffentlichen Stellen benannt worden. Dass einer der hervorragendsten OBs der Stadt, Josef Kürten, noch nicht in derlei Genuss gekommen ist, mag daran liegen, dass er noch lebt. Nein, es spricht wenig dagegen, eines Tages irgendeine Sackgasse nach Herrn Erwin zu benennen. Er hätte dafür Verständnis. Hat er doch zu Lebzeiten mit großem Auftritt ein Sträßchen nach dem Fußballgott Toni Turek benannt, das dann aufgrund von Planungsschwierigkeiten nie entstanden ist. Derartiges stünde dem Machiavelli unter den Düsseldorfer Stadtführern nicht schlecht zu Gesicht.
Engagierte RP-Online-Leser haben da noch schönere Vorschläge auf der Pfanne. Man könne doch den Worringer Platz nach JE taufen. Dazu muss man wissen, dass es sich dabei um den allerhässlichsten Innenstadtplatz handelt, den Joachim Erwin seinerzeit für viel Geld und mit größem Mediengetöse hat verschönern lassen – was ungefähr vier Monate lang von Erfolg gekrönt war. Interessant auch der Vorschlag, nach der Bebauung des Jan-Wellem-Platz – ein Vorhaben, das er mangels Lebenszeit nicht mehr durchpeitschen konnte – ein Stückchen vom Kögraben umzuwidmen.
Da fällt dem Kenner der Stadt noch mehr ein: Wie wär’s mit dem Vorplatz des monströsen Einkaufszentrums „Düsseldorf Arcaden“ am Bilker Bahnhof, dessen Bau Erwin gegen jeden Widerstand und gegen jede Vernunft durchgesetzt hat? Oder sollte besser die Subventionsruine, die zur Zeit noch LTU-Arena heißt, nach dem Mann benannt werden, der den Bürgern durch seine Methodik auf nicht absehbare Zeit Kosten in Höhe von um die 10 Millionen Euro pro Jahr aufgehalst hat? Wie wär’s mit dem Burgplatz, den Herr Erwin qua Überachungskameras, Ordnungsdienst und Polizei vom Gesocks befreien wollte? Spuren, unter denen die Düsseldorfer leiden oder leiden werden, hat der baufreudige OB genug hinterlassen – da wird sich doch etwas finden, dass seinem Denken, Fühlen und Handeln besser angemessen ist als die ästhetisch wenig überzeugende Brücke von Düsseldorf nach Meerbusch.