Lesestück · [Dieser Artikel erschien im August 2011 als bekannt wurde, dass die Philipshalle einen neuen Namenssponsor gefunden hatte – das ist nun auch schon wieder 10 Jahre her…] Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass sich ein neuer Namenssponsor für die altehrwürdige Philipshalle in Düsseldorf-Oberbilk gefunden hat: eine Firma Bitsumushi Eclectic, oder so (ja, ich weiß: no jokes with names). Nun habe ich ja auch schon seit Jahrzehnten mit Marketing zu tun, und da habe ich mich gefragt: Auf welchen Berater sind denn die Entscheider bei Mitsubishi Electric (so ist es richtig!) hereingefallen, sich das Benennungsrecht der Halle am Rand des Südparks zu kaufen, die SCHON IMMER Philipshalle heißt? [Lesezeit ca. 4 min]
Denn Namesponsoring einer Veranstaltungsstätte spekuliert ja darauf, dass durch die ständige Erwähnung des Ortes mit seinem gekauften Namen der Bekanntheitsgrad des Sponsors wächst und/oder bei den Konsumenten eine positive Übertragung des Images der Stätte stattfindet. Zumindest letzteres ist bei der Philipshalle – zumindest was Düsseldorfer angeht, aber auch in Bezug auf Hundertausende Rockfans, die hier schönste Stunde verbracht haben, so gut wie ausgeschlossen. Klar, die strunzkorrupten Medien werden ab sofort gehorsam von der Mitsubishi Electric Halle reden und schreiben, aber FÜR UNS ist und bleibt das die Philipshalle!
Immerhin heißt der Kasten schon seit seiner Geburt im Jahre 1971 so. Angelegt war die Philipshalle von vornherein als Mehrzweckbau für Konzerte sowie Sport- und Showveranstaltungen. Zudem war sie häufig auch Stätte politischer Versammlungen und sogar von Messen und Infotagen. Natürlich ist auch mein Leben der vergangenen 40 Jahre aufs engste mit der Philipshalle verbunden. Ein Hochlicht war sicherlich eine SPD-Wahlveranstaltung im Spätsommer 1972, bei der ich als Helfer beteiligt war. Das brachte mir einen Platz in der zweiten Reihe, ganz knapp hinter Willy Brandt ein, sodass ich eine ordentliche Portion seines Charismas abbekam.
Von nicht weniger Aufregung begleitet war am 20.03.1993 auch der Weltmeisterkampf des Henry Maske gegen Charles Williams, bei dem dermaßen viel Prominenz anwesend war, dass die üblichen Millieugrößen daneben ganz normal aussahen. Vermutlich war es dieser Boxabend, der den Faustkampf so hip und cool gemacht hat, wie er bis vor ein paar Jahren war. Ich war im Gefolge des großen deutschen Malers Jörg Immendorff anwesend, der wiederum Gast eines bekannten Protagonisten aus einer anderen Branche war. Allerdings hatte man die Gästeschar – es müssen um die 60, 70 gewesen sein – in drei Klassen unterteilt, und als Insasse der C-Gruppe hatte ich zu allem, was VIP war, keinen Zutritt.
Überhaupt der Sport in der Philipshalle! Auch wenn ich es nicht mehr jahrgenau zuordnen kann, erinnere ich mich an wilde Eishockeyspiele vor fast 10.000 Leuten, an die Spiele der damals glorreichen TuRU Düsseldorf in der Handballbundesliga Ende der Achtziger (Hotte Bredemeier war der Erfolgstrainer!) und irgendeine Turnveranstaltung, für die ich Freikarten hatte.
Zweimal sah ich dort – eher unfreiwillig – die Schlittschuhshow „Holiday on Ice“, weitere Events der Entertainmentindustrie blieben mir erspart. Stattdessen war ich ein- oder zweimal bei Katzenausstellungen in der Philipshalle.
Das alles wird aber natürlich überstrahlt von den grandiosen Konzerten, die in dieser Halle mit seinen maximal 7.500 Plätzen stattfanden. Da muss ich mich auf eine unkommentierte Liste beschränken – auch weil sie mir nicht mehr alle einfallen: Led Zeppelin, Emerson Lake & Palmer, Police, Ian Dury, The Kinks, Faithless, Frank Zappa, Zappa play Zappa, Deep Purple, Motörhead, Jeff Beck, Bob Dylan und und und. Da hieß es immer: Wo spielen die denn? Na, in der Philipshalle, wo sonst? Denn nachdem aus der Rheinhalle die Tonhalle geworden war, gab es über lange Jahre in Düsseldorf keinen anderen Ort für Konzerte dieser Größenordnung.
Dann übernahm der OB Erwin die Macht und dachte sich ein neues Konzept für Event-Venues aus. Darin spielte die Philipshalle kaum eine Rolle – schließlich war sie nicht auf seinem Mist gewachsen. Stattdessen wurde mit immensen Subventionen die Turnhalle der Freien Christlichen Schulen vergrößert und aufgepeppt und damit zur Konkurrenz für die Phlipshalle gemacht. Das Ende ist bekannt: Das Ding trug den blöden Namen „Burg-Wächter Castello“ und wurde von den FCSDlern in die Insolvenz getrieben, sodass die Stadt die Hütte jetzt am Hals hat. Der Baumeister des Herren, Dr. Heinrich Pröpper, seines Zeichens Boss der stadteigenen Immobilienfirma IDR, durfte dann den Dome in Rath bauen, der ebenfalls mehrzweckig sein sollte. Dorthin musste die glorreiche Düsseldorfer EG vom legendären Eisstadion an der Brehmstraße hin umsiedeln, außerdem werden dort Teenie-Hysterie-Konzerte fürs Fernsehen hergestellt. Und wenn irgendeine Millionenband die Arena in Stockum nicht vollkriegt, dann muss sie eben im Dome spielen.
Das alles hat der Philipshalle mit ihrem schwer zu beschreibenden Flair wenig geschadet: gerade die wahren Rock-Größen – von Dylan bis Deep Purple – kamen immer wieder hierher, und die Veteranen der schweren Gitarren kriegen die Hütte auch immer gut voll. Daran wird auch der neue blöde Name nichts ändern. Es wird so gehen wie mit der Südbrücke: Die hatte OB Erwin in einem Anfall prokatholischer Mastdarmakrobatik und als Kotau vor dem Nachbarörtchen Neuss seinerzeit in Kardinal-Josef-Frings-Brücke umbenennen lassen. Fragen Sie mal einen Düsseldorfer oder Neusser, wie diese Rheinquerung heißt. Richtig: ALLE werden sagen „Südbrücke, wie sonst?“ Und so wird es auch mit der Philipshalle sein.
Übrigens: Vor gar nicht langer Zeit stand sogar der Abriss der Phlipshalle kurz zur Debatte. Dagegen ist so eine Umbenennung geradezu ein Kindergeburtstag…