Welcher F95-Fan erinnert sich nicht gern an Assani „Luki“ Luimya, der uns 2012 ablösefrei verlassen hat?
Lesestück · Als vor ein paar Wochen die Meldung eintrudelte, ein gewisser Assani Lukimya habe sich der Landesligamannschaft des MSV Düsseldorf 95 angeschlossen, kamen bei Eurem Ergebenen schöne Erinnerungen an die Spielzeiten 2010 bis 2012 und einen bärenstarken, überaus netten Innenverteidiger auf. Ja, tatsächlich, Luki kickt jetzt für den marokkanischen Sportverein! Als der zur Saison 2012/13 ablösefrei wechseln konnte, entschieden seine Berater sich für den Äff-Zeh aus dem Domdorf … woraus aber nichts wurde, weil die Ziegenkicker bekanntlich abstiegen. So landete Assani Lukimya eben bei Werder Bremen. Seine Wechselabsichten aber lösten seinerzeit bei einer gewissen Sorte F95-Anhänger kleine rassistische Ausfälle aus. Unser Vorgänger-Blog „Rainer’sche Post“ brachte dazu am 23. März 2012, also vor knapp zehn Jahren, den folgenden Artikel unter der Überschrift “ Lukimya-Wechsel. Oder: der kleine Rassismus für zwischendurch“. [Lesezeit ca. 6 min]
Unterstützt TD!
Dir gefällt, was The Düsseldorfer über die Fortuna schreibt? Und vielleicht auch die Artikel zu anderen Themen? Du möchtest unsere Arbeit unterstützen? Nichts leichter als das! Hilf uns durch das Abschließen eines Abos oder durch den Kauf einer Lesebeteiligung – und zeige damit, dass The Düsseldorfer dir etwas wert ist.
Originalbeitrag vom 23. März 2012:
Die dürren Fakten: Der begabte Innenverteidiger Assani Lukimya-Mulongoti wechselt nach dem Ende der laufenden Saison vom derzeitigen Zweitligisten Fortuna Düsseldorf zum derzeitigen Erstligisten Äff-Zeh Köln. Da der Spieler dies zum Ende seines Vertrags tut, geht er ablösefrei. Dass er wechseln wird, hat er recht frühzeitig bekanntgegeben. Da er laut kicker bester Abwehrspieler der zweiten Liga in der Saison 2011/12 (und gleichzeitig viertbester Spieler insgesamt) ist, nimmt es nicht weiter wunder, dass sich jede Menge Vereine für „Luki“ – wie ihn die F95-Fans rufen – interessiert haben. Etliche deutsche Erstligavereine sowie mindestens zwei Clubs aus der englischen Premier League waren wohl nicht abgeneigt. Entschieden hat er sich aber für den potenziellen Absteiger aus dem hässlichen Kapellenstädtchen, den gut 40 Millionen Euro Schulden drücken und der auch sonst momentan nicht besonders seriös agiert. Der Wechsel wurde am Dienstag dieser Woche bekanntgegeben, und das Fortuna-Volk lief Amok.
Nun hat sich ja die Rivalität zwischen den beiden Großstädten am Rhein mittlerweile bundesweit herumgesprochen. Und auch dass diese Rivalität rund um den Fußball und auch das Eishockey ohne weiteres Hass genannt werden kann. In einem der beliebten Fan-Gesänge der Fortuna heißt es gleich mehrfach „Wir hassen Köln und RWE“ (wobei mit RWE der aktuelle Viertligst Rot-Weiss Essen gemeint ist). Selbst bei Spielen der Düsseldorfer, die in keinster Weise mit dem Retortenclub* (siehe unten) aus Leverkusen-West verbunden sind, erschallt oft und gern und minutelang „Cologne, Cologne, die Scheiße vom Dom!“ Kurzum: Der Wechsel eines Spielers auf die andere Rheinseite ist in der Landeshauptstadt eine höchst emotionale Angelegenheit.
Viel Gelegenheit zur Aufregung gab’s in den vergangenen Jahren allerdings nicht, lagen doch meistens ein, zwei Ligen zwischen den Clubs. Und dass die in den 80ern in Düsseldorf hochverehrten Brüder Allofs seinerzeit zum Äff-Zeh gingen, hat man ihnen längst verziehen. Nun ist die Situation aber sogar noch brisanter. Fortuna hat immer noch alle Möglichkeiten in Liga Eins aufzusteigen, und dem Karnevalsverein droht immer noch der Abstieg in die zweite Bundesliga. Im von vielen F95-Freunden am liebsten gesehenen Fall würden beide Vereine jeweils auf den Relegationsplätzen landen, und die glorreiche und vor allem geschichtsträchtige Fortuna schießt das Hundmithörner-Team in die zweite Liga.
Dann hätte der gute Luki natürlich schlimm mit Zitronen gehandelt. Wie man sich überhaupt fragt, was ihm sein ganz offensichtlich unfähiger Berater gesagt haben mag, dass der Berliner kongolesischer Herkunft ausgerechnet auf dem sinkenden kölschen Kahn anheuert. Leider hat ihn dieser „Berater“ auch nicht daran gehindert (oder ihm gar eingeflüstert) dem Scheißblatt folgendes mitzuteilen:
Lukimya: „Es muss ein Verein sein, mit dem ich mich identifizieren kann, wo ich mich in der Stadt wohlfühle und bei der die Perspektive stimmt.“ [Quelle: BLÖD, google das selber…]
Im Umkehrschluss heißt das, K*** ist für Herrn Lukimya-Mulongoti eine Stadt, in der er sich wohlfühlt, und der Äff-Zeh ein Verein, mit dem er sich identifizieren kann. Mehr Pfeffer kann man einem richtigen Fortuna-Fan nicht in die Wunde reiben. Und an diesem – vielleicht nur phrasenhaft gemeinten – Satz wird er sich ab sofort messen lassen müssen.
Nun zählt der Spieler Luki zu den F95-Akteuren, die das Team in den letzten zwei Jahren ernsthaft nach vorn gebracht haben. Korrekt verhalten hat er sich immer; keine Arroganz, kein Mobbing, hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Und die Nähe der Fans war ihm niemals unangenehm. Dass sich nun aber gerade die Treuesten der Treuen von ihm heftig verarscht fühlen, sollte niemanden wundern. Enttäuscht vom Wechsel nach K*** sind eigentlich alle F95-Liebhaber, auch diejenigen, die Fußball gern als Geschäft verstehen und den Profi als Freiberufler, der sehen muss, woher er die Brötchen kriegt.
Insofern bestand dieser Tage die unterste Ebene an Reaktion aus Enttäuschung. Aber schon dicht gefolgt von Sprüchen, in denen das Wort „Verräter“ und „Judas“ vorkommt. Auch das ist ja noch erträglich, wiewohl diese Begriffe auch aus einer business-fernen Sicht des Fußballs mindestens aus der Klischeekammer kommen, wenn nicht aus dem Mottenschrank. Ein Verräter ist ja einer, der seinen Leuten in den Rücken fällt. Passt hier nicht: Nach zwei Jahren wird sich Luki, so wohl er sich bei der Fortuna auch gefühlt haben mag, noch nicht als Fortune durch und durch sehen. Und es ist nicht zu erkennen, dass er Verrat begangen hat, indem er zum Äff-Zeh wechselt – wo es doch möglich ist, dass er durch eine Topleistung in den Relegationsspielen selbst für den Abstieg seines zukünftigen Arbeitgebers sorgt. Wie gesagt: Möglich, aber wenig wahrscheinlich.
Die nächstblödere Ebene zeichnet sich durch das Wort „Söldner“ aus. Gemeint sind damit Spieler, denen der Verein, dessen Brot sie essen, insgesamt am Arsch vorbeigeht, sie ihn nur als Durchgangsstation betrachten und bei jeder beliebigen Truppe anheuern, die ihnen mehr Kohle verspricht. Nach allem, was man ab Sommer 2010 von Luki sehen und hören konnte, war ihm die Fortuna nicht wurscht. Und ob er einer dieser Spieler wird, die alle zwei Jahre dem fetteren Scheck hinterherrennen, wird man erst noch sehen – dafür ist er noch nicht lang genug im, ähem, Geschäft.
Natürlich merken die Flachpfeifen, die ihn als „Söldner“ beschimpft haben, nicht, wie unpassend diese Bezeichnung gerade bei einem Kerl ist, der aus der Demokratischen Republik Kongo (früher: Zaire) stammt, einem der ärmsten Länder der Welt, das so arm geworden ist, weil Hunderte Söldnertruppen auf Kosten der Bevölkerung um die Verteilung der Rohstoffe an die Weltkonzerne kämpfen.
Aber solche Feinheiten sind vor allem denjenigen latte, die da auf dem Platz erstmal einen großen kräftigen Neger sehen. Ja, Neger. So nennen sie Menschen dieser ethnischen Sortierung auch vorwiegend. Oder auch Nigger, Bimbo, Dachpappe etc pp So lange der fröhliche Neger kräftig für die eigene Sache kämpft, spielt seine Hautfarbe keine Rolle. Verhält er sich unerwüscht, bricht stinkender Rassismus hervor. Welche Schimpfwörter von Individuen, die sich selbst „Fortuna-Fans“ nennen, gerade auf Facebook gefallen sind, soll hier – bis auf die genannten – verschwiegen werden. Es waren die übelsten darunter, die man sich vorstellen kann. Und die wurden von Typen (übrigens waren auffallend viele Frauen unter den Rasissmusschleudern) ÖFFENTLICH benutzt, mit denen man in einer Kurve steht! Das ist widerlich und ein weiteres Indiz dafür, dass die durchgehend anti-rassistische Kurve immer noch nur ein Wunschtraum ist.
Auch wenn bekannt ist, dass sich Rechtsradikaler jeder Colour sowie bekannte Neo-Nazis wieder regelmäßig im Rheinstadion einfinden und ihre Nazi-Klamotten und -Symbole teilweise offen tragen, so sind es gar nicht die Dumpffaschos, die diese rassistische Scheiße vorantreiben, sondern die Leute, die im Fortuna-Trikot neben dir stehen. Das zeigt, dass ein extrem hoher Prozentsatz der Bevölkerung immer noch oder schon wieder massiv anfällig ist für den kleinen Rassismus für zwischendurch.
Erfreulich an der ganzen Sache ist nur, dass die rassistischen Beleidigungen des nach K*** wechselnden Spielers Lukimy-Mulongoti nicht lange unkommentiert stehen blieben. Wenige Minuten nach den ersten Hasskommentaren dieser Art waren anderen F95-Anhänger da, um die Arschlöcher in ihre Schranken zu verweisen. Und die Düsseldorfer Tageszeitungen veröffentlichten in großer Einmütigkeit Kommentare zum Thema. Wie’s in der Sache Lukimya weitergeht, wird stark davon abhängen, wie die Fans morgen beim Spiel der Fortuna gegen Braunschweig auf ihren Ex-Liebling reagieren werden. Kommt es zu umfassenden rassistischen Aktionen (Urwaldlaute, Bananen etc.), wird dies nicht nur dem Wechsler wehtun, auch der DFB wird ein Auge auf derartige Vorkommnisse haben – informiert über die Sache ist der Spielbeobachter auf jeden Fall.
*[Nie vergessen: Der Äff-Zeh entstand erst 1948 durch die – wie manche sagen – mit mafiösen Mitteln herbeigeführte Fusionen sinnloser Vorortverein der formlosen Stadt, die vor allem zu Lasten eines der wenigen dortigen Traditionsvereine, der rechtsrheinischen Viktoria, ging.]