Auch schon wieder fünf Jahre her: Das Ende des ultrakurzen Bubble-Tea-Booms in Deutschland. Was im Frühjahr 2010 in Berlin (Wo sonst?) begann und über die zweite Hipster-Hochburg Hamburg im Frühjahr 2011 auch in Düsseldorf landete, war schon im November 2012 mausetot. Viel schneller hat es vorher und nachher noch keinen Hype erwischt – Pokemon Go mal ausgenommen. Tatsächlich war Düsseldorf neben den genannten Städten und Köln eine wahre Bubble-Tea-Hochburg, zumindest was die Anzahl an Ausschankstellen für den Süßtee mit den bunten Kugeln angeht. Die drei „großen“ Ketten – BoboQ, Tea One und Justea – waren teils mit mehreren Filialen vertreten, und alteingesessene Teeläden aus den Jahren der grünen Alternativbewegung boten das Zeug ebenfalls an. Das wird an der immer recht hohen Anzahl Jugendlicher aus dem asiatischen Raum gelegen haben, die sich auf den Trend stürzten und teilweise für einen bunten Becher mit dickem Trinkrohr Schlange standen.
Alles bloß Zufall…
Spätestens als auch die Schnellfresskette McD im Juni 2012 auf den Blasentee-Zug aufsprang, dachten viele: Jetzt geht’s erst richtig los! In Düsseldorf waren sich sogar Kenner der Gastronomieszene sicher, dass es immer weiter gehen würde mit der farbigen Brause. Und noch eine und noch eine und noch eine Bar eröffnete, zum Beispiel in den Arcaden am Bilker Bahnhof. Die aber kam eindeutig zu spät, denn am 22. August 2012 besiegelte ein Artikel in der Rheinischen Post das Schicksal des Getränks:
„Wir haben in allen Proben PCB-ähnliche Stoffe nachgewiesen, die das Risiko, an Krebs zu erkranken, stark erhöhen“, sagte Manfred Möller vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin am Uniklinikum Aachen, der gemeinsam mit der Mönchengladbacher Firma „Leco Instrumente“ die Analyse des Getränks durchführte.
Von „Dreck“ und Krebsgefahr war die Rede, und jedes Zitat in anderen Medien verkürzte die Botschaft immer mehr auf die Kernaussage „Bubble Tea ist gesundheitsgefährdend“. Noch heute kann man Leute auf der Straße zum Thema befragen und wird diese Antwort hören. Dabei ist alles nur ein Zufall. Tatsächlich wählten die Aachener Wissenschaftler ausgerechnet die Tapioka-Kugeln aus einem in Mönchengladbach ausgeschenkten Bubble Tea, um ein neues Analysegerät der Firma Leco zu testen. Es ist bis heute nicht völlig geklärt, ob die Aussagen über den PCB-Gehalt nachvollziehbar waren, also auch bei anderen Proben und anderen Geräten zustande kam.
Der schnelle Niedergang
Die Kassandrarufe der Medien auf Basis dieser einen Meldung verbreiteten sich wie Buschfeuer und fielen mitten hinein in einen Boom. Noch im August gab es Bubble Tea in Düsseldorf in zwölf weiteren Läden, Bars oder wie man die Stellen nennen mag, an denen die Kugelbrause zu kaufen war. Ein erster Ausschank hatte sich sogar in der Altstadt angesiedelt. Bereits im Oktober brachen die Umsätze radikal ein. Leute, die dabei waren, berichten, dass in mancher Blubber-Kneipe nur noch höchstens ein Dutzend Becher pro Tag verkauft wurden. Einzig ein Ausschank in der Nähe des Hauptbahnhofs zog immer noch Kunden an – vorwiegend asiatische Touristen.
Als es ab Mitte des Monats auch noch kühl wurde, brach es dem Bubble Tea das Genick; wer will schon ein kunterbuntes Sommergetränk, dass nur eisgekühlt genießbar ist, bei einstelligen Temperaturen und kaltem Regen trinken? McDonalds nahm das Modegesöff ab Anfang November 2012 sukzessive aus dem Sortiment, ab der zweiten Dezemberhälfte gab es das Zeug beim Bulettenbrater dann gar nicht mehr. Etwa um dieselbe Zeit hatten sich auch die hiesigen Teeläden aus dem Thema verabschiedet, zwei Filialen der genannten Ketten hatten zu, und in der Bar in den Arcaden traf man keine Menschenseele mehr, nicht einmal eine Verkäuferin oder einen Verkäufer.
Stand heute
Der Tod hat die Läden und Ketten so schnell ereilt, dass den Machern oft nicht einmal die Zeit blieb, ihre digitalen Spuren zu verwischen. So findet man im Web und vor allem auf Facebook allerlei Bubble-Tea-Leichen. Überlebt hat nur, wer sich flexibel zeigte und ganz, ganz schnell das Buzzword „Bubble Tea“ aus dem sichtbaren Angebot nahm. BoboQ gelang es im Sommer 2016 gar, eine neue Filiale am Berliner Alexanderplatz zu eröffnen. Dort gibt es Tee, auch kalten, aber das verbotene Wort fehlt. In Düsseldorf gibt es kein BoboQ-Franchise mehr. Aus dem Laden auf der Immermannstraße ist ein Teamate geworden. Dort gibt es tatsächlich noch den original echten Bubble Tea, der für zwei kurze Sommer ganz groß rausgekommen ist.