Es gibt so Zufälle. Klar hatte ich schon von dieser Fanfreundschaft zwischen Düsseldorfern und Lads aus Ipswich gehört. Ich wusste auch, dass jedes Jahr ein paar Busse mit Fortuna-Fans rüber auf die Insel fahren, um ein Spiel der Blues zu besuchen. Dass die Düsseldorfer aber ausgerechnet an dem Tag kamen, als ich mit Andrew und den Lads zum Auswärtsspiel der Whites nach Ipswich gefahren bin, war einer dieser Zufälle. Zuerst traute ich meinen Augen nicht, als ich gegenüber rotweiße Fahnen sah. Dann fiel es mir wieder ein: Fortuna Blues, ein gemeinsamer Fanclub. Nun haben wir von United es nicht so mit dem Team von Ipswich – keine Feindschaft, nein, dafür waren und sind deren Leute einfach immer zu harmlos; wir mögen die einfach nicht. Tut auch ein bisschen weh, mit denen in einer Liga kicken zu müssen.

Jedenfalls hatte ich schon weit vor dem Anpfiff einen klassischen Double Bind: Einerseits war ich gegen die Ipswitches, andererseits gehört meine Liebe ja auch der Fortuna. Die Lads im Auswärtsblock brauchten eine Weile zu begreifen, dass da drüber irgendwelche Germans Town supporteten – ich hab’s nicht verraten, ich schwöre! Nun gibt es ja bei uns in Yorkshire noch eine ziemlich deutlich Abneigung gegen die „Krauts“, was damit zusammenhängt, dass so viele gute Männer aus unserer Region im Krieg gegen die Nazis getötet wurden. Andererseits ist man in vielen Familien auch mächtig stolz auf den Großvater oder den Vater oder einen Onkel oder irgendeinen Verwandten, der gegen Hitler gekämpft und den Krieg gewonnen hat. Und: Die wichtigsten Bomb Squads hatten ihre Plätze in Yorkshire. Kein Wunder, dass die Jungs dann das schöne Lied von den Ten German Bombers rausholten und kräftig sangen.

Jetzt hör ich dieser Tage, dass sich einige von den Fortuna-Leuten, die mit in Ipswich waren, tierisch darüber aufgeregt haben. Einer schrieb was von einem „Hassgesang“, weil ja in dem Lied beschrieben wird, wie die Royal Airforce nach und nach zehn deutsche Bomber vom Himmel holt. Erfunden haben den Song Kinder während des Blitz, als die deutsche Luftwaffe systematisch englische Städte bombardiert hat, um die Zivilbevölkerung zu demoralisieren. Diesen Scheiß veranstalteten die Nazis übrigens zwischen September 1940 und Mai 1941, also zwei, drei Jahre bevor die Alliierten das nachmachten und deutsche Städte bombardierten. Weil aber gerade deutsche Nazi-Hools sich von diesem Lied gern provozieren ließen, wurde es ab der EM 1988 in Deutschland zum Fangesang der Supporter der Three Lions. Aber, wer weiß das schon…

Auf der Rückfahrt auf der Fähre dachte ich dann so bei mir: Der Fußball ist doch eigentlich immer mit der Weltgeschichte und der Politik verbunden. Rivalitäten zwischen Städten oder Länder kommen ja fast nie aus dem Fußball, die Feindschaft ist meistens anders begründet, wird aber im (und in der Nähe) des Stadions wieder und wieder ausgetragen. Was die Boxereien unter Hools angeht: Die einen glauben, damit werden solche Rivalitäten wieder und wieder aufgefrischt; andere sind der Ansicht, dass so echte Kriege verhindert werden können. Meine Meinung ist: Man muss das alles nicht immer so ernst nehmen.

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