Graf-Adolf-Strasse 22, ein normales Bürohaus, aber schon beim Öffnen der Tür tut sich eine andere Welt auf. Der Besucher betritt einen großzügigen Empfangsraum, dessen Wände in leuchtenden Farben mit Fotos und selbstgemalten Bildern dekoriert sind. In seiner Mitte ein großer, quadratischer Tisch mit Bierbänken, der zum Verweilen und Plaudern einlädt. Die Schränke, einheitlich mit alten Zeitungen beklebt, verraten, dass hier mit Liebe zum Detail „designed“ wurde; trotz knapper finanzieller Ressourcen.

Karin Jungjohann, eine der Initiatorinnen von Hispi (Hilfe bei sprachlicher Integration), zeigt die Räumlichkeiten: geräumige, freundliche eingerichtete Klassenzimmer. Jedes von ihnen verfügt über ein Whitebord. Sie sind sauber und machen einen gepflegten Eindruck. Die Schüler, denen wir auf den Fluren begegnen, lächeln und grüßen freundlich. Sie scheinen aus aller Herren Länder zu kommen.

In den kommerziellen Sprachschulen sind die Teilnehmerzahlen seit längerer Zeit rückläufig. Die für sie erforderlichen Berechtigungsscheine werden bereits seit 2019 immer seltener ausgestellt. „Es kommen ja keine neuen Flüchtlinge nach“, heißt es dazu lapidar: implizierend, dass es bei den hier ansässigen Migranten ja keinen Schulungsbedarf mehr gäbe.

Deutsch lernen ohne Berechtigungsschein vom Jobcenter

Kurse, die nicht vom Jobcenter gefördert werden, sind für die Hispi-Schüler nicht bezahlbar. Das Thema „Deutsch Lernen“ und „Integration“ sei abgehakt? Noch lange nicht, meint Karin Jungjohann. „Wenn man nur einmal genauer hinschauen würde, wie viele Migranten niemals ein Anrecht auf Unterstützung hatten oder haben werden, folglich niemals einen Sprach- oder Integrationskurs besucht haben…“ Karin seufzt. „Davon gibt es mehr als genug. Und genau sind es, die hier her kommen; jedenfalls ein Teil von ihnen.“ Über sinkende Teilnehmerzahlen könne sich das Hispi wirklich nicht beschweren, erklärt sie weiter. Ganz im Gegenteil. Immer wieder müssten sie vertrösten, Lernwillige auf eine Warteliste setzen.

An fünf Tagen in der Woche, dreimal täglich, finden im Hispi jeweils vier Sprachkurse (Alphabetisierung, Anfänger, Fortgeschrittene und Versierte) statt. Die Lehrkräfte, vornehmlich deutsche Muttersprachler, unterrichten ehrenamtlich. Die Kurse beginnen jeweils um 10, 15 und 18 Uhr. Zehn Minuten nach Kursbeginn schließen sich die Klassentüren.

Wer zu spät kommt, hat Pech gehabt… und lernt daraus

Und so geht es im Empfangsbereich auch vor Kursbeginn schon lebhaft zu. Der ein oder andere bringt ein Formular mit und bittet um Hilfe beim Ausfüllen. Einige unterhalten sich, wieder andere übernehmen einen Dienst. Im Hispi wird mit angepackt. Die Kursteilnehmer putzen, saugen oder machen den Abwasch. „Nun ja,“ erklärt Karin. „Der Unterricht ist umsonst. Das Einzige, was sie hier brauchen, ist das Hispi-Deutschbuch, Papier und Stift. Da revanchieren die meisten sich gerne und helfen, wo sie nur können.“

So geht Deutschunterricht im Hispi

So geht Deutschunterricht im Hispi

Erst seit 2018 befindet sich das Hispi im Zentrum von Düsseldorf. Im Rahmen der Flüchtlingswelle 2015 bezogen die heutigen Macher das kleine, leerstehende Gästehaus der alten Schule Lacomblestraße, in deren Räumen ein Flüchtlingsheim eingerichtet worden war. Hier fanden die ersten Sprachkurse statt. Aber nicht nur das. Rund 60 ehrenamtliche Helfer halfen den Neubürgern, die Hürden im deutschen Alltag zu meistern. „Es war unglaublich, was wir für einen Zustrom hatten. Auch da, wir bekamen nichts weiter als Räumlichkeiten gestellt. Den Rest aber mussten wir alleine stemmen.“ Karin lächelt. Noch heute ist ihr die Freude über das gelungene Engagement anzumerken.

„Ja, das war eine schöne Zeit. Man hat so viel Neues gelernt! Die Dankbarkeit der Leute! Wie viel Spaß hatten wir gemeinsam! Als dann die Flüchtlinge sukzessive aus der Lacomblestrasse auszogen, haben wir beschlossen, die Sprachschule auf neue Füße zu stellen. Wir bekamen neue, wesentlich größere Räumlichkeiten mitten in Düsseldorf. Die Stadt finanziert uns die Miete. Wir haben sogar Frau Geisel als Schirmherrin gewinnen können. Was will man mehr?“

Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld, wer hat so viel Pinke Pinke…

Karin sprüht vor Ideen. Natürlich fällt ihr viel ein, was man alles noch machen könnte, was noch verbesserungswürdig sei. „Leider sind wir immer noch sehr knapp mit den Finanzen. Zwischen der Zuwendung der Stadt und dem tatsächlichen Bedarf klafft eine Lücke, für die wir leider noch keine Lösung haben.“

Das Hispi braucht dringend Spenden

Das Hispi braucht dringend Spenden

Dabei können Karin und ihre Mitstreiter (alle, die sich im Lernhaus engagieren, werden so genannt) ihren Erfolg mittels Zahlen dokumentieren: 1.800 Schüler in vier Jahren, bis heute konstant hohe Teilnehmerzahlen. Jeder Schüler erhält eine elektronische Chipkarte, mit der seine Teilnahme an den Kursen erfasst wird.

Schnell wird klar, dass die Macher vom Hispi nicht vorhaben, sich von finanziellen Problemen nicht unterkriegen lassen. Sie wissen, dass sie effektiv sind und nachweislich sehr viele Menschen mit ihrem Angebot erreichen. So sind auch die fehlenden Gelder nur eine weitere Hürde, die es zu nehmen gilt.

Karin und ihre Mitstreiter haben nun das Projekt „Hispi Circle“ ins Leben gerufen. Ziel der Kampagne: Zwölf Unternehmen aus der Region Düsseldorf als Unterstützer zu gewinnen. Jedes zahlt bis auf weiteres 10.000 Euro pro Jahr. Ein stabiles Fundament, das dem Hispi und seinen ehrenamtlichen Mitstreitern ermöglicht, zukunftsfähige Strukturen aufzubauen. „Für die förderwilligen Unternehmer könnte sich ihr soziales Engagement zum Win-Win werden,“ stellt Karin selbstbewusst fest. „Sie brauchen Lehrlinge und Mitarbeiter, die Deutsch sprechen, schreiben und lesen können. In der Zusammenarbeit mit den Mitstreitern des Hispi würden sie diese finden!“

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