Khaled Narey will wechseln, und schon schlägt ihm Wut und Häme entgegen…
Analyse · Es ist die Phase einer Saison angebrochen, in der Fußballjournalisten die Auflagen und Klickzahlen mit Transfergerüchten zu steigern versuchen. Also wird fröhlich drauflos spekuliert, wer geht und wer kommt. Nun hat unser Khaled Narey deutlich gemacht, dass er gern wechseln würde – und zwar zum Ende der laufenden Spielzeit. Da er noch einen Vertrag bis zum 30. Juni 2023 hat, müsste sein neuer Club eine Ablösesummer an Fortuna Düsseldorf überweisen. Kaum hat Khaled seine Absicht bekundet, schlägt ihm aus Fortuna-Fan-Kreisen jede Menge Wut und Häme entgegen. Euer immer wieder vollkommen ergebene F95-Beobachter meint: Das ist dumm und ungerecht! [Lesezeit ca. 5 min]
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Wobei die negativen Emotionen einiger Anhänger nachvollziehbar sind. Immer noch träumen sie sich das romantische Bild vom Fußballer, der (s)einen Verein im Herzen trägt, mit sich herum. Der Ergebene tut das übrigens auch, ist aber bekanntermaßen optimistischer Realist und lange genug dabei, die Business-Seite des Fußballs nicht zu ignorieren. Seitdem er oft mit ehemaligen Profis über deren Karriere geredet hat, ist sein Verständnis für das Wechselverhalten von Berufsfußballern dramatisch gestiegen.
Ja, es handelt sich um einen Beruf, was die Jungs in den bunten Hemden mit dem Ball am Fuß da treiben. Sie verdienen ihr Geld damit. Und es handelt sich um einen der wenigen Berufe, bei denen die Zeit der Berufstätigkeit im Schnitt nur zwölf Jahre andauert und sechzehn Jahre nur ganz selten überschreitet. Zweitens: Es handelt sich zudem um einen Beruf, dessen Ausübung durch eine einzige Verletzung für immer beendet sein kann.
Kürzlich sah ich nach Langem mal wieder die alte Familienserie „Die Unverbesserlichen“ die zwischen 1965 und 1971 in der ARD gezeigt wurde. Sohn Rudi Scholz ist ein Fußballtalent und hat Ambitionen, Profi zu werden. Zwischen seinem (fiktiven) Heimatverein und FC Florenz zettelt er einen Verhandlungspoker an, zieht sich aber dann im Spiel den Riss einer Achillessehne zu. Die verheilt schlecht, und mit der Profikarriere ist es Essig, bevor sie so richtig begonnen hat. Seinen Job bei der Post hat er wegen des Fußballs aufgegeben, nun steht er arbeits- und beruflich fast ausweglos da.
Khaled Narey wird im Juli 28 Jahre alt. In seiner bisherigen Laufbahn hat er bei allem Talent nicht viel Glück gehabt. Möglicherweise weil das genau Gegenteil eines Lautsprechers ist, hat man ihn in den ersten Jahren ab 2014 in Leverkusen und Dortmund unterschätzt. Dort durfte er jeweils nur in der Zwoten kicken, bis er für ein Jahr nach Paderborn ausgeliehen wurde. Dort kam er nur zu Saisonbeginn zum Zuge. Über den Umweg BVB II kam er dann zu Greuther Fürth. Dort wurde er zunächst als Außenverteidiger eingesetzt, später dann im rechten Mittelfeld. In insgesamt 70 Spielen schoss er sechs Tore und lieferte sieben Vorlagen.
Zur Saison 2018/19 wurde er für 1,7 Millionen Euro an den Absteiger HSV verkauft. Auch dort spielte er regelmäßig, ebenfalls als Verteidiger, Mittelfeldmann oder Stürmer auf dem rechten Flügel. In drei Spielzeiten brachte er es auf elf Tore und neun Vorlagen. Soweit die nackten Daten. Tatsächlich aber erfuhr er weder in Dortmund, noch in Fürth und schon gar nicht beim HSV die Wertschätzung, die er aufgrund seiner sportlichen Leistungen verdient hätte. Ja, es gibt Stimmen, dass er in Hamburg vereinsintern geradezu gemobbt wurde. Und nun ist er seit Saisonbeginn bei der glorreichen Fortuna und hat sich schon unter Christian Preußer zu DEM Leistungsträger und auch ein bisschen zum Liebling der Fans entwickelt.
Wie es aussieht, findet der gute Khaled in Düsseldorf erstmals die Anerkennung, die ihm gebührt. Aber, wie gesagt, der Mann ist 27 und muss sich Gedanken über seine sportliche Zukunft und auch über die finanzielle Seite seiner Karriere machen. So selten wie er sich äußert, so klar ist doch, dass er sich unserer schönen Stadt und auch in diesem wunderbaren Verein sauwohl fühlt. Aber natürlich möchte ein Kicker in seinem Alter irgendwann doch einmal in der ersten Liga in Deutschland oder im europäischen Ausland spielen. Das muss man verstehen; sowohl in sportlicher, als auch in finanzieller Hinsicht. Und da hat Fortuna Düsseldorf ihm aktuell nichts zu bieten. Das muss man klar so sehen.
Durchforstet man den Dschungel der Transfergerüchte liegt bislang nur eine konkrete Anfrage (kein Angebot) aus Italien von Sampdoria Genua vor. Angeblich wäre auch Hellas Verona interessiert. Über Anfragen englischer Vereine hört man derzeit nichts. Und auch die Vereine der ersten Bundesliga haben sich öffentlich oder zwischen den Zeilen nicht zur Personalie Narey geäußert. Zu einem anderen Zweitligisten zu wechseln, käme für ihn wohl nur dann in Frage, wenn es sich um eine echten Aufstiegskandidaten der Saison 2022/23 handelt, der zudem in der Lage ist, deutlich mehr Gehalt zu zahlen als F95.
Wechselt er, geht er ins Risiko – so wie beispielsweise Benito Raman, dem es überhaupt nicht gutgetan hat, die Fortuna zu verlassen. Weitere Beispiele füllen lange Listen. Bliebe er, müsste er daran glauben, dass F95 wirklich zu den ernsthaften Aufstiegskandidaten der kommenden Saison zählt. Deutlich mehr verdienen würde er allerdings nicht, denn das würde das für die mannschaftsinterne Sozialhydraulik wichtige Gehaltsgefüge vermutlich deutlich erschüttern. Was also tun an Khaleds Stelle? Euer Ergebener ist da ganz ehrlich: Wäre er in Khaleds Position, würde er das beschriebene Risiko eingehen und wechseln – eher nach Italien als zu einem deutschen Club (welcher Liga auch immer).
Und wie sieht die Sache aus Vereinssicht aus? Egal ob man an diesen fiktiven Wert glaubt: Seinen sogenannten „Marktwert“ hat Khaled Narey durch seine Auftritte in der noch laufenden Saison deutlich gesteigert. Gekostet hat er die Fortuna (offiziell) nichts, die Plattform transfermarkt.de taxiert seinen aktuellen „Marktwert“ auf zwei Millionen Euro. Heißt konkret: Ein Club, der Narey aus seinem Vertrag mit F95 rauskaufen will, muss mit einer Ablösesumme in dieser Höhe rechnen – eher sogar mehr. Das Geld täte dem Verein auf jeden Fall gut und könnte leicht in die Verpflichtung von zwei „normalen“ Kickern investiert werden. Klaus Allofs könnte aber auch höher pokern und den guten Khaled für einen deutlich höheren Preis ins Schaufenster stellen.
Findet sich ein Verein, der bereit ist – sagen wir mal – 3,5 Millionen auszugeben, hat sich die ablösefreie Verpflichtung von Khaled Narey im Sommer 2021 in jedem Fall gelohnt. Will niemand wenigstens zwei Millionen anlegen, könnte unser Sportvorstand gemeinsam mit dem Sportdirektor Christian Weber in eine Diskussion mit Narey und seinen Beratern eintreten und über eine vorzeitige Vertragsverlängerung diskutieren.
Es ist wie es ist, aber so wie es ist, gibt es keinen Grund, auf die Abwanderungswünsche des für uns so wertvollen Spielers Narey sauer zu sein oder ihm gar alles Schlechte zu wünschen. Das ist dumm, undankbar und letztlich unfair.
6 Kommentare
Sehe ich genauso.
Natürlich würde ich ihn gerne weiterhin in Düsseldorf sehen – aber bei aller Liebe zur Fortuna – Profifußball ist nun mal ein Geschäft.
Romantik hin oder her.
Wer Fußball ohne zumindest nennenswerte finanzielle Beeinträchtigung erleben will, muss sich schon einen Kreisligisten aus seinem Kiez suchen.
… d’accord mit dem vollkommen ergebenen F95-Beobachter
Yes, volle Zustimmung auch von mir: Dieser sympathische Typ hat kein böses Wort verdient.
Ich fürchte nur, angesichts der kritischen Vorgeschichte wird der gute Mann in jeder ersten Liga zwangsläufig scheitern – und wieder unglücklich werden. Das muss sich für ihn finanziell schon lohnen!
Tja, wenn ich das richtig gelesen habe bei der RP, kann Narey in Griechenland mehr Geld verdienen und streikt jetzt bei Fortuna. Dann ist es aber Fakt, dass er einen Vertrag bei „uns“ unterschrieben hat und deswegen auch verpflichtet ist bei uns zu spielen. Deswegen macht man ja Verträge. Natürlich bin ich Narey dankbar für die vergangene Saison aber… Schade Schade. Durch dieses Verhalten schadet er sich und dem Verein denn er setzt Allofs unter Druck.
Wenn wir Narey jetzt nicht verkaufen dann werden wir einen sehr guten Spieler auf der Bank sitzen haben der nicht mehr dieselbe Leistung abrufen wird, wie in der letzten Saison und auch bei den Fans nicht mehr der „Liebling“ sein kann.
Gut das wir in Allofs einen erfahrenen Manager haben der, meiner Ansicht nach, genügend Erfahrung aber auch Empathie hat um eine optimale Lösung zu finden.
Mit Verlaub: Wie die RP-Fuzzis (Kollegen würde ich sie bis auf Bernd Jolitz nicht nennen) gerade einen „Eklat“ und „Streik“ herbeischreiben wollen, ist einfach widerlich. Nachdem man Khaled schon während der Vorbereitung freigestellt hat, an den Testspielen teilzunehmen, um angesichts eines möglichen Wechsels kein Verletzungsrisiko einzugehen, lief das gestern andersrum ab – dieses Mal hat er darum gebeten, nicht spielen zu müssen. Man war auf Seiten der F95-Sportverantwortlichen nur konsterniert, dass er das so kurz vor dem Spiel getan hat. Mehr „Eklat“ war nicht. Und diese gewissenlosen Schreibfinken sind sich durchaus bewusst, dass mit so einem Scheiß den Hass der Wutfans anstacheln…
…danke für deine schnelle Antwort Rainer. Von den Griechen ist es auch ein interessantes Verhalten. Sie bieten einen Spieler ein höheres Gehalt was sie wohl dadurch finanzieren wollen das sie die Ablösesumme zu niedrig halten. Damit machen sie einen Spieler unnötig nervös.