Man mag es kaum glauben, aber die weltberühmte Rivalität der Rheinmetropolen Köln und Düsseldorf begann mit der Konkurrenz in der Rheinschifffahrt. In den Vierziger- und Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts tobte ein heftiger Konkurrenzkampf zwischen zwei Unternehmen aus Köln und Düsseldorf. Beide betrieben Dampfschifffahrt auf dem Rhein, und beiden buhlten um dieselbe Zielgruppe.
Dazu muss man wissen, dass Fahrten mit dem Dampfschiff auf dem großen Strom ab etwa 1830 das Reisen zwischen dem Süden und den Niederlanden sowie den Regionen und Städten dazwischen massiv erleichtert hatte. Ja, der Personenschiffsverkehr war damals der Eisenbahn weit überlegen, was Geschwindigkeit (zumindest talwärts) und Bequemlichkeit anging. So wurde schon 1825 die Preußisch-Rheinische Dampfschiffahrt-Gesellschaft (PRDG) zu Köln gegründet. Elf Jahre später folgte die Dampfschiffahrts-Gesellschaft für den Nieder- und Mittelrhein (DGMN) mit Sitz in Düsseldorf.
Immer noch geht die Legende um, die Animositäten zwischen Köln und Düsseldorf hätten ihren Ursprung in der Schlacht bei Worringen am 5. Juni 1288, in deren Folge Düsseldorf zur Stadt erhoben wurde. Das ist historisch ziemlich falsch. Die kaum hundert Düsseldorfer Bauern und Fischer, die mit Knüppel und Sensen bewaffnet nach Fühlingen zogen, kämpften tatsächlich auf Seiten der Kölner Bürger, die sich gegen den Erzbischof wehrten, der ihnen an die Rechte wollte. An diesem Tag fand eine der blutigsten Schlachten des ganzen Mittelalters statt; rund 10.000 Krieger zu Fuß und hoch zu Ross nahmen teil, mindestens 1.100 lagen abends tot auf dem Feld. Hinzu kamen mehr als 700 Verwundete, von denen viele später an ihren Verletzungen starben. Die wenigen Männer aus dem winzigen Dorf rund 40 Kilometer stromabwärts fielen bei den Kämpfen nicht besonders auf. Dass Graf Adolf von Berg dem Fischernest die Stadtrechte schenkte, hatte rein strategische Gründe. Der Graf, der tief in den Limburger Erbfolgestreit verstrickt war, suchte den Zugang zum Rhein und damit die Kontrolle über den Strom – und zwar noch vor Kaiserswerth, wo die von Barbarossa errichte Kaiserpfalz auch als Zollfeste diente. Man muss davon ausgehen, dass die meisten Kölner in den folgenden rund 650 Jahren nicht einmal wussten, dass es Düsseldorf überhaupt gab, zu dramatisch waren die Unterschiede in Größe und Bedeutung der beiden Städte. Und während Köln über die Jahrhunderte immer ein dominanter, von Kaufleuten politisch und wirtschaftlich beherrschter Handelsplatz blieb, dümpelte Düsseldorf bis weit ins 17. Jahrhundert einigermaßen bedeutungslos vor sich hin. Was sich erst mit der Ankunft von Anna Maria Luisa d’Medici änderte, die zweite Ehefrau des volksnahen Johann Wilhelm von der Pfalz, den sie in der Stadt bis heute liebevoll Jan Wellem nennen. Die kluge und kultivierte Dame aus Florenz war – wie ihr Gemahl – den schönen Künsten und der Musik, aber auch der Jagd sehr zugetan. Zusammen verwandelten sie Düsseldorf in kürzester Zeit in ein schmuckes Residenzstädtchen voller Kultur und Zivilisation.In den Folgejahren entfachte zwischen den beiden Gesellschaften und einer niederländischen Reederei, der Nederlandsche Stoomboot Maatschappij, ein unerbittlicher Konkurrenzkampf. Neben Preissenkungen und Wettfahrten zur Kundengewinnung wurde in den 1840er Jahren auch von gegenseitigen Schiffsrammungen berichtet. [Quelle: Wikipedia]
Bekanntlich hat die Landeshauptstadt von NRW diesen Ruf bis heute behalten, obwohl sich im 19. Jahrhundert durch und nach der napoleonischen Ära einiges änderte. Denn die Preußen übernahmen das Rheinland – was weder in Köln, noch in Düsseldorf bei den Eingeborenen auf größere Begeisterung traf. Die Bürger Düsseldorfs mussten sich ab 1815 damit abfinden, zur preußischen Garnisonsstadt umgebaut zu werden, während die Kölner unter den Einschränkungen des Wirtschaftsrechts litten. Am schlimmsten aber traf die Domstadt 1831 der Verlust des sogenannten Stapelrechts als Folge der Mainzer Akte.
Ziemlich gleichzeitig mit der industriellen Revolution verlor Köln also seinen über Jahrhunderte gültigen Status samt der sich daraus ergebenden gigantischen Steuer- und Zolleinnahmen. Während anfangs nur zögernd Fabriken in Köln entstanden, zog es mutige Industrieunternehmer britischer, irischer und belgischer Herkunft rasch nach Düsseldorf, sodass der kleine Ort ab 1871 rasant wuchs. Ja, es sah um 1880 herum eine Zeitlang so aus, als könne das ehemalige Fischerdorf mehr Einwohner haben als die Domstadt mit ihrer bis in die Römerzeit zurückreichenden Geschichte.So weit kam es dank aggressiver Eingemeindungspolitik Kölns dann doch nicht. Dafür marschierten die beiden Städte, inzwischen wirtschaftlich miteinander konkurrierend, durch die Kaiserzeit und bis über den ersten Weltkrieg hinaus. Wobei Köln trotz der ungeheuren Veränderungen im Zuge der Industrialisierung immer eher konservativ blieb. In Düsseldorf mit seiner Tradition von Kunst und Kultur setzten die Kreativen Impulse – oftmals in Form eines beinahe grenzenlosen Fortschrittsglaubens. Außerdem war die Stadt, weil nicht durch historischen Kram belastet, baulich einfach viel schöner.
Die ersten ernsthaften Animositäten zwischen den Metropolen kamen aber erst nach dem ersten Weltkrieg mit dem Aufeinanderprallen zweier völlig gegensätzlicher Politiker: auf kölscher Seite war es Konrad Adenauer, für Düsseldorf stand Robert Lehr. 1917 wird mit Adenauer ein junger Mann, ein eingeborener Kölner zudem, zum Oberbürgermeister gewählt. Der entstammt einer Beamtenfamilie und engagiert sich schon früh in allerlei katholischen Organisationen. Folgerichtig tritt er 1906 der erzkatholischen Zentrumspartei bei und macht zunächst in der Stadtverwaltung Karriere. Als OB von Köln wird er 1918 dann sogar in die Legislative des Preußischen Reiches berufen, bleibt er aber trotzdem nach der Novemberrevolution von 1919 im Amt als OB und quasi im Wartestand als Mitglied des Staatsrates. Wenn Adenauer eins war, dann ein Schlitzohr, ein Taktiker, immer auch auf die Wahrung seiner persönlichen Interessen und Vermehrung seines Vermögens bedacht. Vielleicht ist er deswegen das personifizierte Köln. Nachdem die französischen Besatz 1923 den amtierenden Düsseldorfer OB Köttgen abgesetzt hatten, wurde der Weg frei für Robert Lehr, einen deutschnationalen Hardliner, der einmal sagte, seine Vorfahren seien allesamt Offiziere oder Pfarrer gewesen, was er eine gute Mischung nannte. Und damit war ein Konflikt, der sich bis 1953 hinziehen sollte, geboren: hier der gewandte, geschickte Adenauer, da der sture Lehr. Während aber Adenauer mehr daran interessiert war, das Wohlergehen seiner kölschen Sippe wirtschaftlich abzusichern, sorgte Lehr in Düsseldorf auf durch und durch preußische Art für Wachstum und Verschönerung. Dank seiner Verbindungen zur Wirtschaft gelang ihm die Ansiedlung wichtiger Industrien, und mit der GeSoLei, der legendären „Große Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen“, die im Oktober 1926 eine Woche lang stattfand, brachte er Düsseldorf so richtig auf die Landkarten in Deutschland und Europa. Für die Ausstellung entstanden Ehrenhof und Rheinterrassen sowie das Messegelände in der Golzheimer Heide.Man muss es so ausdrücken: Der Erfolg Düsseldorfs in der Weimarer Zeit und darüber hinaus machte Adenauer neidisch. Dass er und Lehr später gemeinsam Gründerväter der CDU wurden, ist ein kleiner Treppenwitz der Geschichte. Vollends aus dem Häuschen geriet der spätere erste Bundeskanzler 1946. Die britischen Besatzer machten Düsseldorf zur Landeshauptstadt! Unfassbar für den Kölner, der seine Heimatstadt für die einzige wahre Hauptstadt des Rheinlands hielt – ein von ihm für den Kölner Stadtanzeiger damals verfasster Beitrag dazu trieft von Neid und Missgunst. Nicht wenige Historiker sind inzwischen der Meinung, dass dieser Artikel der tatsächliche Ausgangspunkt der (von außen übrigens weit) überschätzten Rivalität der beiden Rheinmetropolen ist.