Geneigte und treue Leserinnen und Leser dieses Online-Magazins werden wissen, dass wir nicht nur Liebhaber des wunderschönen Rheins sind, sondern auch überzeugte Befürworter der Binnenschifffahrt auf dem mächtigen Strom. Deswegen waren wir auch sehr erfreut, als Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer am 14. Mai 2019 den sogenannten „Masterplan Binnenschifffahrt“ vorstellte. Der, so die offizielle Aussage, sei „die Grundlage, um die Binnenschifffahrt zukunftsfähig und attraktiver zu machen.“ Die Europäische Vereinigung der Binnenschiffer e.V. (EVdB) hat den Masterplan nun angesichts der konkreten Zahlen im Bundeshaushalt kritisch bewertet.

Und kommt zu dem Ergebnis, dass dieses formal und inhaltlich eigentlich gelungene Papier am Ende wohl nicht mehr als eine Mogelpackung darstellt. Im Einzelnen stellt die EVdB fest:

Die Aussagen zu „bereits eingeleiteten oder kurzfristigen Maßnahmen“ sind nicht wirklich Neues, [sie sind]bereits länger bekannt, laufen schon, [und]manche laufen sogar bald wieder aus wie das „Förderprogramm nachhaltige Modernisierung von Binnenschiffen umweltfreundliche Antriebe“ das wahrscheinlich per 31.12.2020 enden wird.
Mittelfristige Maßnahmen beziehen sich meist auf Pilotprojekte, wissenschaftliche Untersuchungen usw.
Kein Wort zu den europäischen Vorschriften der NRMM-Verordnung, die speziell für ältere Binnenschiffe mit bis zu 1.500 Tonnen Ladekapazität kaum umsetzbar sind, da technisch oft nicht möglich und nicht finanzierbar. Aus unserer Sicht stellt dies eine bewusst in Kauf genommene Reduzierung der Binnenschiffbetriebe bis 1.500 Tonnen Ladekapazität dar.
Das akute Liegestellen-Problem wird nur mit Maßnahmen wie „BMVI wird sich im Dialog…“ behandelt. [Quelle: Pressemitteilung der EVdB vom 13.09.2019]

Viel Frachtverkehr auf dem Rhein - hier bei Neuss/Düsseldorf

Viel Frachtverkehr auf dem Rhein – hier bei Neuss/Düsseldorf

Außerdem sei die Aussage, „Die Befahrensabgaben für die Nutzung der Binnenwasserstraßen wurden zum 01.01.2019 abgeschafft. Dies reduziert die Kosten für die Binnenschiffer“ falsch, weil die Ersparnis größtenteils bei den Befrachtern verbleibt und nicht weitergegeben wird. Aber es kommt noch schlimmer. Die Fehler von Verkehrsminister Scheuer bei der Einführung der Pkw-Maut werden in seinem Etat erhebliche Einsparungen erfordern. Deshalb hat Bundesfinanzminister Scholz Kürzungen in erheblicher Höhe im Etat des BMVI vorgesehen, unter anderem im Bereich Binnenschifffahrt. MdB Matthias Stein (SPD), Leiter der Parlamentarischen Gruppe Binnenschifffahrt im Deutschen Bundestag, ist ausgesprochen enttäuscht:

Für die Wasserstraße und die Binnenschifffahrt hätten die Nachrichten für das Haushaltsjahr 2020 kaum schlechter sein können: Keine neuen Stellen und rund 100 Millionen Euro Investitionen weniger – das ist das Angebot des Bundesverkehrsministers an das Parlament. Dabei hat der Bundesverkehrsminister erst im Mai 2019 vollmundig den Masterplan Binnenschifffahrt vorgestellt. Dieser sieht vor, dass in den nächsten Jahren 50 Prozent mehr Güterverkehr vom Lkw auf das deutlich sauberere Binnenschiff verlagert werden. [Quelle: MdB Matthias Stein am 12.09.2019]

Auch der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) kritisiert diesen Teil des Haushaltsentwurfes scharf:

„Es liegt auf der Hand, dass der Haushaltsentwurf überarbeitet werden muss. Es ist schade, dass das Parlament nun korrigieren muss, was die Regierung zuvor versäumt hat, nämlich endlich einen vernünftigen Haushalt vorzulegen, mit dem die Schifffahrt in Deutschland nach vorne gebracht wird. Es gibt hierzu klare Verabredungen zwischen dem Schifffahrts- und Hafengewerbe, der verladenden Industrie und dem Bundesverkehrsministerium, die im ‚Masterplan Binnenschifffahrt‘ nachgelesen werden können“, erklärt BDB-Präsident Martin Staats (MSG, Würzburg).[Quelle: Pressemitteilung des BDB vom 10.09.2019]

Dass ausgerechnet die Binnenschifffahrt das Pkw-Maut-Desaster von Minister Scheuer ausbaden soll, ist der eigentliche Skandal. Denn der war es ja, der die Umschichtung des Güterverkehrs von der Straße aufs Schiff als wichtige umweltschonende Maßnahme verkauft hat. Die ist nun in eine ferne Zukunft verschoben.

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