Nicht wenige Leser*innen haben unseren Beitrag zu den Großplakaten der Kandidat*innen als Generalverriss bewertet. Kann man so machen. Da wird es die eine oder den anderen wundern, dass unser Urteil über die zugehörigen Websites viel positiver ausfällt. Fragt sich nur, woran das liegt? Sind die Web-Leute, die so etwas verantworten, einfach besser, weil moderner als die Papierkramgestalter? Kann gut sein. Denn alle vier Internetauftritte der aussichtsreichsten Kandidat*innen bieten weitestgehend die für Wähler*innen relevanten Informationen und tun auch etwas dafür, dass diese sympathisch rüberkommen.
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Thomas Geisel – Was mit Menschen
Man kennt das ja spätestens seit der erfolgreichen Online-Kampagne des späteren US-Präsidenten Barack Obama: Du brauchst ein, zwei griffige Slogans und vor allem jede Menge Fotos vom Kandidaten im Kreise von Menschen … die hierzulande im Wahlkampfjargon bekanntlich immer „Bürger*innen“ heißen. Genau das Rezept haben die Macher*innen der Thomas-Geisel-Wiederwahl-2020-Website beherzigt. Dass der amtierende OB keine griffigen Slogans, dafür können die Website-Gestalter*innen ja nichts. Dafür aber dürfte das zuständige Team Tausende Fotos durchforstet haben, denn bekanntlich ist der Herr Geisel alles andere als kamerascheu und jederzeit bereit, sich knipsen zu lassen. Wobei: Die persönlichen Lieblingsfotos Ihres ergebenen Berichterstatters sind ja die vom Ehepaar Geisel in ihren immer ziemlich originellen Karnevalskostümen.
Die Struktur der Website ist perfekt. Unter „Über mich“ stellt sich der Kandidat vor. Unter „Themen“ liefert er eine Bilanz dessen, was er seiner Meinung nach in den vergangenen sechs Jahren für Düsseldorf getan hat. Wobei die Überschriften der vier Kapitel merkwürdig wolkig anmuten; oder was soll man sich unter „Verantwortung für Düsseldorf“ vorstellen? Immerhin verkneift es sich der Amtsinhaber größeres Eigenlob im Trump’schen Stil, sondern erzählt uns in Videoclips ein bisschen was. Erst in den Unterkapiteln wird es dann so ein bisschen, na ja, lobhudelnd. Komisch, dass dort immer von „Wir“ gesprochen wird, wenn Thomas Geisel sich doch immer selbst meint. Aber, so ist er halt.
Eine prima Idee ist es, das „Programm“ für die mögliche zweite Amtszeit in zehn Zukunftsbildern zu verpacken. Leider ist den Texter*innen ein bisschen viel Jargon untergekommen, so im Stil von „dieses oder jenes zahlt auf dieses oder jenes ein“. So sprechen Marketingfuzzis. Trotzdem sind diese auch fein illustrierten Themen wirklich brauchbare Diskussionsanlässe. Das gefällt sehr. Dass die Seite mit den Testimonials der Unterstützer unter der Headline „Düsseldorf für TG“ läuft, ist so ein bisschen seifig – zumal niemand (außer denen, die müssen) die Marke „TG“ verwenden dürfte. Insgesamt aber lautet unser Urteil: Die Kampagnenwebsite für Thomas Geisel ist gelungen.
Dr. Stephan Keller – auch nicht spannender als die Großplakate
Das mit Abstand sympathischste Foto des CDU-Herausforderers versteckt sich unter dem Menüpunkt „Newsletter“ – den eh niemand anklickt. Klar, es ist ein Schwarzweißbild, und die haben ja immer was. Aber der Stephan, der zeigt da mal einen sehr menschlichen Gesichtsausdruck, ist ein bisschen leisure gekleidet und posiert im Medienhafen. Im Slider auf der Startseite gibt es dagegen konventionelle Fotos bis zum Abwinken. Die auch noch nach einem eher blöden Konzept betitelt sind: „Tatkraft. Keller.“ – das ist Texterhandwerk von vor zwanzig Jahren. Leider ist auch der Aufbau dieser Homepage mehr so 2015. Immerhin findet man gleich hier die fünf Schwerpunkthemen des Düsseldorf-Köln-Düsseldorf-Pendlers. Die gibt es dann – logisch, logisch – auch unter dem Menüpunkt „Themen„.
Dort geht es dann unter menschenleeren Fotos, die alles und nichts sagen, ans Eingemachte. Und dort haben die Texter*innen dann wahrlich webgerechte Arbeit geleistet, weil die Positionen des Kandidaten nach dem KKP-Prinzip präsentiert werden, also kurz, knapp und präzise. Und wieder solch ein Bruch. Die Seite namens „Profil“ bringt wieder ein sympathisches Foto des Kandidaten und – ein bisschen länglich – seinen Werdegang und seine persönlichen Ziele. Nach der Lektüre kann man sich endlich etwas unter diesem Herrn Doktor vorstellen. Lobenswert auch, dass es ein Blog gibt. Nur haben diejenigen, die es betreuen, nicht so ganz verstanden, was ein Weblogbuch (dafür steht die Abkürzung) eigentlich ist. Wir hätten uns weniger Wahlkampf-Statements und per Erlebnisaufsätze gewünscht, zumal der CDU-Kandidat schreibt, er sei quasi Tag und Nacht in Düsseldorf unterwegs.
Ebenfalls ausgesprochen lobenswert ist der täglich aktualisierte Pressespiegel mit Links auf Artikel in den Online-Ablegern der lokalen Medien. Dann findet man im Hauptmenü noch die Rubrik „Unterstützen“. Im Gegensatz zu Thomas Geisel mit den Statements seiner Unterstützer bittet Stephan Keller hier um Geldspenden und tatkräftige Unterstützung – das wirkt ein bisschen hilflos. Alles in allem ist die Website des Herausforderers auch nicht inspirierter als die Großplakate, immerhin aber für Wähler*innen, die sich noch zu entscheiden haben, mit allen wichtigen Informationen ausgestattet.
Stefan Engstfeld – Schöne Fotos, längliche Podcast
Gleich das erste Foto im Slider auf der Startseite lacht einen an. Ihr sehr ergebener Verfasser dachte spontan: Was für ein netter Kerl. Die anderen Bilder sind ähnlich schön, wobei das Posieren einer*s Kandidat*in mit Fortuna-Schal eigentlich ein No-Go ist – es sei denn, die Person mit dem rotweißen Gebinde sei wirklich Fan und wäre bei jedem Heimspiel (außerhalb der Corona-Zeiten) in der Arena anzutreffen, so wie das bein Stefan Engstfeld der Fall ist. Aber da wirklich nur am Rande. Kleine Anmerkung: Natürlich ist die schiere Bildqualität bei gestellten Fotos besser als bei „Schnappschüssen“, aber hier sieht man, dass echte Fotoprofis am Werk waren. Mit dem Menüpunkt „Meine Ziele für Düsseldorf“ hätten die Macher*innen die Chance gehabt, das Programm des Stefan Engstfeld ähnlich attraktiv zu präsentieren wie der Amtsinhaber. Leider haben sie ein längliches Grußwort des Kandidaten einer überzeugenden, grafisch prima gelösten Präsentation der Themen vorangestellt. Das kostet Scroll-Zeit.
Denn da wird unter einer griffigen Headline und einem illustrierenden Foto ausgesprochen knapp und präzise per Text angegeben, was der Kandidat will, und zwar jeweils mit einer kurzen Einleitung und schnell aufzunehmenden Punktlisten. So gehört das. Warum der Menüpunkt „Persönlich“ eine etwas alberne Unterzeile namens „Natürlich, Stefan“ mitführen muss, bleibt zunächst rätselhaft. Dann aber wird klar, dass sich der Bewerber hier nicht vorstellt, sondern dass man über diese Seite an die Podcasts kommt. Also die als Audiodateien verfügbaren Gespräche der geschätzten Kollegin Elita Wiegand mit Stefan Engstfeld zu relevanten Themen. Die Podcasts sind so um die 20 Minuten lang, und Ihr Ergebener fragt sich ernsthaft, ob und wer sich das wann und wo antut. Sind halt modern, diese Hörspiele…
Sozusagen als generellen Kompetenznachweise bringt der Punkt „Politisch“ ein paar Einblicke in das, was der grüne Kandidat als Angeordneter im NRW-Landtag so treibt. Das ist okay, es fehlt jedoch jeder Bezug auf Düsseldorf. Da hätte man als interessierte*r Wähler*in doch lieber gewusst, wer der Typ eigentlich ist und was der bisher in seinem Leben so gemacht hat. Da muss man dann in der Wikipedia nachschauen – ein Link dorthin wäre wünschenswert. Einen Pressespiegel bringt die Website dankenswerterweise auch. Unter „Kontakt“ wird man um Spenden gebeten. Nun ist Stefan Engstfeld mit einem umgebauten Lastenrad im Wahlkampf unterwegs, und über ein Formular kann man ihn quasi anfordern – eine feine Idee. Schön ist die Wahl-Website des grünen Kandidaten auf jeden Fall, vor allem die Fotos überzeugen. Ebenfalls erfreulich ist die knappe Darstellung seiner Positionen. Ob die Podcasts etwas bringen, wird man vermutlich erst nach dem Wahlkampf wissen.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann – Nicht alles leicht zu finden
Betrachtet man die Startseite des Wahlkampfauftritts der FDP-Dame, merkt man gleich, dass sie eine Gefangene divergierenden Marketing-Konzepte ist. Ihre Kampagne bei der OB-Wahl läuft bekanntlich unter „Düsseldorf verstehen„. Die linke Seite der Homepage bietet folgerichtig einen Link auf die Kampagnenseite gleichen Namens. Die andere Hälfte verlinkt auf die offizielle MdB-Site von Frau Strack-Zimmermann, die mit ihrer Bewerbung um das OB-Amt wenig zu tun hat; allerdings sind dort die interessanten Daten und Fakten zur Person versammelt. Schade, das hätte man gern auf der Website für die Bewerbung gefunden. Treppenwitz am Rande: Die Seite heißt bekanntlich www.duesseldorfverstehen.de, der Titel dann aber „MASZ macht’s“ – dann passt nicht zusammen, was eigentlich zusammenpassen sollte. Zumal dieser Versuch, Strazi zur Marke MASZ zu machen, ausgesprochen gezwungen wirkt.
Der Auftritt der Kampagne zeigt sich dann hochmodern in Form von fünf sogenannten „One-Pagern“, wobei hier wieder „MASZ macht’s“ aufgegriffen wird. Allerdings ausgesprochen altmodisch und eigentlich nicht wirklich webgerecht mit einem Grußwort der Kandidaten in Briefform – gescanntes Autogramm inklusive. Weil die FDP bekanntlich sparen muss, hat man unter „Für Düsseldorf“ dann auch noch die anderen Direktkandidat*innen für den Rat der Stadt untergebracht. Unter dem schnöden Label „Info“ gibt’s Aktuelles und Termine, schön durchmischt, damit man nichts schnell findet. Also muss sich die Programmatik der Marie-Agnes Strack-Zimmermann unter dem Menüpunkt „Düsseldorf verstehen“ verstecken. Aber da kommt dann wieder solch ein sinnloses „Herzlich Willkommen“ und der eingebettete Kampagnenfilm – warum auch immer. Erst nach ein paar Scroll-Zentimetern stößt die*der interessierte Wähler*in dann auf Inhalte.
Ja, Kruzitürken! Aber nix da mit Aussagen und Positionen! Da strahlt einen ein graues Rechteck an und will angeklickt werden. Der Link führt auf ein PDF zum Download. Blöder geht’s kaum. Darunter findet sich ein Button namens „Düsseldorf verstehen“. Klick man den an, landet man genau da, wo man war – bei diesem Button. Oha. Es folgt unter dem Rubrum „Unterstützen“ Werbung für den MASZ-Shop, in dem man Merchandising (kommt teilweise vom umstrittenen Spreadshirt-Shop) mit zugehörigem Link. Aus Sicht von Menschen, denen das Gestalten von Websites das tägliche Butterbrot sichert, kann man nur sagen: Diese Kampagnenseite ist nicht gelungen.