Nach viel Mühe in der ersten Halbzeit und einem Kippmoment in Hälfte 2 gewinnt Fortuna im Pokal doch noch klar gegen die Offenbacher Kickers.
Bericht · Es scheint sich zum Muster dieser Saison zu entwickeln. Die glorreiche Fortuna kriegt es mit einem (teils unerwartet) guten Gegner zu tun und löst die Aufgabe durch harte Arbeit, große Konzentration und maximale Effizienz. Und wenn dann Trainer Daniel Thioune auch noch den Unfug erkennt, den er mit seiner Startaufstellung angerichtet hat, und diesen korrigiert sowie später die bestmöglichen Wechsel vornimmt und das Team noch einmal neu einstellt, dann, ja, dann wird alles gut. Tatsächlich gab es unter den nüchternen Fußballfreund:innen im Bieberer Gästestehblock anfangs ungläubiges Staunen über die taktische Grundordnung und deren Besetzung. Einer meinte knapp: „Was hat Thioune denn geraucht?“ [Lesezeit ca. 9 min]
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Bestenfalls konnte man annehmen, er wolle den Gästetrainer verwirren mit seinem 3-5-2 und einer enthaltenen Doppelspitze mit Rouwen Hennings und Kris Peterson. Pustekuchen! Ganz offensichtlich hatte Alexander Schmidt mit seinem Matchplan das Düsseldorfer Coaching-Team verwirrt, denn die in Schwarz gekleideten Rotweißen kamen in den ersten gut zwanzig Minuten mit dem intensiven Pressing und der körperbetonten Spielweise der Kickers überhaupt nicht klar. Wer nicht wusste, dass der OFC immer noch Viertligist ist, der hätte gedacht, die Kontrahenten spielten in einer Liga.
Loben wir die Gastgeber noch ein bisschen mehr: Dieses Team mit dem Trainer und der gezeigten Mentalität gehört dringend in die dritte Liga. Das liegt auch am Offenbacher Fanvolk, das einen Support lieferte, der sogar bundesligareif war. Die Choreo vor dem Anpfiff war wirklich grandios und eines Traditionsvereins absolut würdig. Dass es auch unter diesen Anhänger Vollidioten gibt, bewiesen ein paar Hanseln, indem sie in der 48. Minute den verletzt, direkt vor ihrem Block liegenden Chris Klarer mit Bierbechern und Feuerzeugen bewarfen.
Besonders positiv hervorheben muss man – wie in Offenbach fast immer – die örtliche Polizei, die den Ansturm der 3.000 Fortuna-Fans samt völlig überfülltem Gästeparkplatz bei der An- und Abfahrt gelassen und freundlich im Griff hatten und die rotweißen Anhänger durch den Park geleiteten. Fantrennung ist beim OFC wichtig, denn in dieser komischen Stadt gibt es ziemlich schlagfeste Gestalten, von denen sich einige auf deren Tribüne immer wieder drohend aufbauten. Der drohende Zusammenstoß am Gästeparkplatz fand dann doch nicht statt. Dafür marschierte ein Trupp Düsseldorfer Rechtsdreher nach Spielschluss unter Polizeischutz Richtung S-Bahn, Nazi-Lieder absingend und teilweise den Hitlergruß präsentierend. Muss auch keiner haben.
Wie intensiv die Kickers die Partie gestalteten, beweist die Statistik, in der für die Hausherren 19, für F95 am Ende nur neun Torschüsse stehen. Tatsächlich setzten die OFCler schon in den ersten fünf Minuten vier Bälle in Richtung von Flo Kastenmeiers Hütte ab; etwas Genaues war allerdings nicht dabei. Einen Hauch mehr Präzision bei Fernschüssen und etwas mehr Konsequenz bei Gelegenheiten im Düsseldorfer Sechzehner, und es hätte in den ersten 20 Minuten vermutlich im F95-Tor geklingelt.
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Der Ergebene sieht es so: Dass unsere glorreiche Fortuna so dermaßen unter Druck geriet, war nicht nur Folge der energiegeladenen Spielführung der Kickers, sondern auch dieser anfangs erwähnten eigenartigen Aufstellung. Sicher, eine Dreierkette wird heute gewöhnlich angeordnet, wenn eine Mannschaft auf Mittelfeldbeherrschung spielt, aber im Fall der Fälle auf eine defensive Fünferkette umstellt. An den beiden Ende der Mittelfeldkette hat man dann je einen Flügelstürmer, dazu zwei nebeneinander angeordnete Sechser und einen Zehner. Bei der real existierenden Aufstellung beackerte Felix Klaus also die rechte Seite, und links? Na ja, da gab dann Nicolas Gavory den Außenläufer – übrigens gar nicht mal schlecht.
Mit dieser Ordnung verwirrte Trainer Thioune auf jeden Fall schon mal die Berichterstatter, von denen manche das 3-5-2 erkannten, andere eine Vierkette mit drei Innenverteidiger sahen und sogar ein 4-3-2-1 gesehen wurde. Vielleicht war das ja auch der Plan, diese Verwirrung anzurichten (siehe oben). Viel später im Spiel stellten die Coaches dann so um, dass Klarer einen rechten Außenverteidiger mimte, der sich zunehmend ins Offensivspiel einschaltete und bisweilen bis zur Grundlinie durchlief, so wie es auf dem anderen Flügel Gavory das ganze Spiel über versuchte. Das zwang dann aber Felix Klaus mehr in die Mitte, wo er sich offensichtlich nicht wohlfühlte.
Bis zu der alles entscheidenden Wechselei in der 61. Minute eierte die ganze Sache, und hätten Cello Sobottka (fast im Stile eines klassischen Liberos), Ao Tanaka und Shinta Appelkamp nicht so sehr harmoniert und auf diese Weise das Mittefeld defensiv und offensiv beherrscht, wer weiß, ob die Offenbacher nicht noch gefährlich für die Fortunen geworden wären. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Als zweite Spitze neben Rouwen Hennings agierte Kris Peterson auch nur eine knappe halbe Stunde – und das sah alles sehr merkwürdig aus. Auffällig bei unserem Schweden, dass er beim Dribbling außergewöhnlich oft stolpert oder ausrutscht; vielleicht muss der Materialwart mal nach dem Kris sein Schuhwerk schauen.
Und zum ersten Mal in der aktuellen Saison hatten wir Fortuna-Fans mal wieder das Vergnügen, einen original echten Kastenmeier-Moment zu erleben. In der 54. Minute trifft er beim Abschlag einen vorbeiflitzenden Kickers-Kicker, der sich den abgeprallten Ball erläuft und von Jordy de Wijs mit maximalem Körpereinsatz gerade noch am Einlochen gehindert werden kann. Ansonsten bekam der Flo bei den vielen Torschüssen der Gastgeber relativ wenig Gefährliches auf seinen Kasten, und was kam, entschärfte er vorwiegend mühelos.
Einen schwer gebrauchten Tag hatte Schiedsrichter Cortus gezogen, der ja ohnehin für schwankende Leistungen bekannt ist und der Fortuna schon manchmal nicht gut getan hat. Der wirkte überfordert – vielleicht sogar von dieser intensiven Atmosphäre auf dem Bieberer Berg – und war in erster Linie verantwortlich für die Hektik in der zweiten Halbzeit, die sich in einem Rudel nach der Wurfaktion gegen Klarere äußerte und in einer durch nichts zu rechtfertigenden Härte der Kickers, die spätestens nach dem 3:1 für Fortuna umsensten, was nicht sofort auf den Baum kletterte. Cortus griff viel zu spät ein, ermahnte nicht immer die Richtigen und leistete sich eine grobe Fehlentscheidung in der 67. Minute. Cello hatte einen Offenbacher mit einer klasse Grätsche vom Ball getrennt und sah für die Aktion Gelb. Weil sich Sportdirektor Christian Weber auf der Bank tierische darüber aufregte, hielt Cortus auch im die gelbe Pappe vor die Nase.
Kommen wir zu dieser 61. Minute, die alles veränderte. Da stand es 2:1 für die glorreiche Fortuna, und die Partie drohte zu kippen, weil die Kickers-Kicker immer dringender und drängender in Richtung Kastenmeier anstürmten und der Ausgleich in der Luft lag. Und wieder: Wer weiß, wie’s ausgegangen wäre, hätte der OFC ausgeglichen… Nun aber tauschte Thioune die angebliche Doppelspitze aus. Für Hennings (äußerst unauffällig, aber fleißig) und Peterson kamen Dawid Kownacki und Daniel Ginczek, die dann wirklich beide in der Spitze spielten, Kownacki mehr links, Ginczek eher rechts. Und das brachte das Kippmoment in unsere Richtung.
Wenn euer Ergebener es im Trubel des Auswärtsblocks richtig gesehen hat, stellte Thioune jetzt wirklich auf Viererkette um und beorderte Appelkamp mehr in Richtung linker Außenbahn; das ähnelte dann dem, was wir gegen Paderborn gesehen haben. Ginczek und Kownacki brannten vom ersten Schritt auf den Rasen wie Bengalos. Und in der 71. Minute war es dann so weit. Daniel und Felix spielen Doppelpass, Ginczek kommt in den Sechzehner. Und da hat euer Ergebener ihn zufällig voll im Blick und erkennt: Der WILL JETZT EIN TOR machen. Und haut das Ei mit voller Gewalt ins lange Eck. Zack! Dass derselbe Herr Ginczek nur acht Minuten später zum zweiten Mal einnetzt, macht die Sache rund. Dieses Mal kriegt er nach einer schicken Balleroberung durch Kownacki die Pille von Tanaka in den Lauf gelegt und drischt ihn wieder vom Rand des Fünfers ins kurze Eck. Mit dem 4:1 war der Fisch geschuppt, der Rest war Geplänkel, der Wille der Offenbacher war gebrochen.
Bis zum 1:0 hatten die Auswärtsfahrer allerdings eher die Angst, es könne nach acht Jahren mal wieder zu einem Aus in der ersten Pokalrunde kommen, denn der OFC war überlegen, und mehr als harte Verteidigungsarbeit hatten die Fortunen nicht entgegenzusetzen. Dass die Coaches in der Vorbereitung an den Standards haben feilen lassen, zahlte sich aus. Gavory schlug eine Ecke (die zweite nacheinander) an die Kante des Fünfmeters, wo Andre Hoffmann wie eingeübt einläuft, abhebt und den Ball in die Maschen torpediert.
In der 54. Minute zeigten sich dann auch noch die Fortschritte im Umschaltspiel. Nach dem Kastenmeier-Moment und unter Druck des OFC kommt die Pille zu Tanaka, der läuft und läuft und den mitlaufenden Peterson sieht, im exakt richtigen Moment passt, sodass Kris sauber ins lange Eck eintüten kann. Das war das 2:0, aber die Anhänger der glücksgöttlichen Fortuna waren beileibe nicht beruhigt. Und das zu Recht. Nur drei Minuten später gibt es Getümmel in Flos Sechzehner. Ein Schuss aufs Tor, noch einer, ein Abpraller und noch ein Schuss (das waren wirklich vier der 19 Kickers-Torschüsse!) und der letzte sitzt. Da war klar: Dieser Pokaldrops ist noch nicht gelutscht. Wie erwähnt: Die Reaktion von der Bank kam postwendend und drehte das Blatt.
Für euren zutiefst ergebenen Fortuna-Berichterstatter war es die erste Auswärtsfahrt seit dem Februar 2020 zum Pokalsieg gegen K’lautern, also damals kurz vor dieser Pandemie. Einige Effekte, die es in den Stehblöcken bei Gastspielen gibt, hatte er vergessen. Zum Beispiel Leute, die stramm wie Haubitzen zum Anpfiff erscheinen, und sich neben dem Konsum von Substanzen vor allem ihrem Smartphone widmen, um serienweise Selfies zu schießen. Oder wie mühsam es ist, von ganz oben durch die treppenverstopfenden Massen ans Getränk oder in die Waschräume zu gelangen. Auch nicht mehr auf dem Schirm, dass die Ultras dauerwedelnd eine Sichtschranke errichten, sodass rund ein Drittel der Stehplatzbesucher:innen vom Spiel wenig bis nichts mitbekommt. Vielleicht sollte man genau da die Typen platzieren, die eh nicht zugucken wollen.
Der Support war durchgehend flächendeckend und lautstark, wobei die neue Lyrik einiger Lieder doch weit jenseits der Kitschgrenze siedelt und sich die Mitgereisten eben doch nicht zwingen lassen, den Blödsinn mitzusingen. Wo UD doch so ein breites Repertoire an Dingern auf Lager hat, die jede:r kennt und gern mitsingt oder -grölt. Das bisschen Feuer und Rauch zu Anfang und kurz zwischendurch – geschenkt. Die Stimmung hebt der Feuerzauber schon lang nicht mehr, und inzwischen haben alle auch mal einen brennenden Bengalo mit dem Smartphone abfotografiert.
Was zählt ist der Sieg und das Vorrücken in die zweite Runde. Einige diese Sache diskutierende Mitgereisten waren sich nicht sicher, ob man lieber ein Heimspiel gegen einen höherklassigen Club hätte oder noch eine stimmungsvolle Auswärtsfahrt zu einem Dritt- oder Viertligisten. Euer Ergebener wäre für Letzteres, würde dann aber mal einen Sitzplatz probieren – man ist dann einfach schneller am Bier und auf dem Klo.
5 Kommentare
Der Ergebene könnte beginnen seine bisweilen allzu selbstgerechten, pseudo-süffisanten sprachlichen Erzeugnisse nach Vollendung nochmal auf Ausdrucks- und Rechtschreibfehler zu überprüfen, bevor er unnötige Spitzen in Richtung der aktiven Fanszene bezüglich des Inhalts neuer Lieder von sich gibt.
Für die Überprüfung hat der Ergebene ja seine Fans. Und außer der Kritik an diesem Kitschlied hat er an der Fanszene nichts, aber auch gar nichts auszusetzen. Steht auch so im Artikel.
Hurra, endlich mal wieder Joker-Tore von Fortuna! Dit macht ma janz viel Mut!
Und für ALBUNDIE1bis3:
Dies ganz ohne pseudo-süffisante Ausdrucksschwächen, hoffentlich auch tippfehlerfrei, aber mit allen notwendigen Ginczek-Spitzen 😉
Ultras. Ja, ich erkenne beim größten Teil der Lieder nicht, wie da die eigene Mannschaft angefeuert und die gegnerische verunsichert werden soll.
Keine Schlachtrufe sondern selbstbeweihräuchernder, weinerlicher Gesang. Lalalalala Lalalalala und Fähnchen schwenken .
Für mich reine Selbstdarstellung.
ich finde gut, dass die Werbung vor der Kurve verschwunden ist. Außerdem finde ich gut das eine Gruppe innerhalb von Fortuna so strukturiert und motiviert ist, solche äußerlichen (notwendigen?) Voraussetzungen zu ändern. Mein Respekt.