… ehrlich gesagt: Sie waren mir von Anfang an unsympathisch. Hat eine Menge mit einen persönlichen Ressentiments gegen Schwaben, aktive Christen, Marathonläufer und Industriemanager zu tun. Natürlich habe ich Sie nie gewählt – nicht mal bei der Stichwahl 2020. Da habe ich zum allerersten (und vermutlich zum allerletzten) Mal in meinem Leben das Kreuzchen bei einem Kandidaten der CDU gemacht. Tatsächlich haben Sie ja auch die Oberbürgermeisterwahl 2014 nicht gewonnen. Damals hat der Oberlangweiler der Stadt, ein gewisser Herr Elbers, verloren.

Manchmal laufen Sie mir jetzt als Nicht-mehr-OB in der Stadt über den Weg. Weil wir uns ja vom Sehen kennen, schauen Sie mich dann immer ein bisschen irritiert an, wenn ich aus lauter Höflichkeit grüße. Geht in Ordnung, denn Sie haben ja in Ihrem grenzenlosen Vernetzungswahn während der Amtszeit irrsinnig viele Leute kennengelernt. Eigentlich sollten Sie sich doch freuen, dass Normalbürger:innen noch auf der Straße grüßen. Denn Aufmerksamkeit war Ihnen ja immer wichtig.

Sehr wichtig sogar. Ungefähr so wichtig wie Ihrem Vorvorgänger Joachim Erwin. Wie der wollten Sie sich in Ihrer Zeit als Oberbürgermeister dieser Stadt auch das eine oder andere Denkmal setzen. Notfalls gegen jeden Widerstand. So holten Sie für 2017 tatsächlich die Startetappe der Tour de France nach Düsseldorf, was uns Steuerzahler:innen nach Schätzungen rund 12 Millionen Euro gekostet hat. Ohne dass nennenswert was reingekommen wäre.

Überhaupt fällt die Bilanz Ihrer Ägide irgendwie mau aus. Sagen wir zu Ihren Gunsten: Es ist nicht schlimmer geworden. Aber auch nicht besser. Ihre Neigung zu Schnellschüssen und Alleingängen ist legendär. Man denke nur an diese völlig bekloppten Pop-up-Radwege. Überhaupt haben Sie die sogenannte „Verkehrswende“ nicht wirklich vorangetrieben, dafür aber oft in Sportklamotten und mit dem Rennrad für Fotografen posiert. Einer der peinlichsten Momente: Als Sie kurz nach Ihrer Wahl die Fortuna-Fans in der Arena damit beeindruckend wollten, dass Sie Rad auf dem Rasen schlugen.

Nun scheint es so, als wären Sie der Ansicht, Ihre Meinung wäre noch irgendwie wichtig. Anders lässt sich Ihre mediale Umtriebigkeit nicht erklären. Ihr Buch über die Amtszeit liest sich wie eine reine Rechtfertigung Ihres Treibens als OB. Manche Gastbeiträge in den Medien animieren zum Fremdschämen. Und nun Ihre denkwürdige Einlassung auf Ihrem Blog mit dem bescheuerten Titel „Was mich umtreibt“ zum Krieg in der Ukraine.

Man fragt sich, wer Sie eigentlich um Ihre Meinung gebeten hat. Und ob Sie so verscheuklappt sind, dass Sie glauben, die potenziellen Leser würden nicht in der Wikipedia nachschauen und/oder sich erinnern, dass Sie seinerzeit bei der E.on Ruhrgas AG ausgerechnet für den Einkauf von Gas zuständig waren. Zwar vor allem für Käufe aus Norwegen, den Niederlanden und anderen harmlosen Staaten, aber – auch das kann man nachlesen – voll auf Gerhard-Schröder-Linie. So jemand sollte in Sachen Ukraine besser öffentlich nichts sagen oder sehr vorsichtig dabei sein.

Nun habe ich Ihren bundesweit mit Empörung aufgenommenen Blog-Beitrag tatsächlich gelesen und mich nicht nur an den Empörungssturm angehängt. Muss sagen: Mit Ihrer Kritik am ukrainischen Botschafter Melnyk liegen Sie meiner Meinung nach völlig richtig. Über Ihre Position zur Lieferung schwerer Waffen kann man diskutieren. Was aber gar nicht, überhaupt nicht und unter gar keinen Umständen geht, ist irgendeine Relativierung von Massenmorden.

Nachdem Sie auf Bitten (ähem) des SPD-Spitzenkandidaten bei der NRW-Wahl den ursprüngliche Beitrag gelöscht haben, hielten Sie es für richtig, eine Rechtfertigung nachzuschieben. Sie bedauern die erwähnte Relativierung, regen sich dann aber über den Shitstorm auf, der sich über Sie ergossen hat. Geht’s noch? Sie äußern sich öffentlich und sind dann angepisst, weil Leute ihre Äußerungen scheiße finden?

Mein Empfehlung (die auch für anderen Menschen gilt, die sich für wichtig halten und deshalb öffentlich Meinung absondern): Erst denken, dass schreiben. Und vor dem Denken am besten noch recherchieren oder wenigstens mal die öffentliche Meinung zu dem Thema abklopfen, zu dem Sie sich äußern zu müssen meinen. Komischerweise habe ich nichts anderes von Ihnen erwartet als im Nachhinein die beleidigte Leberwurst zu geben; darin waren Sie schon immer gut.

3 Kommentare

  1. Geht eigentlich auch mehr als 100 Prozent Zustimmung? Lieber Rainer, das kann ich alles exakt so mit unterschreiben. Gut, ich treff‘ ihn nie. Aber das ist ja auch besser so.

  2. Meine Güte …

    Wie war das mit der ungefragten Meinungsäußerung („… Absonderung …“) , der medialen Umtriebigkeit, den Peinlichkeiten und dem Fremdschämen?

    Woran erinnert mich ihr Beitrag?

    Sie haben hier eine Verantwortung.

  3. „Erst denken, dann schreiben“ – ihre Worte. Und dann beginnen Sie ihren Artikel direkt mit dem Eingeständnis ihres vorverurteilenden Hass (sie nennen es „Ressentiments“, aber da sehe ich keinen großen Unterschied) auf einzelne Bevölkerungsgruppen, die anders sind als Sie. Das ist der typische Stil von Afd-Anhängern und Afd-Politikern:“Anders als ich ist schlecht.“ Denken Sie mal drüber nach.