Ein eisenharter Spruch besagt: Trainer und Spieler kommen und gehen, wir Fans aber bleiben. Angesichts der Tatsache, dass viele Anhänger zehn, zwanzig oder gar fünfzig Jahre zu den Heimspielen tapern und zu Auswärtsspielen reisen, während kaum ein Spieler je auf mehr als zwölf bis maximal 15 Dienstjahre bei einem Club kommen, lässt sich gegen diese Aussage wenig einwenden. Wie aber steht es mit den Sportjournalisten? Immer wieder hört man in Pressekonferenzen und Interviews, dass ein Medienvertreter den Gesprächspartner freundschaftlich beim Vornamen nennt und das vertrauliche Du benutzt. Da fragt man sich als Fan dann schon: Wie kann ein Journalist so noch neutral berichten?

Am meisten verwundert es, wenn ein lokaler Pressemensch gleich bei der zweiten oder dritten offiziellen Begegnung mit einem neu verpflichteten Trainer diesen duzt und womöglich kumpelhaft rumflachst. Das kann man eigentlich nur so verstehen, dass die beiden Beteiligten gleich in den ersten Tagen Brüderschaft getrunken haben. Der Autor dieser Kolumne hat sich bisher nur mit einem einzigen Fortuna-Spieler angefreundet – nach dessen Wechsel zu einem anderen Verein. Und ist auf das Duz-Angebot eines Sportverantwortlichen nur zögernd eingegangen. Es ist halt leichter, in einer PK zu fragen „Wann treten Sie endlich zurück, Herr Rösler?“ als ihn per Du zu piesacken.

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Duzen, um an exklusive Infos zu kommen

Die andere Seite der Medaille aber ist die grassierende Informationspolitik der Kommunikationsabteilungen der Vereine. Pressemitteilungen und Pressekonferenzen sind Rituale mit geringer Aussagekraft über die (hoffentlich) jeweils vermittelten Information hinaus. Und wären diese PR-Maßnahmen die einzigen Informationsquellen, sähen die Berichte aller Medien immer gleich und immer dürftig aus. Weil aber Sender, Blätter und Portale in der modernen Medienlandschaft miteinander konkurrieren, sind alle Journalisten bestrebt, möglichst exklusive Aussagen von Trainer und Spielern zu ergattern.

Die bekommt man aber nur auf direktem Weg, also vorbei an den Kommunikationswachhunden des Clubs. Also beschafft sich der ambitionierte Spochtrepochter zuerst immer die Mobilnummer eines neuen Trainers oder Spielers und nimmt baldmöglichst Kontakt mit ihm auf. Man trifft sich auf einen Kaffee, man ist sich vielleicht sogar sympathisch und schnell ist man beim Du. Die sportlichen Akteure schätzen solche persönlichen Beziehungen auch, denn der gute Draht zu einem Journalisten kann für einen Spieler oder Trainer auch hilfreich sein – und sei es nur, um im Zweifel in der Öffentlichkeit besser dazustehen.

Der Spochtrepochter als echter Fan

Eine besondere Situation besteht bei den Pressevertretern, die gleichzeitig echte Fans des Vereins sind, vielleicht schon seit Kindesbeinen, die also (siehe oben) Spieler und Trainer haben kommen und gehen sehen, die sich mindestens genauso sehr als Teil des Clubs fühlen wie als Vertreter des Mediums, das sie bezahlt. Die neigen dazu, alle Menschen im Verein als Teil ihrer Familie zu sehen und können gar nicht anders, als alle – vom Vorstandsvorsitzenden bis zum Busfahrer – zu duzen. Trotzdem die nötige journalistische Distanz zu halten fällt diesen Kollegen naturgemäß schwer.

Welcher Medienvertreter wie gepolt ist, lässt sich prima bei Heimspielen auf der Pressetribüne in der Arena verfolgen. Denn längst nicht alle Journalisten, die für ein lokales Medium berichten, jubeln, wenn die glorreiche Fortuna ein Tor schießt oder am Ende eine Partie gewinnt. Das hat aber auch damit zu tun, dass es sich mit Lokaljournalisten teilweise so verhält wie mit Profikickern: Sie kommen von irgendeinem Provinzblatt aus Ostwestfalen oder Südhessen nach Düsseldorf, sie bleiben eine Weile und wechseln dann möglicherweise zu einem überregionalen Fernsehsender wie Sky, ZDF oder Sport1. Eine Identifikation mit F95 kann man von solchen Kollegen nun wirklich nicht verlangen.

Fazit

Am Ende hat das wilde Duzen von Trainern und Spielern durch Medienvertreter zwei Seiten – eine beruflich-taktische und eine menschlich-ehrliche. Diese beiden Varianten lassen sich nicht immer leicht unterscheiden, am ehesten noch, wenn man sich den Berufsweg eines Journalisten, der mit dem Du um sich wirft, anschaut. Könnte sein, dass es sich in Wahrheit um einen Fan handelt.

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