Kein Frage, die Hohe Domkirche Sankt Peter zu Köln, die wir alle kurz und liebevoll „Kölner Dom“ nennen, ist der eindrucksvollste Rheinbau in unserer Region. Ja, der Dom ist – neben der Basilika St. Lambertus zu Düsseldorf – die Kirche, die von Nicht-Rheinländern am stärksten mit unserem großen Strom verbunden wird. Mehr noch: Der Kölner Dom war und ist für viele Menschen immer noch das prägendste religiöse Bauwerk ganz Deutschlands. Das hat viel mit der über 750-jährigen Geschichte dieser neugotischen Kathedrale zu tun.
Denn nachdem am 1248 begonnene Sakralbau über 300 Jahre lang nicht weitergebaut worden war, entdeckten die erste Protagonisten des deutschen Nationalstaates den Dom zu napoleonischer Zeit und schafften es, mit ihrer unermüdlichen „Public Relations“ aus dem Unvollendeten ein kommendes Nationaldenkmal zu machen – allen voran der kölsche Kunsthändler Sulpiz Boisserée. Dessen stures Beharren auf dem Weiterbau des Doms passte gut zur Kampagne rund um den „Deutschen Rhein“, die von den bürgerlich-demokratischen Kräften im 19. Jahrhundert betrieben wurde.So konnte der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. quasi als Botschafter der guten Sache gewonnen werden, der zu Beginn seiner Amtszeit dem Streben nach einem deutschen Nationalstaat nicht abgeneigt war. Dass der von den bürgerlichen Demokraten definitiv weder als König-, noch als Kaiserreich gedacht war, dämmerte ihm spät und bewog ihn zu einer harten Hand gegenüber den Neuerern. Für die Bewohner der Stadt Köln aber hatte der Beginn der Bauarbeiten im Jahre 1842 aber wieder einmal vor allem wirtschaftliche Bedeutung, denn die Baustelle brachte Umsätze und Arbeitsplätze.
Dass der Kölner Dom die heute bekannte neugotische Gestalt annahm, beruht auf dem Missverständnis, dieser Baustil sei typisch deutsch – wo doch die wirklich bedeutenden gotischen Kathedralen allesamt in Frankreich stehen. Gleichzeitig orientierte man sich aber an den Bauplänen des 13. Jahrhunderts, die vorhanden waren oder im 19. Jahrhundert wiedergefunden wurden. Dabei war der Dom zwischen 1528 und 1823 nicht einfache eine Baustelle. Der Chor war sehr früh fertiggestellt worden und wurde als Kirche genutzt. In den diversen provisorisch nutzbaren Ecken fand kirchliches Leben statt – allerdings stand zwischen dem Chor und dem über 300 Jahre lang brach liegendem Langhaus eine Mauer.
Der Weiterbau fiel in die Zeit der galoppierenden industriellen Revolution, und das zeigt sich an vielen Stellen deutlich. So wurde der Dachstuhl des Langhauses aus Eisen angefertigt und war bis zum Bau des Eiffelturms in Paris die größte Eisenfachwerkkonstruktion der Welt. Dieser ungewöhnlichen Materialwahl verdankt der Kölner Dom vermutlich auch, dass er im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurde. Es ist eine Legende, dass die Hohe Domkirche bei den vielen Bombardierungen durch die Alliierten verschont blieb. Im Gegenteil: Über 70 Mal wurde der Dom getroffen, allein 14 Mal durch schwere Fliegerbomben. Einer der Türme stand 1944 kurz vor dem Einsturz, das Dach wurde einige Male schwer getroffen. Dass der Dom das äußerlich fast unbeschadet überstand, verdankt er unter anderem dem eisernen Dachstuhl, der nicht brannte, sowie den ausgesprochen stabilen Fundamenten, vor allem aber der raschen Reaktion der Kölner Bürger, die mit der legendären „Domplombe“ aus Ziegelsteinen einen schweren Schaden innerhalb von Tagen so bearbeiteten, dass die Strukturen standhielten. Heute ist der Dom nicht nur ein regulär genutzter Sakralbau und Wahrzeichen der Stadt Köln, sondern Ziel von Touristen aus aller Welt. Leider erleben nur wenige den spektakulärsten Blick, den man hat, wenn man mit einem Ausflugsschiff auf dem Rhein talwärts Richtung Düsseldorf fährt und die Kathedrale etwa ab der Unterquerung der Südbrücke über der Altstadt aufragen sieht.Fertig wird der Dom übrigens so lange nicht sein wie er noch steht, denn ein Bauwerk dieser Art und Komplexität muss kontinuierlich gepflegt, saniert und restauriert werden. Zuständig ist dafür die Dombauhütte, deren frühere Leiterin Barbara Schock-Werner einmal sagte, dass es ein ganz schlechtes Zeichen wäre, wenn es keine Gerüste und Baustellen mehr am Dom gäbe, denn das könne nur daran liegen, dass es kein Mittel für seine Instandhaltung mehr gäbe.
[Luftaufnahme: Neuwieser via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 2.0]