Nicht nur diese Eisenbahnbrücke selbst, sondern vielmehr der Ort, an dem sie steht, könnte geschichtsträchtiger nicht sein. Denn die Duisburg-Hochfelder Eisenbahnbrücke ist aufs Engste mit der Geschichte des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet verbunden. Man kann auch sagen: Ohne die rasante Entwicklung des Bergbaus ab den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts wäre an dieser Stelle vermutlich nie eine Rheinquerung entstanden. Ausgangspunkt war der Bedarf an Kohle auch im Linksrheinischen, im Raum Aachen-Köln, in Ostbelgien und in den Niederlanden. Um diese neuen Märkte versorgen zu können, wollte die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft eine Brücke zwischen Hochfeld und Rheinhausen bauen. Aber das preußische Militär verbot dies.

Modell eines Trajekts ähnlich dem bei Duisburg

Modell eines Trajekts ähnlich dem bei Duisburg

Also entstand an der gewünschten Stelle 1866 zunächst nur ein Trajekt, also eine Eisenbahnfähre, die Güterzüge waggonweise von Duisburg ans linke Ufer transportierte, wo diese dann auf den Gleisen der Bahngesellschaft die genannten Regionen anfuhren. Für die Preußen hatten Rheinbrücken in jenen Jahren ausschließlich militärische Bedeutung und waren strategisch wichtige Elemente in den Vorbereitungen auf kriegerische Auseinandersetzungen mit dem Erzfeind Frankreich. Man war in Berlin der Ansicht, dass lokale Fähren für den Personentransport und Warenverkehr ausreichten und wollte feste Brücken nur in den Garnisonsstädten, also Düsseldorf, Köln, Koblenz und Mainz.

Die linksrheinischen Pfeiler der alten Brücke samt Tambour-Anlagen (Quelle: Wikimedia)

Die linksrheinischen Pfeiler der alten Brücke samt Tambour-Anlagen (Quelle: Wikimedia)

Die Bedeutung der Eisenbahn erkannten die Preußen auch erst, als moderne Militärs die Möglichkeit skizzierten, Truppen und Material auf Schienen an die mögliche Front zu bringen. So vergab man ab 1870 Konzessionen an die Bahngesellschaften, die den Bau und Betrieb von Rheinbrücken erlaubten. Die konnten aber nur eingelöst werden, wenn eine umfangreiche Liste Bedingungen erfüllt wurden, die der militärischen Nutzung dienten:

  • Bau von Minenkammern in allen Brückenpfeilern,
  • Bau von Verteidigungstürmen (Tambour-Anlagen) auf beiden Brückenköpfen und daran angeschlossene
  • Drehbrücken zum Abschluss der Brücke im Kriegsfall.
  • Entfernung der Trajektanlagen an den Ufern
  • Zahlung von 300 Talern an den Militärfiskus für zwei Kanonenboote.

[Quelle: Wikipedia]

Die erste Eisenbahnbrücke zwischen Duisburg und dem Linksrheinischen auf einem zeitgenössischen Foto

Die erste Eisenbahnbrücke zwischen Duisburg und dem Linksrheinischen auf einem zeitgenössischen Foto

Damit waren Konstruktion und Gestaltung einer Brücke schon sehr weitgehend vorgegeben, und weil die Technik des Stahlbaus noch nicht sehr weit fortgeschritten war, ähnelten sich die Brücken in der preußischen Rheinprovinz, die in dieser Ära entstanden, weitgehend. Die erste, Duisburg-Hochfelder Eisenbahnbrücke, die in der Rekordzeit von knapp zwei Jahren als Teil der Strecke Essen-Osterrath erbaut und im Dezember 1873 eröffnet wurde, war zweigleisig angelegt und war natürlich wesentlich leistungsfähiger als das alte Trajekt, das unmittelbar nach der Eröffnung stillgelegt wurde.

Allerdings hatten die Verantwortlichen nicht vorsehen können, in welchem Maße sich die Nutzung der Brücke steigern würde. Schon 1910, also nach etwas mehr als 35 Jahren Betrieb, wurden schwere Schäden an der Konstruktion festgestellt. Man ging bei der inzwischen zu den preußischen Staatsbahnen gehörenden Gesellschaft an die Planung einer neuen Brücke, die aber wegen des ersten Weltkriegs zunächst nicht gebaut wurde. Zum Neubau kam es erst 1925, also nach der kompletten Verstaatlichung aller Eisenbahngesellschaften und der Gründung der Deutschen Reichsbahn.

Die sogenannte "Victory-Bridge" von 1945

Die sogenannte „Victory-Bridge“ von 1945

Wenige Meter neben der alten wurde die neue, nun viergleisige Brücke in Parallelfachwerkbauweise errichtet und im Oktober 1927 eröffnet. Die alte Brücke wurde abgerissen, nur der linke Brückenpfeiler blieb erhalten. Nur hatte diese Brücke nicht sehr lange Bestand. Ein Bombentreffer machte sie Mai 1944 unpassierbar, also keine 17 Jahre nach dem Bau. Zwar konnte der Schaden ausgebessert werden, im März 1945 wurde die Brücke jedoch – wie fast alle Rheinbrücken in der Region – von der Wehrmacht gesprengt. Aber auch für die alliierten Besatzungstruppe war eine Rheinquerung an dieser Stelle von enormer Bedeutung. So schufen US-amerikanische Pioniere eine Behelfsbrücke, ungefähr da, wo die erste Brücke gestanden hatte. Nach kaum zwei Monaten war diese Brücke fertig und nutzbar.

Die Brücke von 1949, die noch heute genutzt wird (Foto: Route Industriekultur)

Die Brücke von 1949, die noch heute genutzt wird (Foto: Route Industriekultur)

Man begann, die Reste der 1927er-Brücke zu sichten und zu bergen; die insgesamt vierte Duisburg-Hochfelder Eisenbahnbrücke, die noch heute im Betrieb ist, entstand so etwa zur Hälfte aus dem Material der zweiten Brücke und konnte 1949 eröffnet werden. Außer dem Güterverkehr wird sie seit vielen Jahren vom regionalen Personenverkehr genutzt und bildet so immer noch eine wichtige Verbindung zwischen dem Ruhrgebiet und dem linken Niederrhein sowie die Region Jülich-Aachen.

[alle Abbildungen via Wikimedia und in der Public Domain außer: Brückenpfeiler – Harald Lordick via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Brücke von 1949 via www.route-industriekultur.ruhr]

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