Mit großer Sicherheit ist die Severinsbrücke das schönste Mitglied der Kölner Brückenfamilie. Der elegante, A-förmige Pylon trägt den leicht gekrümmten Brückenkörper, der sich zwischen dem Severinsviertel im Süden der Innenstadt und Deutz über den Rhein und über den Deutzer Rheinhafen spannt. Obwohl erst 1959 eröffnet, war diese Querung ein entscheidender Schritt bei der Zusammenführung der eingemeindeten, rechtsrheinischen Stadtteile. Denn bis dahin gab es ja nur die gute, alte Deutzer Brücke als Verbindung zur „schäl Sick“, und die war eher auf den Fernverkehr ausgerichtet. Auch das legendäre „Kölner Brückengrün„, diese spezielle Farbe, mit der inzwischen alle Brücken auf dem Stadtgebiet der Millionenmetropole angestrichen, wirkt an diesem Bauwerk besonders edel.

Der Deutzer Rheinhafen und die Severinsbrücke

Der Deutzer Rheinhafen und die Severinsbrücke

Tatsächlich handelt es sich bei der Severinsbrücke um den ersten Kölner Brückenneubau nach dem zweiten Weltkrieg; eine Vorgängerquerung gab es an dieser Stelle nicht. Wie ja die Idee, das linke und das rechte Rheinufer mehrfach mit Brücken zu verbinden, relativ spät im 20. Jahrhundert aufkam. Das hatte – man höre und staune – immer noch etwas mit der römischen Vergangenheit der Colonia Agrippina zu tun, denn zu Zeiten der alten Römer war Köln eine Grenzstadt, und der Rhein war die Grenze. Was sich auf dem rechten Ufer gegenüber tat, nahm man in der Metropole noch bis weit ins neunzehnte Jahrhundert als fremd und suspekt wahr. Der im Jahre 310 als Steg auf Holzpfeilern angelegte Übergang in Feindesland geschah auf Höhe der heutigen Deutzer Brücke unter starker militärischer Aufsicht war aus strategischer Sicht die einzige Möglichkeit, den Rhein zu überqueren.

Google-Map: Severinsbrücke

Google-Map: Severinsbrücke

Man muss sich vor Augen halten, dass die ersten beiden festen Brücken in Köln Eisenbahnviadukte waren: die Hohenzollern– und die Südbrücke. Es folgte die 1941 eröffnete Straßenbrücke bei Rodenkirchen, die Teil des Autobahnplans des NSDAP-Regimes war, und dann erst die bereits erwähnte Deutzer Brücke. Das macht deutlich, dass erst die Severinsbrücke eine Bedeutung für den innerstädtischen Verkehr hatte – was durch die Gleise der Straßenbahn auf ihr unterstrichen wird. Tatsächlich haben die Kölner Stadtplaner die schrecklichen Zerstörungen der Innenstadt als Möglichkeit für die Verwirklichung alter Pläne gesehen wobei die Einbindung von Deutz die wichtigste Rolle spielte. Dementsprechend mündet die Rampe im Westen an die Nord-Süd-Fahrt, einer heute heftig umstrittenen Autoschneise durch das Zentrum, und im Osten an den ebenfalls erst nach dem Krieg entstandenen Gotenring.

Von der Konstruktion her handelt es sich bei der Severinsbrücke um eine Schrägseilbrücke aus Stahl mit seilverspanntem Balkenkörper, die vom Architekten Gerd Lohmer entworfen und von der Gutehoffnungshütte geplant wurde, wobei Veränderungsvorschläge des renommierten Brückenbauers Fritz Leonhardt berücksichtigt wurden. Zwei Vorgaben – eine davon stammt der Legende nach direkt vom ehemaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer – waren unbedingt einzuhalten. Einerseits musste die Brücke die Einfahrt in den Deutzer Rheinhafen in einer Höhe überspannen, die es auch Binnenschiffen erlaubte, einzufahren, andererseits sollten Pfeiler bzw. Pylonen so angeordnet sein, dass der Blick auf den Kölner Dom nicht beeinträchtigt würde. Also entwarf Lohmer einen A-förmigen, asymmetrischen Pylon, der unmittelbar an der Landzunge der Hafeneinfahrt gesetzt wurde. Von hier aus tragen dann ebenfalls asymmetrische Stahlseile den Brückenkörper. Zum Zeitpunkt war die Severinsbrücke weltweit die erste mit einem A-Pylon und gleichzeitig die Schrägseilbrücke mit der größten Hauptspannweite. Und weil sie eben so schön ist, wurde sie später mit dem Kölner Architekturpreis ausgezeichnet.

Aber es haftet dieser Schönheit auch etwas Tragisches an. Bei einem Unfall kamen mindestens fünf Menschen um. Am 21.09.1956 kippte der Senkkasten, in dem eines der Fundamente des Pylons gegossen worden war, um. Das Fundament barst, und die Teile begruben die Arbeiter unter sich. Weil – außer dem längst verstorbenen Vorarbeiter – niemand genau wusste, wie viele Bauarbeiter sich wirklich dort unten aufhielten, ist die exakte Anzahl der Todesopfer bis heute unbekannt.

Wer mehr über die Kölner Rheinbrücke wissen möchte, dem sei die DVD „Chronik der Kölner Rheinbrücken“ ans Herz gelegt – hier der Trailer zu dieser Doku:

Chronik der Kölner Rheinbrücken im Film - Die 100 Minuten Original-DVD

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