Tatsächlich gibt es zweimal Kaiserswerth – einmal diesseits und einmal jenseits der B8. Während das alte, pittoreske Örtchen auf der dem Rhein zugewandten Seite zu finden ist, wohnen die meisten Kaiserswerther auf der anderen Seite in den weit ausgedehnten Einfamilienhaussiedlungen. Und dann ist da noch „die Diakonie“, die diese Stadt dank Florence Nightingale weltberühmt gemacht. Kreuzungspunkte aller Elemente ist heute der Klemensplatz, der über Jahrzehnte eher durch eine düstere Straßenbahnhaltestelle dargestellt wurde. Apropos: Wer einen Ausflug nach Kaiserswerth machen möchte, kann natürlich mit der U79 oder dem Auto anreisen – so richtig authentisch ist aber die Fahrt mit einem Schiff der Weissen Flotte von der Altstadt aus. Dann nähert man sich dem Ort auch von der richtigen Seite, denn historisch betrachtet war und ist Kaiserswerth ein Rheinort mit großer Bedeutung für den Strom.

Der Menhir von Kaiserswerth

Immerhin findet sich hier das älteste noch erhaltene Denkmal im weiten Umkreis, der Menhir von Kaiserswerth aus der Zeit zwischen 2000 und 1500 v.Chr. Heute steht er ziemlich versteckt an der Ecke zwischen der Alten Landstraße und dem Zeppenheimer Weg direkt am Zaun zum alten jüdischen Friedhof. Um 700 n.Chr. wurde dann der fleißigste aller angelsächsischen Mönche in der Region aktiv: Suitbert baute auf einer Insel im Rhein ein Benediktinerkloster, das aber nur 88 Jahre Bestand hatte. Eine solche Insel im Rhein oder zwischen Rheinarmen nennt man ein Werth – ein uraltes germanisches Wort, das in den Formen „Werder“, „Ward“ und „Wörth“ überall an den großen deutschen Flüssen zum Bestandteil von Städtenamen wurde. In Düsseldorf gibt es ja noch den Stadtteil Volmerswerth und auf Büdericher Gebiet den Flecken Mönchenwerth, aber auch die Gegend Lausward.

Kaiserswerth blieb bis zu den ersten Rheinbegradigungen im neunzehnten Jahrhundert eine Insel; man kann den Verlauf des trennenden Flussarms heute noch klar erkennen. Der Rhein trennte sich etwa auf Höhe des Anlegers der Fähre nach Lank und führte unterhalb des heutigen Barbarossawalls einmal um den Ort, um sich knapp hinter alten Ortsgrenze wieder mit dem Strom zu vereinen. Das ehemalige Flussbett dient heute als Abstellfläche für Autos und als Park. Bis heute gilt der umtriebige Suitbert, der auch als Swidbert oder Suitbertus bezeichnet wird, als Stadtheiliger von Kaiserswerth, ihm ist die Basilika geweiht, in der auch seine Reliquien aufbewahrt werden. Außerdem ist er Namensgeber von einem der beiden Kaiserswerther Gymnasien. Nach der Zerstörung des Klosters wurde ein Stift gegründet, das noch heute als Keimzelle der Stadt zu sehen ist. Wie im Mittelalter üblich erfüllte ein solches Stift nicht vorwiegend geistige Aufgaben, sondern diente als mehr oder weniger befestigter Außenpost eines Reiches. Deshalb ließ Pippin der Mittlere gleich nebenan eine Burg errichten – den Vorläufer der Kaiserpfalz.

Zollfeste und Kaiserpfalz

Die entstand 1174 ganz neu als mächtige Zollfeste als Machtort des legendären Kaisers Friedrich Barbarossa. Und weil die Lage so günstig war, ließ der Kaiser den Rheinzoll in diesem Teil des Reiches aus Holland nach Kaiserswerth verlegen. Und damit war der über Jahrhunderte bestehende Wohlstand der Stadt gesichert. Schiffe, die vorbeifuhren, hatten anzuhalten und entweder Zoll auf die mitgeführten Waren zu entrichten oder Teile davon zu Sonderkonditionen an Händler der Stadt zu verkaufen. Auch wenn es heute nicht mehr wirklich sichtbar ist: Kaiserswerth war zwischen dem
12. und den Spanischen Erbfolgekriegen zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine reine Handelsstadt. Dieser schreckliche Krieg zerstörte den Ort aber ganz erheblich, die Kaiserpfalz wurde gesprengt, die Trümmer dienten als Steinbruch für den Wiederaufbau der Stadt.

Erst 1929 wurde Kaiserswerth nach Düsseldorf eingemeindet – gegen den erheblichen Widerstand seiner Bürger. Noch heute meinen viele Bewohner nicht Düsseldorf, wenn sie sagen, sie gingen „in die Stadt“. Und die alteingesessenen Familien fühlen sich immer noch in keinster Weise der Landeshauptstadt zugehörig. Das mag auch daran liegen, dass zwischen Kaiserswerth und Düsseldorf der Flughafen liegt und das dünnbesiedelte Lohausen. Für die Düsseldorfer aber war und ist Kaiserswerth einer der wichtigsten Ausflugsorte. Das vor allem nach dem zweiten Weltkrieg und dank der „Rheinbahnbötchen“. Die Rheinbahn hatte in den späten Vierzigerjahren nämlich einen Linienverkehr per Schiff eingerichtet, dessen Endhaltestelle der Steiger unterhalb des Kaiserswerther Marktes ist. Seit über 20 Jahren – mit Unterbrechungen – führt die Weisse Flotte Düsseldorf / Duisburg diese Tradition fort. Während die Rheinbahn bei Linienfahrten auch noch die Theodor-Heuss-Brücke, Mönchenwerth und die Schnellenburg anfuhr, geht die Fahrt heute ohne Unterbrechung vom Steiger an der Pegeluhr nach Kaiserswerth und zurück.

Mit dem Schiff nach Kaiserswerth

Während der Ort an Wochenenden und Feiertagen bei schönem Wetter vor lauter Ausflüglern beinahe überquillt, staunt jeder Besucher, der sich die Schiffstour an einem Werktagvormittag gönnt, über die friedliche Ruhe in Kaiserswerth und die große Gelassenheit seiner Bewohner. Wer kein strammes Besichtigungsprogramm mag, schlendert am besten von der Anlegestelle zum Markt, dann nach Süden zur Basilika und weiter zur Kaiserpfalz. Sofern geöffnet bietet sich die Galerie Burghof als Ort für ein Päuschen an. Das gastronomische Angebot ist nicht groß, aber erstaunlich vielfältig. Legendär der Gourmettempel „Im Schiffchen„, der unter Jean-Claude Bourgueil einige Jahre lang mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet war; heute sind es zwar „nur noch“ zwei Sterne, aber die haben sich das Restaurant und sein Beiboot „Enzo im Schiffchen“ redlich verdient.

Das gastronomische Angebot

Exakt das Gegenteil stellt der Berliner Imbiss am Klemensplatz dar. 1985 begann die steile Karriere der merkwürdigen Bude, die sich lange rühmte, die beste Currywurst der Stadt anzubieten. Heute nutze man das Haltestellengebäude; am einen Schalter wird bestellt und bezahlt, am anderen nimmt man den Imbiss entgegen. Ein paar hässliche Stehtische in einer zugigen Ecke laden nicht gerade zum Verweilen ein, und soooo gut wie früher ist das Essen inzwischen auch nicht mehr, aber gerade die Wurst liegt qualitativ immer noch weit über dem Durchschnitt von dem, was in den Pommesbuden angeboten wird. Ein toller Ort mit leckerem Essen liegt schräg gegenüber: die Tonhalle Kaiserswerth, mit deren Renovierung auf Aufwertung die Karriere des Klemensplatzes vor einigen Jahren begann, ist ein wahres Schmuckstück mit einer ziemlich großen Außenterrasse.

Aber so richtig schön wurde der Platz, der leider von der stark befahrenen B8 zerschnitten wird, durch die Außengastronomie des Fuchs am Klemensplatz. Während in der Tonhalle – ungewöhnlich genug – das Bier der Hausbrauerei Gulasch ausgeschenkt wird, gibt es im Fuchs natürlich Füchschen. Ein bekannter Kaiserswerther, der leider vor vier Jahren starb, nannte diese Wirtschaft immer „das Wasserloch“, weil sich Abend für Abend die großen Tiere zum Trank trafen. Übrigens kann man im urigen Inneren mit der großen Galerie auch im Winter lecker Alt trinken – und wenn „Fußball ist“, treffen sich die Freunde des Balles genau hier. Sehen und gesehen werden findet dann am Markt statt: hier stehen die Tische zweier Cafés auf der Insel zwischen Fahrbahnen, und jeder der vom Rhein kommt oder dorthin geht, kommt vorbei.

Kommentare sind gesperrt.