Analyse · Jede Menge Detaildiskussionen sind spätestens mit diesem Desaster in Rostock obsolet geworden. Also, ob zum Beispiel Ao Tanaka und Shinta Appelkamp von Trainer Preußer zu selten eingesetzt wurden. Oder ob er es mal mit einer Dreierkette hätte versuchen sollen. Wenn das Team nicht einmal mit dem inzwischen hinlänglich eingeübten 4-2-3-1 einen potenziellen Abstiegskandidaten in den Griff kriegt, dann brennt nicht der Baum, sondern der ganze Wald. Was bedeutet, dass die Vereinsverantwortlichen sich spätestens morgen mal ernsthafte Gedanken darüber machen sollten, wie es für die Fortuna in dieser und den folgenden Saisons weitergeht. Der mit der Verpflichtung des jungen Trainers und dem (vielleicht zu vorsichtigen) Auf- und Einbau junger Spieler eingestielte Langzeitplan scheint schon jetzt gescheitert. [Lesezeit ca. 6 min]
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Denn nicht nur das Ausscheiden im Pokal kostet den Verein einen Haufen Geld, der eigentlich in die Zukunft investiert werden sollte, die anhaltende Minderleistung der Mannschaft schlägt sich auch auf mögliche, im Fall von (unter anderem) Shinta Appelkamp sogar fest eingeplante Transfererlöse nieder. Wenn die erste Mannschaft der glorreichen Fortuna in dieser Saison nicht mehr die Kurve kriegt, droht ein langes Dümpeln im unteren Drittel der zweiten Liga, Abstiege in die dritte Etage inklusive. Wohlgemerkt: Es geht hier und jetzt nicht bloß um die Frage, ob man Preußer schassen oder diesen oder jenen Spieler aus dem Kader nehmen sollte – es geht um die Zukunft.
Dies geschrieben habend möchte der ernüchterte Ergebene auf einen Spielfilm der Partie im Ostseestadion verzichten. Es gab ja insgesamt nur eine Handvoll Schlüsselszenen. Zum Beispiel die Paraden von Flo Kastenmeier in der ersten Viertelstunde; ohne die hätte sich F95 vom Aufsteiger auch eine ernste Klatsche holen können. Und dann war da das 1:0 für Hansa – erneut nach einer slapstickartigen Reihe simpelster Verteidigerfehler. Immerhin ein schöner Schuss, an dem Kastenmeier nichts zu halten hatte. Nehmen wir die 57. Minute. Der ALLERERSTE Steilpass der Herren in Rot findet Khaled Narey, der zum völlig unverdienten Ausgleich einlocht. Dann das – sehr milde ausgedrückt – ungeschickte Handspiel von Cello Sobottka, das in der 73. Minute einen berechtigten Elfer und damit den völlig verdienten Führungstreffer für die Rostocker brachte.
Wir wollen auch festhalten, dass der FC Hansa Rostock seine Sache durchgehend ausgesprochen gut machte. Gegen das hohe Pressing hatte Fortuna kein Mittel; im Gegenteil: es löste maximale Unsicherheit in der Viererkette aus, die sich auch durch Käpt’n Bodzes (heute bester Fortune) häufiges Eingreifen nicht legte. Vor allem hatte Hansa offensichtlich eine wesentlich bessere Videoanalyse des Gegners betrieben und das perfekte Rezept gefunden. Sie unterbanden durch das frühe Anlaufen sowie die Doppeldeckung unserer Außenstürmer jegliches Flügelspiel der Roten.
Wo die Hausherren die Räume eng machten und beherzt in die Zweikämpfe gingen, ja, diese jederzeit suchten, versuchten die Gäste von Beginn an verzweifelt ihr Spiel aufzusetzen. Dass dies in den 90 Minuten nicht, gar nicht, überhaupt nicht, null, niente funktionierte, lag natürlich am Gegendruck der Hanseaten, aber vielmehr noch an einer erschreckenden Ideenlosigkeit, zu der sich ab der 60. Minute auch noch Konditionsmängel gesellten.
Eigentlich muss man über einzelne Kicker in den Farben der Fortuna nicht reden, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass der eine oder andere mehr Verantwortung für die Niederlage hatte. Die ominöse Expertenrunde fragte sich aber beinahe durchgehend, was genau Kuba Piotrowski eigentlich spielen sollte. Es ist doch so: Wenn der Gegner das Flügelspiel unterbindet, muss die Offensive zentral agieren und auf Steilpässe in die Schnittstellen setzen. Dazu müssen natürlich Kollegen in diese Gassen gehen. Wenn aber so gut wie nie (Ausnahme Narey beim 1:1) einer der Außenläufer oder einer der Sechser hineinläuft, dann wird sich Rouwen Hennings im Sechzehner wundwühlen, ohne dass Chancen entstehen.
Noch einmal: Im grandiosen Spiel gegen den KSC waren es die Außenduos, also Hartherz + Peterson und Zimmermann + Narey, die dem Gegner das Kreuz brachen; zentral ging auch vor einer Woche nur wenig. Heute aber kam es nicht einmal zu der Situation, dass Hartherz auf Peterson gibt, an dem vorbei hinter die Reihe läuft, um den Kollegen dann per Doppelpass zur Flanke zu verhelfen. Noch trüber sah es rechts aus, weil dies zu allem Überfluss auch noch die starke Seite der Rostocker war, sodass Zimbo und Khaled alle Hände mit Defensivaufgaben voll hatten.
Hinzu kamen beinahe unerklärliche Unsicherheiten bei Andre Hoffmann, der ohne Bodzeks Hilfe oft aufgeschmissen gewesen wäre. Chris Klarer zeigte immerhin einen starken Willen, seinen Anteil am Führungstor des FCH durch robustes Einschalten in den Angriff wettzumachen. Aber: Warum auch immer brach er regelmäßig kurz hinter der Mittellinie ab und legte quer oder gab zurück. Da fragt man sich doch, ob er dies auf Basis einer Preußer’schen Anweisung tat. Der sich übrigens wie am Mittwoch mehrfach Spieler (Bodzek und Hennings vor allem) an die Linie holte, um ihnen das Konzept zu erläutern.
Womit wir beim Anteil des Trainers an dieser Katastrophe sind. Die Expertenrunde fasste es so zusammen: Preußer hat keinen Plan B. Wenn er als Coach sieht, dass die eigene Mannschaft mit dem Spielplan des Gegners nicht klarkommt, dann muss er doch was ändern! Aber, er ändert nichts. Ein mutiger Trainer hätte spätestens nach einer halben Stunde die Umstellung der Taktik angeordnet – so wie es Vorgänger Rösler in der vergangenen Saison mehrfach (erfolgreich) getan hat. Es muss ja nicht immer gleich eine Auswechselei noch vor der Pause sein, es reicht doch auch – nur als Beispiel – eine zweite, hängende Spitze zu installieren und zwei Mann in die Ballverteilung zu stellen, um so die Offensive zentraler auszurichten.
Der offensichtliche Anteil der Mannschaft bestand wieder in vielen kleinen Fehlern und einem teilweise unterirdischen Zweikampfverhalten. Wer so mutlos auftritt, gewinnt eben keine zweiten Bälle, sondern verliert die Pille regelmäßig im Mittelfeld. Immerhin besserte sich die Fortuna in der zweiten Halbzeit – von einer Note 5 auf eine 4-. Und wenn man es spielerisch nicht richten kann, dann muss man es kämpferisch versuchen. Leider scheint es keinen Kicker mit dem F95 auf der Brust zu geben, der seinen Kollegen tief genug in den Arsch treten kann, damit sie aufwachen und sich reinwerfen.
Lassen wir es dabei bewenden. Klar scheint, dass Christian Preußer nur noch ein Spiel hat, also die Revanche gegen Hannover kommenden Samstag. Es wird dabei weniger um die Aufstellung und um die Systematik gehen, sondern um die Frage, ob er die Burschen auf der Wiese ausreichend motivieren und ob er flexibel genug ist, auf das nicht vorhergesehene Treiben des Gegners zu reagieren. Ende der Durchsage. Und jetzt zurück zum Sport.
9 Kommentare
Danke dafür. Man hat tatsächlich den Eindruck, die Mannschaft bewegt sich auf einen Stand zu, den sie vor langer Zeit, vor Funkel hatte. Entwicklung sieht man jedenfalls nix, Nicht mal Stillstand. So langsam geht mir die Hoffnung darauf flöten, dass Preusser weiß was er tut. Mir wirkt er so ein bisschen hilflos.
Diesen Eindruck habe ich auch
Kramer raus !
Der Trainer steht zur Diskussion, keine Frage. Aber vor allem sind es die Spieler, die ihn hängen lassen, weil sie nicht mal kämpfen und beissen. Sie spielen Schlafwagenfußball. Wenn ich meinen Vorgesetzten nicht leiden kann, muss ich trotzdem ein gewisses Maß an Grundleistung bringen. Wenn ich spielerisch zum wiederholten Male einen gebrauchten bis beschissenen Tag habe, muss ich andere Wege gehen. Beim Fußball muss dies Kampf und Wille sein. Ich weiss nicht, wie Preusser seine Ansprachen gegenüber dem Team abhält. Ich für meinen Teil wäre jetzt aber angemessen sauer und würde klare Ansagen machen. Ich würde mich mit dem Trainer der Zwoten zusammensetzen und ihn fragen, wer von seinen Jungs am ehesten in der ersten einsetzbar wäre. Und dann würde ich mit der Aufstellung klar machen, was ich von dieser Scheiße halte. Zimmermann auf die Tribüne, Ersatz aus der Zweiten. Links Kourtis, Ersatz aus der Zweiten auf die Bank, Hartherz auf die Tribüne. Oberdorf statt Hoffmann, Appelkamp mit allen Freiheiten in das zentrale Mittelfeld. Und zwei Stürmer, die die gegnerische Abwehr beschäftigen. Was hat er denn noch zu verlieren? Dann lieber mit der Konsequenz der Jugend, gefordert von den Verantwortlichen, untergehen.
In den sozialem Medien einschl. 95er Forum wird auf einmal Rösler glorifiziert. Aber unter ihm haben die Spieler oft genug den gleichen Mist abgeliefert, wie gestern in Rostock oder beim Pokalspiel in Hangover. Er hat es wohl irgendwann wieder in den Griff bekommen. Das ist jetzt Presuser’s Job, siehe oben. Und wenn das nicht hinhaut, muss er gehen und das Experiment ist schief gegangen. Dann muss man aber auch genau hinschauen bei der Trainersuche. Einen Typen wie Magath, in den sozialen Medien gewünscht , oder Rösler / Funkel zurück, wäre der falsche Weg. Es braucht einen, der sich durchsetzen kann und in der Lage ist, die Jugend einzubauen. Noch kann Preusser das vielleicht hinbekommen. Dann braucht er aber auch interne und öffentliche Unterstützung seitens der Verantwortlichen. Von Allofs höre ich da nichts, ausser inhaltloses TV-Gelabere. Vom farblosen Röttgermann mal ganz abgesehen.
In erster Linie sind es aber die Spieler, die einen gehörigen Arschtritt benötigen. Sie sind es, die den Verein hängen lassen. Sie sind es, die noch nicht mal die grundsätzlichen Eigenschaften auf den Platz bringen wollen.
Dem stimme ich aber mal sowas von uneingeschränkt bei.
Wer nur spielt um keine Fehler zu machen (und selbst das klappt ja nicht einmal!), gehört auf die Tribüne und nicht in die Startaufstellung.
Ncht nur dass schon wieder eine vorher (zuhause) grottenschlechte Mannschaft aufgebaut wird, wenn man nur einfach gegen diese Fortuna spielt…
Total erschreckend ist doch vor allem, dass nach dem Katastrophenspiel in Hannover beim nächsten Spiel alles nur noch schlimmer wird. Und das so ängstlich bei einem Aufsteiger! Was ist da an Mentalmaßnahmen in den letzten Tagen überhaupt gemacht worden?
Und dann wird im DFB-Pokal dem Fortuna-Bezwinger noch der Bayern-Bezwinger zuhause zugelost. Was hätte das in Düsseldorf ein Spiel werden können; von den finanziellen und motivationssteigernden Möglichkeiten mal abgesehen…
Mich nerven auch die plötzlich so positiven Rückblicke auf die Rösler-Zeit. Habe noch sehr gut in Erinnerung wie da bei einer 3:1-Niederlage gegen Gladbach wiederholt gejammert wurde, dass der Trainer überhaupt nicht in der Lage war, auf eine Taktikumstellung des Gegners zu reagieren.
Gestern wieder die Gegentore durch völlig überflüssige Abwehraktionen.
Und dann liest man heute in der RP, dass ausgerechntet Andre Hoffmann jetzt mit der Faust auf den Tisch schlagen will. Er war gestern derjenige, der praktisch jeden Ballbesitz durch quer und zurück spielen zur Zeitlupe machte. Selbst in den letzten Minuten hatte er nicht den Mut, den Ball schnell nach vorn zu schlagen.
Ich kann mir nicht vorstellen, wie da durch die jetzigen Verantwortlichen eine Besserung angestoßen werden kann!
Wer einen Tim Oberdorf nach einer grandiosen Leistung gegen Karlsruhe für einen rekonvaleszenten COVID-19-Patienten Hoffmann wieder auf die Bank setzt, hat nicht nur keinen Plan, sondern einfach nur „Schiss inne Bux“ vor mutigen Entscheidungen. Das ist besonders enttäuschend von einem Trainer, mit dem aufgrund seiner Vita die Hoffnung verbunden war, den vereinseigenen Nachwuchs nach vorne zu bringen, Doch wenn’s drauf ankommt, macht er sich genauispo in die Hose wie alle anderen Kollegen zuvor und setzt seinen Joberhalt auf so gennante „Routine“, „Erfahrung“ oder wie dieses Zeugs sonst so heißt. Was soll ein Lobinger ab der 88. MInute bewirken? Was soll ein Oberdorf ab der 88. verteidigen? Zwei wirkungsvolle Spieler der Fortuna wurden für ein komplettes Wochenende neutralisiert, statt für eine der beiden Mannschaften (Zwote!) zum EInsatz zu kommen. Luxus pur! Die Einbindung von Spielern, wie Oberdorf, Lobinger oder Sieben (und hört mir auf mit Bunk und U17-Spielern, alles nur Alibis) ist sofort dann wieder Makulatur, wenn es gilt, ein Risiko einzugehen. Verkannt wird dabei nur (wie die Realität zeigt), dass das Setzen auf die „Etablierten“ das weitaus größere Risiko ist. Und eine wirkliche „Förderung“ des „jungen Trainers“ selbst von Appelkamp kann ich nicht erkennen (sondern eher das Gegenteil und Überforderung).
Noch ein Fahradkettennachsatz: Hätte man Maduka Okoye zum 1. Torwart gemacht, gäbe es (sofern er unverletzt geblieben wäre) keine Wolf-/Kastemneyer-Diskussion. Hätte man das kongeniale Innenvereidigungsduo Boris Tomiak und Tim Oberdorf mit guten Verträgen ausgestattet in den Profikader geholt, wäre den Verantwortlichen viel Kopfzerbrechen, Scouting und Geld erspart geblieben. Davon bin ich überzeugt.
Ja, kann man so sehen. Von einer Mischung etablierter mit einigen jüngeren Spielern ist derzeit noch nichts zu sehen. Ein Bunk ist noch zu jung (und derzeit verletzt), aber in ihn kann man Hoffnungen setzen. Wenn Fortuna das nicht wieder verpennt und der Junge dann von der umliegenden Konkurrenz gekauft wird.
Bei Okoye bin ich der gleichen Meinung. Und nach dem was ich so lesen konnte, ist UK wohl nicht der Empfehlung von Pfannenstiel gefolgt.
Passend zu Halloween – blutleer (darf man zu diesem Auftritt und zu diesem Zeitpunkt wohl so benennen).