Wer dieser Tage in der Kölner Innenstadt und drumherum in Rheinnähe wohnt, wird nachts regelmäßig aus dem Schlaf geschreckt. Immer wieder fahren Binnenschiffe vorbei und betätigen dabei das Horn oder leuchten mit ihren Suchscheinwerfern Häuserfassaden an. Beides ein Zeichen des Protestes gegen eine geradezu skandalöse Maßnahme der HKG (Hafen und Güterverkehr Köln AG). Die hat beginnend mit dem 6. Februar ein Anlegeverbot für Binnenschiffe an der Kaimauer des Rheinauhafens ausgesprochen. Die Begründung: Die Mauer sei marode, und während des Hochwassers sei es zu Schäden durch anlegende Schiffe gekommen. Und um das Verbot durchzusetzen, ließ die HKG kurzerhand die uralten Poller und Ringe am Kai abflexen. Die Binnenschiffer, die diesen Abschnitt des Rheins regelmäßig befahren, sind entsetzt und wütend, weil sie nun gezwungen sind, Liegezeiten bei Köln im Strom ankernd zu verbringen – eine unnötig gefährliche Aktion.

So sah es 1982 an der Kaimauer aus (Foto:  VOF/Bas Klimbie)

So sah es 1982 an der Kaimauer aus (Foto: VOF/Bas Klimbie)

Die Betroffenen haben sich in einer Facebook-Gruppe gefunden und organisieren den Widerstand. Aber auch Kollegen, die auf anderen Flüssen und in anderen Regionen fahren, solidarisieren sich mit den Rheinschiffern. Spannend, dass die sozialen Medien inzwischen ein derart wichtiges Medium der Kommunikation für einen Berufsstand sind, dessen Angehörige sich ja relativ selten im wirklichen Leben begegnen. Auf Facebook verbreitete sich die Aufforderung zum Protest in Windeseile. So kam es schon in der Karnevalswoche zu ständigem Gehupe – 24 Stunden in regelmäßigen Abständen.

Anwohner beschwerten sich, und die Wasserschutzpolizei begann vor der Stadt zu patrouillieren und Schiffern, die aus rechtlicher Sicht ohne Grund Schallsignale sendeten, gebührenpflichtig zu verwarnen. Während die einen meinten, 35 Euro sei ihnen der Protest wert, dachten andere über klügere Methoden nach. Inzwischen fahren viele Schiffe mit einer kölschen Flagge am Stock an der Domstadt vorbei – allerdings steht die Fahne als Zeichen des Protestes auf dem Kopf. Andere Kapitäne verlegen notwendige Sicherheitsübungen in die Nacht oder hupen aus Gründen, die legal sind, die aber üblicherweise keine Schallsignale auslösen.

Nächtliche Sicherheitübung als Form des Protestes (Screenshot: Facebook)

Nächtliche Sicherheitübung als Form des Protestes (Screenshot: Facebook)

Über die Hintergründe wird sowohl bei den Betroffenen, als auch in den Medien spekuliert. So steht die Frage im Raum, weshalb die HGK bei der Sanierung und dem Umbau des Rheinauhafens vor einigen Jahren nicht gleich eine neue Kaimauer, die den heutigen Anforderungen genügt, hat errichten lassen. Das verbreitetste Gerücht besagt, dass die Stadt Köln Rücksicht auf die mehr oder weniger wohlhabenden Wohnungseigentümer und Mieter am Ufer nehmen will, die sich durch die anlegenden Binnenschiffe gestört fühlen könnten. Der Bezirksbürgermeister Andreas Hupke, den die Schiffer um Hilfe gebeten haben, ist laut eines Artikels im Kölner Stadtanzeiger wütend und bezeichnet die HGK als eine „Schande für die Stadt“. Die Fronten scheinen verhärtet.

Warum aber ist es für Binnenschiffer so wichtig, ausgerechnet dort anlegen zu können? In den Zeiten extrem kurzer Liege- und Ladezeiten auch in der Binnenschifffahrt müssen die Menschen an Bord jede Gelegenheit nutzen, an Land einzukaufen und Dinge zu erledigen. Das ist in den Binnenhäfen oft nicht in der nötigen Zeit mit vernünftigem Aufwand zu schaffen. Daher ist es zwingend notwendig, auch in der Nähe von Innenstädten anlegen zu können. Das gilt besonders für Schiffer, die ihre Familie an Bord haben. Leider ist die Zahl urbaner Liegeplätze in den letzten Jahren drastisch geschrumpft – deshalb war der Kölner Rheinauhafen bein den Schiffern auch so beliebt.

Ein Kommentar

  1. Bruno Toussaint am

    Ich hatte das Kunsthaus Rhenania im Rheinauhafen über 10 Jahre von 1993 bis 2004 verantwortlich als Vorstand gemanagt. Die HGK kenne ich zu Genüge aus jahrelangen Verhandlungen rund um die Existenz des Kunsthaus Rhenania und vor allem, wie sie innerhalb des Hafens mit den Anliegern und Institutionen und insbesondere den Menschen umgeht. Einige davon habe ich schon weinend aus dem Hafenamt herausrennen sehen.

    Die HGK pflegt schon seit Ihrer Ausgliederung aus den Kölner Ämtern, auch schon vorher, bewusst eine fast schon militaristische Antikultur gegen den sozialen Common Sense der Stadt Köln. Es gibt nur zwei Möglichkeiten mit der HGK klar zu kommen: 1. Sich konsequent ihren Anliegen verweigern, viel Öffentlichkeit herstellen, vor allem dies alles künstlerisch zu inszenieren. 2. Dann zugleich immer verhandeln, auch um kleinste Dinge, scheinbar in ihrem Interesse und im Interesse des großen Ganzen, die Mitarbeiter der HGK in alles einbinden. Langsam wird sich dann was bewegen, da sie alle in der HGK letztlich auf sozialen Konnex aus sind und nach menschlicher Anerkennung streben.

    Auch das eine Geschenk an die Mitarbeiter der HGK, insbesondere der Leitung gegenüber, ist sicher nicht falsch. Der eine oder andere war nämlich schon mit kostenloser Gartenpflege oder Hilfe beim Aufbau eines Gartenhäuschens zu überzeugen. Ein anderer Mitarbeiter der HGK bekam mal ein Atelier im Kunsthaus Rhenania. Er fiel nicht deswegen auf, weil er nur schlechte, kitschige Bilder malte, sondern weil er ein äußerst unangenehmes Sächsisch sprach, seine Ostproletenkultur nie verbergen konnte. Als ich ihm eine chemische Formel für Lackadditive vorlegte, glaubte er, es sei die Formel für Drogen, die im Haus konsumiert würden. Also immer Shake Hands, etwa eine Gastronomie für den Sohn des Chefs anbieten, ähnlich wie in Russland, schon öffnen sich Türen im beiderseitigen Interesse.