Serie hin und her – dieses Spiel hat Fortuna verdient verloren…
Analyse · Ja, gut, äh: Es ging tabellarisch um nix mehr, und die Sonne schien ganz doll. Zur kleinen Ehrenrettung der Fortuna sei angemerkt, dass nach dem Zusammenprall von Chris Klarer mit einem Paulianer, bei dem er sich mindestens die Nase schwer geprellt hatte, der Spielplan samt System perdu war. Denn Trainer Thioune hatte wegen der Verletzungssituation auf ein ziemlich schickes 3-4-3 gesetzt, also auf eine Dreierkette mit Hoffmann, Oberdorf und eben Klarer, und das sah bis zu dieser 11. Minute halbwegs okay aus. Wobei nach vorne nicht so viel ging wie in den Partien zuvor. Danach musste auf Viererkette umgestellt werden, und die funktionierte in der gegebenen Personalsituation eben nicht so gut. [Lesezeit ca. 6 min]
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Der Sportschau-Kurzbericht übers Spiel war – wie so oft – skandalös schlecht. Die Sprechpuppe versuchte irgendwie Emotionen reinzukriegen, arbeitete sich vor allem am FC St. Pauli ab und ließ die Szene mit der Klarer-Verletzung komplett weg. In Sachen Fortuna konnte er sich gar nicht über das Ende der Nicht-Niederlagenserie einkriegen. Ehe man solch einen Scheiß sendet, sollte man eine Partie wie diese dann doch besser ignorieren.
Tatsächlich war die Sache ignorierenswert. Selten hat sich Euer schlimm Ergebene beim einem Fußball-Match mit F95-Beteiligung dermaßen gelangweilt. Und nicht nur er. Irgendwann in der zweiten Hälfte übte sich der Nachbartisch in der Retematäng, wo die Expertenrunde tagte, im Absingen alter Ratingen-West-Schlager. Dirigiert vom stadtbekannten Garten-Asi, der vor Anpfiff ein 1:0 oder 2:0 für die Fortuna prognostizierte hatte – mit der Begründung, er habe eine entsprechende Sportwette abgeschlossen. Die Mehrheit der Zuschauenden statt ohnehin draußen, meist drei, vier Meter von den kleinen Flach-TVs entfernt, aber gut gelaunt.
Wie gesagt: Bis zur 11. Minute sah es noch ganz gut aus, auch wenn sich die Dreierkette da noch nicht so richtig ein gerüttelt hatte und vor allem die vier Kollegen davor nicht so recht wussten, wie’s geht. Das betraf weniger Zimbo auf rechts, der den von ihm so sehr angestrebten Halbsechser gab, als vielmehr Leo Koutris. Der war in die Startelf gerutscht, und nicht wenige fragten sich, warum? Tatsächlich aber war dies ein kluger Schachzug der Coaches, denn weder Nicolas Gavory, noch Florian Hartherz hätten diesen halboffensiven Außenverteidiger so spielen können. Der Griechenbrasilianer mühte sich in seinem Abschiedsspiel nach Kräften, erreichte wenig, aber fiel durch einen feinen Außenristschuss aufs Pauli-Tor in der 16. Minute positiv auf.
Der SCP übte sich wie immer als Kloppertruppe, und mindestens einer von denen, der unseren Felix Klaus überhart anging, hätte schon in den ersten zehn Minuten Gelb sehen müssen. Wobei: Dem Zusammenprall von Klarer ging eher ein Foul seinerseits voraus. In dieser Hinsicht vogelwild präsentierte sich übrigens Eddie Prib, der enorm viel Glück hatte, gelbtechnisch ungeschoren davon zu kommen. Dafür musste sich Koutris den Karton dann doch zeigen lassen, nachdem er wiederholt verlorene Zweikämpfe durch Nachhaken auszuwetzen trachtete.
Apropos: Von den statistischen Spieldaten her hatte Pauli am Ende nur bei der Zahl der Torschüsse und der Laufleistung deutlich die Nase vorn. Thiounes Mannen kamen auf eine erfreuliche Passquote von 84 Prozent bei 60 Prozent Ballbesitz. Das war’s dann aber auch mit dem Erfreulichen. Klaus und Narey wirbelten wie blöde, aber Rouwen Hennings hing trotzdem in der Luft, weil aus der Viererreihe im Mittelfeld wenig bis gar nichts kam. Auch nicht, nachdem Kuba Piotrowski den nasenblutenden Klarere ersetzt hatte. Kuba stand aus irgendeinem Grund erheblich unter Dampf und zog später zurecht eine gelbe Karte.
Ao Tanaka irrte planlos zwischen ganz hinten und halb vorne umher, umspielte sich bisweilen selbst, passte bevorzugt nach hinten oder schlug am gegnerischen Strafraum Kerzen. So wird das nix mit dem A-Nationalspieler. Wobei: Der junge Japaner war nicht der einzige Fortuna, der einen schwer gebrauchten Tag gezogen hatte. Nicht einmal Andre „die Festung“ Hoffmann agierte auf Normalniveau und verhaute diverse Pässe und stand selten richtig – auch nach der Umstellung auf Viererkette nach dem Klarer-Aus nicht. Am ehesten in üblicher Form zeigte sich der unverwüstliche Tim Oberdorf. Was diesen Kerl so unglaublich sympathisch, aber auch nützlich macht: Er spielt genau das, was er kann und kriegt spielerisch nie Rosinen in der Birne. So gesehen ist er übrigens ein idealer dritter Mann … nein, nicht beim Skat, sondern in einer Dreierkette.
Euer Ergebener gelangt immer mehr zu der Einsicht, dass es keine Katastrophe wäre, wenn Allofs und Weber Jordy de Wijs NICHT verpflichtet kriegen, weil die Kombi aus Klarer und Oberdorf genug Solidität in einer (möglicherweise in der kommenden Saison zu erwartenden) Standardsystematik mit einer 3 am Anfang bringen können. Okay, MIT Jordy eröffnen sich mehr Möglichkeiten, und natürlich ist der Käsekopp einfach als Typ eine tolle Bereicherung des Teams.
Bei Khaled Narey wird der Abschied von Tag zu Tag – nein, nicht wahrscheinlicher, sondern – sicherer. Gestern wirkte er einigermaßen überspielt. Und auch bei ihm, dem ein Riesenbatzen aller Erfolge der Fortuna in dieser krummen Saison gehört, zeigt sich an solchen Tag, dass es auch ohne ihn gehen könnte. Viel eher fragt sich, ob Felix Klaus und Kris Peterson gut genug für Aufstiegsambitionen sind. Dem blonden Felix fehlt bei allem Trickreichtum und allen Bemühungen immer wieder die Konzentration – gerade bei Torschüssen, denn er war es, der F95 in Hälfte 1 zweimal hätte in Führung bringen können. Technisch hat er alles, mental zu wenig. Und, so nett unser Schwede ist: Er hat keinen Millimeter Fortschritt gemacht in der soeben beendeten Saison. Da ist dann am Ende doch mehr von Emma Iyoha zu erwarten, der einfach öfter in der Startelf stehen müsste, um sich einfach besser ins System einzurütteln und das nötige Selbstvertrauen zu beziehen. Wird aber schwer, wenn die alten Herren – Hennings und Ginczek – als Spitzen gesetzt sind.
Das alles hat mit der gestrigen Partie am sonnenüberfluteten Millerntor vor den Augen etlicher Fortuna-Fans, die auf St. Paul in den üblichen Kneipen die Nacht durchgemacht hatten, wenig zu tun. Nein, dieses Abschlussspiel einer komischen Saison taugte nicht als Beispiel oder Beleg für irgendwas. Es war einfach nur öde, und das 2:0 für den Herbstmeister geht in Ordnung. Nicht weil die so gut waren, sondern weil das Team der glorreichen Fortuna über die Zeit immer schlechter wurde. Macht nix, nur mal eben eine siebenstellige Summe TV-Gelder verzockt…
3 Kommentare
Wir brauchen über die beiden Außen schnelle und dribbelstarke Spieler fürs 1:1 (das wird nichts mit Petersson/Klaus, die hatten auch schon genügend Einsatzchancen), auch LV und RV und vorne einen starken Stürmer. Eigentlich müssten wir auch mal etwas Geld in die Hand nehmen. Traue Weber und Allofs aber so richtig nicht zu, hier besonders gute Scouting Lösungen zu finden.
Kompliment an KA und CW, die Entscheidung mit Adam und Prib ist richtig für den Umbruch.
Vollste Übereinstimmung in Sachen de Wijs vs. Oberdorf! Die Gefahr besteht darin, dass das Potenzial des Eigengewächses dem Bank-Frust zum Opfer fällt. Ich würde aber voll auf die Bank (haha!) Oberdorf setzen, schon weil er mit Klarer dem pomadigen Hoffmann Druck machen kann, der seinen Zenit m.E. überschritten hat.
Tanaka ist ein Ergänzungsspieler, wird es wohl auch bleiben, Iyoha für mich ein Fall von Stagnation, da muss es bessere Lösungen geben, die vermutlich nicht Ginczek heißen.
Hingegen bin ich optimistisch, dass wir an „Kuba“ viel Freude haben werden; der wird noch deutlich besser!