Bericht · Lange war das Gebiet jenseits der Grafenberger Allee, zwischen der Metro und dem Hellweg, unbekanntes Land. Hier gab es Brachflächen und ein paar Straßen mit kleinen Häuschen sowie die Reste von Industrieanlagen. Heute ist hier ein künstliches Quartier namens „Grafental“ gewachsen. Vermutlich wissen nur die unmittelbaren Anwohner, dass die durchs Viertel führende Hohenzollernallee weniger dem Adelsgeschlecht gewidmet ist, sondern der Lokomotivenfabrik, die hier etwas mehr als 50 Jahre lang existierte. Immerhin ist ein Teil des Hauptverwaltungsgebäudes erhalten und seit einiger Zeit schick restauriert. [Lesezeit ca. 3 min]

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Die Elektrozentrale des Hohenzollernwerks (Foto: industriekultur-duesseldorf.de)

Die Elektrozentrale des Hohenzollernwerks (Foto: industriekultur-duesseldorf.de)

Wie in den 1870er-Jahren üblich hatten sich gleich mehrere Großindustrielle zusammengetan, um am lukrativ erscheinenden Markt für Loks mitzumischen – unter anderem die Haniels und die Suermondts. Der sogenannte „Gründerkrach“ von 1873 machte den Investoren einen Strich durch die Rechnung. Die Finanzmärkte waren zusammengebrochen, potenzielle Kunden stellten Käufe zurück. So verließ erst 1874, also zwei Jahre nach der Gründung, die erste Lok das Werk unterhalb des Grafenberger Waldes. In der Zwischenzeit hatte man sich mit dem Bau allerlei anderer Maschinen über Wasser gehalten.

Eine Dampfspeicherlok wie sie bei der Hohenzollern AG gebaut wurden (Foto: public domain via Wikimedia)

Eine Dampfspeicherlok wie sie bei der Hohenzollern AG gebaut wurden (Foto: public domain via Wikimedia)

Dann kam der Eisenbahnboom, und das Hohenzollernwerk produzierte am laufenden Band. Bis zur endgültigen Schließung im Jahr 1929 waren es insgesamt 4.600 Lokomotiven, die hier in Düsseldorf gebaut wurden. Bis in den ersten Weltkrieg hinein wurde kaum in Serie gefertigt, weil es bis 1919 noch keine überregionalen Bahngesellschaft gab und nicht einmal die Spurweite quer durch Deutschland normiert war. Das Hohenzollernwerk produzierte übrigens nicht nur für die Eisenbahn. Gut 400 feuerlose Dampfspeicherloks für den Bergbau und Fabriken wurden nach eigenen Entwürfen gebaut und waren teilweise bis in die Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts im Einsatz.

Der Niedergang begann schon in den frühen Zwanzigerjahren. Das Hohenzollernwerk wurde mehrfach bestreikt, die Produkt- und Absatzpolitik ging daneben, und als die Deutsche Reichsbahn keine weiteren Loks der Baureihe 80 nachorderte, obwohl die Düsseldorfer Fabrik bis dahin die meisten Exemplare geliefert hatte, war das Schicksal des Werks und der AG besiegelt. 1929 schloss man die Tore für immer, 1937 wurde die Gesellschaft auch formal aufgelöst. Was blieb war eine Industriebrache, die von vielen kleinen Betrieben und Werkstätten genutzt wurde, sowie die kleine Werkssiedlung. Mehrere Hallen wurden Anfang der Dreißigerjahre abgerissen.

Erinnerungszeichen zum KZ-Außenlager Berta an der Schlüterstraße (Foto: Stadt Düsseldorf)

Erinnerungszeichen zum KZ-Außenlager Berta an der Schlüterstraße (Foto: Stadt Düsseldorf)

Das dunkelste Kapitel des Geländes kam 1943: Das Außenlager Berta des KZ Buchenwald wurde hier eingerichtet; bis zu 1.000 Zwangsarbeiter mussten hier Rüstungsgüter für Rheinmetall anfertigen. Am 3. März 1945 wurde das Lager, in dem Hunderte Häftlinge ermordet und verhungert sind; die genaue Zahl ist nicht bekannt, weil die Listen der Toten gefälscht wurden. Eines der bisher fünf Erinnerungszeichen zu den KZ-Außenlagern in Düsseldorf steht an der Schlüterstraße.

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für die vielen interessanten Artikel über meine Geburtsstadt! Mittlerweile in Knittkuhl ansääsig, fahre ich so oft an der beschriebenen Stelle vorbei, ohne bisher zu wissen, wie es dort in der Vergangenheit aussah.