So wie es aussieht, wird unsere glorreiche Fortuna gegen Heidenheim mal nicht das Spiel machen müssen – das ist eine gute Nachricht

Analyse · Es gibt verblüffend viele Parallelen zwischen dem 1. FC Heidenheim und dem Äff-Zeh. Beide kommen aus Städten, die mal Römerlager waren, und beide Vereine sind Retortenclubs, die durch Fusion entstanden. Hintergrund in beiden Fällen: Die Pfeffersäcke der Stadt wollten einen Verein in einer der oberen Ligen. Denn Heidenheim ist kein Dorf, sondern eine wohlhabende Stadt mit jeder Menge Industrie. Sympathisch ist uns HDH vor allem wegen des Festhaltens an Trainer Frank Schmidt seit 2003 (beim Vorgängerverein) bzw. 2007. Bewundernswert zudem, dass der Club durch kluges Wirtschaften seit seinem Aufstieg 2014 immer einen soliden Etat etwa auf Höhe von dem der Kieler zur Verfügung hatte. [Lesezeit ca. 4 min]

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Legendär auch Marc Schnatterer, der gerade nach 13 Jahren bei HDH zum Waldhof gewechselt ist. Der Verein hat ziemlich klug eingekauft und mit Tim Kleindienst einen echten Mittelstürmer für kleines Geld aus Belgien geholt, und ansonsten einen Haufen junger Kicker verpflichtet. Der Kader ist ausgesprochen ausgewogen, was das Alter und das Talent angeht. Und sie haben eine ganze Reihe schneller Beine im Team. Für die Abwehr spricht, dass sie in der laufenden Saison die zweitwenigsten Tore kassiert hat. Gestartet ist der 1. FCH mit drei Zu-Null-Siegen, nach der Niederlage beim HSV gab es wieder einen Sieg ohne Gegentor. Jetzt schwächeln sie ein bisschen, die Heidenheimer…

Der Spielplan: Hinten dicht, vorne Konter

Gerade zu Hause im Stadion auf über 500 Metern Höhe legen die Burschen von Frank Schmidt gern sehr offensiv los. Das Grundrezept scheint zu lauten: Erstmal schnell eine Bude machen, und dann sehen wir weiter. Heißt für den Spielplan: Lasst in der ersten Viertelstunde ja nichts anbrennen! Vermeidet Situationen wie gegen Regensburg zu Spielbeginn. Haben sie das erste Tor im Sack, ziehen die Heidenheimer sich eher zurück und setzen dann auf ihr äußerst erfolgreiches Kontern. Der eine Schlüssel zum Spiel lautet also: Hinten dicht stehen, kein frühes Tor zulassen. Als Schlüssel zum eigenen Erfolg dürfte dazu passend ein strukturiertes Umschaltspiel werden, also eines, das auf einstudierten Laufwegen basiert.

Wobei es eigentlich sogar zwei Spielpläne geben müsste: einen für die Situation nach einem frühen Gegentor, einen für die Lage nach langem 0:0-Spielstand. Das heißt aber auch, dass die Coaches rund um Trainer Thioune mal wieder högschde Flexibilität an den Tag legen müssen.

Das System und die Aufstellung: Jederzeit wandelbar

Spielplan 1 (Tor verhindern) schreit nach einer defensiven Grundordnung á la 3-5-2, während es in der zweiten Version Richtung 4-4-2 gehen sollte. Das Problem ist, dass beide Systeme ohne personelle Wechsel funktionieren müssten, damit Thioune nicht früh wechseln muss. Wenn man sich die Pressekonferenz vor der Partie angeschaut hat, wird aber auch klar, dass die Zeichen ein bisschen auf Rotation stehen. Wann hat zuletzt ein F95-Trainer über Rotation nachdenken müssen? Also darüber, bestimmte Spieler einzusetzen, um sie bei Laune zu halten? Einer dieser Spieler ist sicher Rouwen Hennings, den der Ergebene in einem Spiel gegen den 1. FCH ohnehin stärker einschätzt als Daniel Ginczek. Der zweite Kicker, der spielen MUSS, ist Ao Tanaka. Als was? fragt sich der interessierte Fan? Na ja, als Achter, was sonst. Und damit haben wir den Salat, weil es beinahe zwangsläufig ein (vielleicht gar nicht so magisches) Dreieck mit Cello Sobottka, Jorrit Hendrix und eben Tanaka gibt. Was beinahe ebenso zwangsläufig nach einer Dreierkette schreit und erneut den Verzicht auf echte Außenstürmer, denn Nico Gavory und Zimbo Zimmermann machen aus dem Dreieck eine Fünferkette im Mittelfeld.

Das könnte das 3-5-2 in Hoffenheim sein aussehen

Verrückt, nicht? Aber angesichts der möglichen Entwicklung der Begegnung durchaus logisch, und dass die angegebene Dreierkette funktioniert, daran besteht kein Zweifel. Aber wir haben ja die Möglichkeit, dass es lange 0:0 steht, was für ein 4-4-2 (oder so) spricht. Ordnen wir doch mal das eben eingesetzte Personal in diesem System an:

Ein unwahrscheinliches 4-4-2 in Hoffenheim sein aussehen

Geht gar nicht. Aber mit einem personellen Wechsel geht es dann doch schon wieder:

Ein mögliches 4-4-2 in Hoffenheim sein aussehen

Klingt kompliziert, und ist es auch. Aber, so geht moderner Fußball eben: Flexibilität ist Trumpf, und die taktische Grundordnung ist inzwischen wirklich nur noch eine Leitlinie und kein Korsett. Weil die Personallage ganz günstig aussieht, könnten Thioune & Co. in der zweiten Halbzeit sogar noch einmal auf Offensive umstellen und Felix Klaus, lieber noch Kudschu Baah und Kris Peterson reinholen. Selbst die Umstellung auf eine Dreierspitze durch Reinholen von Daniel Ginczek ist vorstellbar.

Was die Systematiken angeht, ist die Partie in Heidenheim sicher die spannendste der bisherigen Saison.

Der Tipp

Ganz klar, der Kopf möchte keinen Tipp abgeben, dem ist das alles zu unberechenbar. Das Herz wünscht sich einen schlichten 1:0-Sieg, gern per Elfmeter kurz vor Spielende, und der Bauch ahnt eine wilde Partie voraus, bei der die glorreiche Fortuna am Ende mit solch einem unmöglichen Ergebnis wie 3:4 die Nase vorn hat.

3 Kommentare

  1. Ähhmm, unser Verein wurde damals auch fusioniert (1919). Wir sind doch aus diesem Grund kein Retortenclub….

      • Mag darf den FC hassen, doof finden und Ähnliches, aber Retorte ist er für mich nicht. Da sind die Brause und Co. schlimmer. Aber ich weiß was Du sagen wolltest.
        95olé