Analyse · Mittlerweile normal, dass die Blätter und ihre Online-Ableger in Länderspielpausen das Fanvolk mit Meinungen und „Informationen“ bombardieren; man will sie ja bis zum nächsten Punktspiel bei der Stange halten. Bei der hiesigen Monopolpostille beginnen die Überschriften meist mit einem klickheischenden „So…“ oder „Wie…“ oder ähnlichen Lockmitteln. Da macht es schon Spaß, dieses altmodische Clickbaiting zu parodieren – siehe oben. Tatsächlich stehen die Chancen für unsere Rotweißen gar nicht schlecht, im Volksparkstadion einen oder mehrere Punkte einzustreichen. Und zwar trotz der aktuellen Ausfälle. Dazu braucht es einen klugen Matchplan und Kicker in Bestform. [Lesezeit ca. 5 min]
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Der Matchplan
Auch wenn die Rothosen aktuell drei Punkte mehr auf dem Konto haben, ihre Probleme ähneln denen der Fortunen an einigen Stellen. So setzt deren Trainer auch auf hohes Pressing und strebt ein schnelles Überbrücken des Mittelfelds an. Meist spielen sie im 4-3-3, je nach Gegner eher als 4-3-2-1 angeordnet. Das Dreiermittelfeld wird ebenfalls so variiert wie es die Analyse des Gegners ergab. Das sieht oft rasant aus, aber: Sie halten weder das Pressing noch das variable Flügelspiel über 90 Minuten durch. Irgendwann – wir F95-Fans kennen das – werden sie schlampig, die Fehler häufen sich, und selbst designierte Absteiger wie Aue oder Sandhausen können Oberwasser kriegen. Ihr Tormann ist eine Bank und besonders anfällig für Tore nach Standards sind sie nicht. Dass der HSV nicht ein bisschen höher in der Tabelle steht, hat aber auch mit Pech zu tun – etliche Alu-Treffer und unglücklich abgefälschte Bälle hatten sie bislang zu verkraften. Beim Testspiel in der Pause gegen Wolfsburg bezogen sie ein deutliches 4:1, das aber – will man den Spielberichten glauben – mindestens ein Tor zu hoch ausgefallen ist.
Während der Hamburger als ein echtes Testspiel absolvierten, wurde die glorreiche Fortuna vom Namensgeber der Arena, einer Glücksspielbude, die schon manchen Menschen ins Unglück getrieben hat, gezwungen, gegen die in der Westfalenliga 1 (sechste Liga) antretenden Preußen Espelkamp anzutreten, wo die Jungs ein eher müdes 6:0 fabrizierten. Während F95 sechs Nationalspieler für ihren jeweiligen Verband abstellen musste (darunter zwei U21-Spieler), waren es beim HSV nur vier, allesamt U21-Kicker. Bei den Fortunen kam Chris Klarer leicht blessiert zurück, wird aber wohl antreten können. Schlimmer, dass Shinta Appelkamp sich trotz Vollimpfung infiziert hat und in Corona-Quarantäne sitzt. Den Hamburger kam in der Pause dagegen keine Kicker abhanden.
Zurück zur Taktik. Gesetz Nr. 1 für die Fortunen bei dieser Partie lautet: Lasst euch nicht überrennen! Denn das strebt der zukünftige Zweitliga-Dino gern an und kriegt das auch dank der schnellen Stürmer bisweilen hin. Gegen das hohe HSV-Pressing hilft es, die vorderen Reihen in die Breite zu ziehen und mit Diagonalpässen zu spielen. Wichtig im Offensivspiel ist eine starke Besetzung des gegnerischen Sechzehners. Und die Viererkette wird sich aufs Verteidigen konzentrieren müssen und eher seltener offensiv aktiv werden. Insgesamt empfiehlt sich gegen die Hamburger eine eher abwartende Spielweise. Geduld kann hilfreich sein, die oft nachlassende Konzentration der Rautenkicker ab der 60. Minute auszunutzen.
Die Systematik und die Startaufstellung
Es steht nicht zu erwarten, dass Trainer Christian Preußer im Volkspark zwei Spitzen aufbieten wird. Ihr Ergebener würde sich als einzigen Mittelstürmer Robert Bozenik wünschen, aber bei rein logischer Denke läuft es doch auf Rouwen Hennings hinaus. Weil hinten fast zwangsweise eine Viererkette stehen muss, stellt sich vor allem die Frage nach der Grundordnung des Fünfermittelfeldes und dessen personelle Besetzung. Auf außen bleibt Preußer kaum eine Wahl, hier muss rechts Khaled Narey dann ran, wenn Zimbo Zimmermann fit genug ist, den rechten AV zu geben. Kris Peterson ist ebenfalls alternativlos, und man muss als rotweiß gefärbter Mensch hoffen, dass er endlich mal wieder auf der Höhe seiner Fähigkeiten antritt.
Wenn wir schon bei Zimmermann sind. Andre Hoffmann fällt aus, aber Chris Klarer wird wohl fit genug sein. Das bedeutet, dass alles für ein IV-Duett aus Klarer und Dragos Nedelcu spricht. Moment! Nedelcu und Adam Bodzek, den Ihr Ergebener neben Cello Sobottka im defensiven Mittelfeld sieht, könnten auch die Plätze tauschen. Dann würde Käpt’n Bodze als Innenverteidiger antreten und Nedelcu dürfte auf seiner geliebten Sechserposition mittun. Es wäre so schön, könnte an sich mal wieder Leon Koutris als linken AV sehen, aber erstens hat er einen Lädnerspieleinsatz hinter sich und zweitens dürfte der Spielplan eher nach dem soliden Flo Hartherz rufen.
Ach ja, jetzt brauchen wir ja noch einen Spielmacher, also einen Zehner oder Achter. Ao Tanaka hat bei seiner Verbandsauswahl endlich wieder überzeugt, dürfte aber nach der Reiserei für einen Startplatz zu müde sein. Der arme Shinta kann sich das Spiel nur im TV anschauen. Bleibt überhaupt nur Kuba Piotrowski, der entsprechend seiner Spielweise eher als Achter agiert, also quasi ein Mehrzweckmann im Mittelfeld und Sturm ist. Dass er mit Cello harmoniert, haben wir nun schon mehrfach gesehen, mit Bodze kommt er auch klar. Mit Rouwen hat er auch schon ordentlich kooperiert. Und ein paar Minuten Erfahrung mit Khaled auf außen hat er auch – dito mit Kris. Also, her mit Kuba!
Die Frage nach der Nr. 1 im Tor hat Preußer entschieden. Er setzt weiter auf Flo Kastenmeier, und Ihr immer noch erstaunlich ergebener F95-Beobachter findet das richtig. Ihn nicht in die Kiste zu stellen, könnte Flo nur als Strafaktion auffassen, was nicht zwingend motivierend ist. So sicher Raffa Wolf als „Ersatz“ gegen Paderborn aufgetreten ist, so wenig hat er für den Spielaufbau getan – er ist halt ein sehr guter Tormann alter Schule, während Flo den modernen Keeper repräsentiert. Wenn es aus irgendeinem Grund nötig würde, Kastenmeier zu ersetzen, sollten die Coaches den Mut haben, auf den kommenden Supertorwart Dennis Gorka zu setzen.
Der Tipp
Der vorgeschlagene Spielplan läuft darauf hinaus, dass Flo Kastenmeier höchstens einmal wird die Pille aus dem Netz klauben müssen. Sind die vier im vorderen Bereich gut drauf, ist der wunderhübschen Fortuna zuzutrauen, einmal mehr einzulochen. Ein vorstellbares (Traum)Ergebnis hieße also 1:2, und die Rotweißen gehen als Sieger vom Platz. Andererseits neigt der HSV der laufenden Spielzeit ja zum Unentschieden, was ja schon sehr schön für die Fortunen wäre. Dann könnte es zu einem 1:1 kommen. Der Bauch des Ergebenen, der ja immer eher fortunistisch brummt, sagt übrigens ein 3:1 für die Düsseldorfer Farben voraus – unter anderem mit einem von Rouwen Hennings verwandelten Foulelfmeter und einem Tor durch Khaled Narey.
5 Kommentare
Erhöhe auf 1:4
95olé
Bodzek, Hennings, Hartherz … mir wird schlecht … (Shinta hätte ja eh nicht gespielt, super gemacht ihn vorher auch zu schonen), leider glaube ich in dieser Konstellation an einen klaren HSV Sieg 4:1
Ich habe von Taktik groß keine Ahnung aber ich habe ein Bauchgefühl und ohne die zwei besten Spieler kriegen wir in Hamburg eine Klatsche. Nach diesem Spiel weiß ich aber was ich von unserem Trainer zu halten habe. Wenn wir morgen verlieren wird es sehr schwer für ihn. Ich hoffe aber wir schaffen das..
Gerade weil wir jetzt mal als „Underdog“ antreten…
Ich hab ein gutes Gefühl für heute Abend.
Ich habe kein gutes Gefühl für heute Abend, dafür waren die bisherigen Leistungen zu wenig konstant und auch nicht gut genug. Trotzdem weiss ich nach dem Spiel noch lange nicht, was ich von dem Trainer halten soll.
Ich halte eine Trainerdiskussion für überflüssig. Wenn die so oft geforderte Konstanz eingehalten werden soll, kann man nicht gleich wieder den Trainer feuern. Einen Abstieg wird es nicht geben (an einen Aufstieg habe ich eh keinen Gedanken verschwendet). Also sollte man m. A. n. Preusser seine zwei Jahre gebe und dann Bilanz ziehen. Es gibt genügend Beispiele, wo sich Geduld auszahlt. Aktuell (und auch in dieser Saison) konnte man das letzte Saison in St. Pauli sehen. Ich sehe die Probleme in erster Linie bei Herrn Klein und seiner Kaderplanung. Da muss zuerst der Hebel angesetzt werden. Besonders auf der Torwartposition (sofern Gorka nicht mal eine Chance bekommt) und in der Defensive. Wenn die richtigen Schlüsse gezogen werden und für die kommende Saison passende Spieler geholt werden (gerne auch aus dem eigenen Nachwuchs oder solche, die momentan hinten an stehen), traue ich Herrn Preusser einiges zu.
Eine Trainerentlassung jetzt oder zur Winterpause wäre das falsche Signal. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass die Verantwortlichen derzeit einen Gedanken daran verschwenden.
Zum Spiel heute Abend: müsste ich tippen, würde ich auf null Punkte setzten und mich über mehr freuen.