Analyse · Irgendwie lässt einen die Fortuna-Saison 2021/22 bislang kalt. Am aufregendsten war noch die Nachspielzeit beim Heimspiel gegen Bremen. Ansonsten fühlt sich das alles ziemlich unterkühlt an. Was natürlich auch am Cheftrainer und seiner analytischen Art liegt. Dabei wissen wir altgedienten Fans doch, dass die launische Diva Feuer braucht, um erfolgreich zu sein, dass sie besser dasteht mit Pauken und Trompeten und wenn sie mit fliegenden Fahnen auf die brüllende Süd zu spielt. Am besten noch mit einem Schieber als Schiri und einem unfairen Gegner, dass wir uns auf den Stehplätzen so richtig aufregen können. Alternativ entzündet durch feines zielgerichtetes Spiel zelebriert von richtigen Typen – man denke an die Zeiten mit Beister und Rösler. Was auch helfen könnte, wäre einen Gegner mal so richtig an die Wand zu spielen. Davon ist die rotweiße Truppe momentan weit entfernt. Gegen eine Mannschaft wie die Schanzer, die ziemlich aus dem Leim ist, gäbe es die Gelegenheit… [Lesezeit ca. 5 min]
Na, neugierig auf den Vorbericht? Nach einer kurzen Werbeunterbrechung geht’s weiter. Denn The Düsseldorfer versteckt sich nicht hinter einer Paywall. Alles, was du hier findest, kriegst du geschenkt. Wenn dir aber gefällt, was du liest, dann kannst du uns finanziell unterstützen. Durch ein Fan-Abo oder den Kauf einer einmaligen Lesebeteiligung. Wir würden uns freuen. Danke für deine Aufmerksamkeit!
Aber stattdessen zettelt der Boulevard eine sinnlose Torwartdebatte an, und der Trainer philosophiert in der Pressekonferenz über die Feinheiten der Systematiken mit einem oder zwei Stürmern. Ihr trotz allem in höchstem Maße Ergebener ist frustriert. Vorberichte wie diese zu schreiben, ja, das machte zu Zeiten vom faltigen Neusser und in der Ära Uwe Rösler noch Spaß, jetzt fühlt es sich nach Taschenrechner an.
Der Matchplan
Was haben wir uns über Röslers Denglish und seine Matchpläne lustig gemacht. Jetzt vermisst man sie schon beinahe. Gut, Christian Preußer ist jemand, der die Worte, die ihm aus dem Mund fallen bestens unter Kontrolle hat und geht – im Gegensatz zu seinem Vorgänger – in der Vor-dem-Spiel-Pressekonferenz nie sehr ins Detail, weil er zurecht fürchtet, der Gegner könne lauschen. So hat er auch zur Partie an der Donau eigentlich nichts gesagt, aus dem sich auf den Auftritt schließen ließe.
Nehmen wir ihm die Arbeit ab bzw. schreiben wir, was er nicht sagt. Wir haben es beim Aufsteiger mit einem Team zu tun, das offensiv hilflos und defensiv leicht zu überrollen ist. Der Sieg der Ingolstädter gegen Sandhausen (ihr bisher einziger) war Ergebnis einer typischen Not-gegen-Elend-Partie; das gilt auch für den Pokalsieg des FCI gegen Aue. Potenziell müsste also die Fortuna auftreten wie der FC St. Pauli (4:1) oder Werder Bremen (3:0) wenn nicht gar wie die Darmstädter Lilien (6:1). Diese drei Mitbewerber haben ihre Siege erreicht, indem sie von Beginn an maximalen Offensivdruck aufgebaut und konzentriert auf die Lang-und-weit-Versuche der Schanzer reagiert haben. Genau so müssen die Jungs mit dem F95 auf der Brust es morgen machen.
Das System und die Startaufstellung
Diesen Punkt können wir relativ kurz halten, denn Coach Preußer hat dazu mehrere klare Statements abgegeben. Erstens: Im Tor spielt Flo Kastenmeier. Zweitens: Die wesentliche Frage lautet „Mit einem oder mit zwei Spitzen?“ Die Antwort zieht einiges nach sich. Drittens: Möglichst wenig Wechsel im Vergleich zum Regensburg-Spiel. Und damit steht neben dem Keeper die Viererkette fest. Andre Hoffmann und Chris Klarer spielen sich weiter als Innenverteidiger-Duo ein. Links daneben erhält Flo Hartherz den Vorzug vor Leon Koutris (der für ihn kommen könnte, wenn es offensiv sehr, sehr gut läuft). Rechts spielt wieder Khaled Narey, weil er eben nicht nur defensiv kann, sondern auch zwischendurch einen Außenstürmer gibt.
Und dann wird’s schwierig. Gehen wir die Variante mit einer Spitze – die zwingend Robert Bozenik heißen muss – durch. Der würde flankiert von Kris Peterson (zu dem Preußer trotz dessen gelegentlichen Schwächen ebenfalls völlig zurecht steht) auf der linken und Felix Klaus auf der rechten Seite, für den je nach Lage der Dinge Niklas Shipnoski kommen könnten. Wir haben also ein 4-3-2-1, und da gibt es für das Dreier-Mittefeld nur eine Wahl: Cello Sobottka, Ao Tanaka und Shinta Appelkamp. Ja, Ihr Ergebener sagt klar: Shinta muss starten. Auch, weil das genannte Trio eines ist, das langfristig so stehen könnte und sich einspielen muss.
Preußer hat es sehr fein ausgeführt, was möglich wäre, wenn er doch zwei Spitzen antreten lässt, also Rouwen Hennings und Bozenik. Denn dann wäre ein 4-4-2 bzw. das ähnliche 4-2-2-2 angesagt. Was enorme Auswirkungen aufs Mittelfeld hätte. Ein Trio geht dann eben nicht. Man hätte eine Doppelsechs und davor zwei Außen. Der Trainer hat fallenlassen, dass in diesem Fall Shinta Appelkamp auf den Flügel ausweichen könnte (Was Ihr Ergebener aus Erfahrung für eine blöde Idee hält). Als Sechser würden dann Cello Sobottka (defensiv) und Ao Tanaka (offensiv) fungieren. Weil Kris Peterson der stärkere Außenstürmer ist, müsste Shinta auf die rechte Flanke ausweichen. Das sähe dann so aus:
Ihrem Ergebenen gefällt das nicht besonders, denn das oben beschriebene Mittelfelddreieck, das hat Zukunft. Problem beim Spiel mit einer Spitze: Es braucht mindestens zwei weitere Kicker, die in der Lage sind Tore zu erzielen. Appelkamp hat gezeigt, dass er es kann. Tanaka hat mit dem aberkannten Treffer auch was aufblitzen lassen. Sobottka ist ebenfalls für ein gelegentliches Tor gut, Peterson an seinen besten Tagen auch. Womit wir bei Shipnoski sind: Der war ja bei Saarbrücken als Knipser unterwegs, hat aber bei uns noch nie in einer Position gespielt, die ihn als Torschütze gefährlich werden ließ. Wenn es bei einer nominellen Spitze bleibt, könnte Niklas eine strahlende Zukunft bei uns haben.
Noch kurz zu den möglichen Wechseln. Spielt Bozenik allein Spitze, kann er natürlich bei Bedarf und/oder Erschöpfung Rouwen Hennings weichen. Die Paare in der Defensive sind gesetzt: Koutris für Hartherz und Zimmermann für Narey. Dragos Nedelcu kann im Fall des Falles Hoffmann oder Klarer ersetzen. Kuba Piotrowski ist als Ersatz für Tanaka oder Appelkamp denkbar, Käpt’n Bodze für Sobottka. Werden Shinta und/oder Ao ausgewechselt, hätte das immer Umstellungen im Mittelfeld zur Folge – zum Beispiel ein Aufrücken von Narey, dessen AV-Position von Zimbo übernommen würde. Auch der Einsatz von Nedelcu als Sechser ist ja denkbar.
Der Tipp
Sagen wir es klar: Alles andere als ein klarer Sieg gegen den Aufsteiger wäre eine Enttäuschung. Erlauben sich die Schützlinge von Preußer keine Schlafphasen und keine Schlampigkeiten, werden die Schanzer kaum zu Chancen kommen, sodass die Null bei Flo Kastenmeier stehenbleibt. In der Variante mit einer Spitze denkt Ihr Ergebener, dass Robert Bozenik für zwei Tore gut ist und Shinta Appelkamp, Ao Tanaka und/oder Kris Peterson Treffer beisteuern – das röche nach einem 3:0. Spielen zwei Spitzen, könnte die Ausbeute ähnlich hoch sein. An schlechtere Ergebnisse möchte ihr inzwischen leicht frustrierte Ergebene einfach nicht nachdenken.
3 Kommentare
Danke dafür, die eigentlich angenehme analytische Art des Trainers wird tatsächlich mittlerweile etwas anstrengend, da das Spiel der Mannschaft eben bislang keine Begeisterung zulässt. Da fehlt was, worauf ich mich freue. Ehrlich gesagt ging mir das aber unter Rösler und manchmal auch schon unter des Neussers Fuchtel so, obwohl seine öffentlichen Auftritte damals eher das Salz in der Suppe waren. Es fehlt bisher das eine richtig gute, überzeugende Spiel, das aber wie gesagt schon auch unter Uwe. Aber, die Hoffnung stirbt zuletzt, vielleicht heute.
eine Dreierkette (reicht aus) und dann hoffentlich mit Cello, Tanaka, Shinta im Mittelfeld. Eine Viererkette und davor 2 x 6er wäre ja völlig unpassend gegen diesen FCI. Hoffentlich mal ein klarer Sieg!!!
insgesamt stimme ich allem zu, auch den Kommentaren. Ein überzeugender Sieg muss endlich mal her. Bisher kommt auch bei mir weder im Stadion noch vor dem TV Leidenschaft oder Begeisterung auf.
Was die Torwartdiskussion betrifft, sollte diese sicher nicht über die Medien geführt werden. Aber die tun, was Medien heutzutage eben machen.
Für mich persönlich steht Kastenmeier aber schon zur Diskussion. Seit seinem ersten Spiel für Fortuna sehe ich bei seinen bekannten Schwächen (hohe Flanken, Strafraumbeherrschung) keine Verbesserung. Ich erinnere an Bremen, wo seine Fehler zu Gegentoren führten. Letzte Woche gegen Regensburg blieben diese zum Glück ohne Folgen. Aber das ist die Entscheidung vom Trainer. Man wird sehen, ob die Fehler von K. irgendwann dann die Ausnahme sein werden.