Analyse · Es ist eine Affenschande, dass wir Liebhaber der glorreichen Diva in dieser Saison nicht an der Castroper Straße vorbeischauen dürfen. Zwar stammt das Ruhrstadion, das aktuell den Namen einer zweifelhaften Wohnungsbaugesellschaft tragen muss, erst von 1979, aber es transportiert volle Kanne den leicht schmuddeligen Charme der Achtzigerjahre. Reist man per Fanbus an, muss man am Bochumer Musicaltempel parken und sich über einen unübersichtlichen Weg bis zum Gästeeingang an der Südwestecke durchschlagen. Und dann rein in diesen tortenstückförmigen Stehblock mit der mehrfachen Sichtbehinderung. Dort haben wir in den letzten Jahren öfters aufregende Nachmittag und Abende verbracht. Ob auch das Fluchtlichtspiel morgen aufregend wird, wird sich zeigen. So wie’s aussieht, kann es aber für F95 einen Riesenschritt nach vorne oder einen ernsthaften Rückschlag geben. [Lesezeit ca. 5 min]

Immerhin haben die ehemals Unabsteigbaren dem kommenden Zweitligadino eine verdiente Heimniederlage beschert und damit gezeigt, dass sie in dieser Saison etwas zu sagen haben. Auffallend an diesem Team sind die enorme Aggressivität im Spiel gegen den Ball und zwei Halbstürmer, vor denen man Angst kriegen kann. Einer von denen heißt Blum und wäre in früheren Zeiten ein Fall für die Manndeckung gewesen. Dazu zwei immer gefährliche Torschützen. Dafür ist aber die Bochumer Defensive ein bisschen anfällig – weniger auf den Außenseiten als vielmehr in der Zentrale.

Der Spielplan

Das wirksamste Mittel des aktuellen Teams der VfL Bochum 1848 GmbH & Co. KGaA sind die vielen erzwungenen Ballgewinne in Zweikämpfen. Auch wenn die Quote bloß bei knapp über 50 Prozent liegt: Holen sie sich so das Ei, gehen sie schnell nach vorn. Die Passquote ist deutlich besser als die der Fortuna, aber das will ja nichts heißen, denn in dieser Hinsicht ist die Mehrheit der Konkurrenzmannschaften besser als F95. Das alles haben auch unsere Coaches so auf dem Zettel und werden anordnen, dass die Rotweißen mindestens genauso hart in die Zweikämpfe gehen – und zwar so hoch wie gerade noch vertretbar, ohne Risiken einzugehen.

Es wird nicht anders gehen als über Konter; und zwar eher nicht nach dem immergleichen Muster über tieflaufende Außen, sondern gern auch mal über Steilpässe in den generischen Sechzehner – und vor allem über variantenreiche Standardbälle, besonders Freistöße aus der Halbdistanz. Gegen das bedrohliche Angriffsspiel der Bochumer wird nur helfen, wenn unsere nominellen Offensivkicker intensiv in der Verteidigung mithelfen; Spieler, die das nicht wollen und/oder können, sollten eher nicht aufgestellt oder im Zweifel ausgewechselt werden.

Das Spielsystem und die Aufstellung

Die Debatte läuft um die Frage, ob eine Vierer- oder die bei Uwe Rösler beliebte Dreierkette aufgeboten werden sollte. Das Verrückte: Waren die meisten der vorangegangenen Partie durch den Mangel an Möglichkeiten gekennzeichnet, herrscht nun schon fast die Qual der Wahl. Zu allem Überfluss bieten sich gleich zwei Versionen eines Dreierverbunds vor Tormann Flo Kastenmeier an. Gesetzt sollten Christoph Klarer und Kevin Danso sein, aber sowohl mit Andre Hoffmann als auch Luka Krajnc ist ein solches Trio denkbar. Der „Kinderriegel“ ergänzt um Matthias Zimmermann auf der rechten und Luka Krajnc auf der linken Seite ergäbe die vernünftigste Viererkette.

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Davor wird’s schwierig. Nach seinen prima Vorstellungen als Linksverteidiger und wegen seiner Einstellung und Ausstrahlung sollte Cello Sobottka auf seinen angestammten Platz als Sechser zurückkehren. Ob daneben der nicht ganz fitte Käpt’n Bodzek antreten muss, ist fraglich. Spinnen wir die Idee von der Dreierkette weiter, läuft alles auf ein 3-5-2 hinaus wie wir es unter der Schirmherrschaft von Mister Rösler in der vergangenen Saison schon gesehen haben. Diese Grundordnung bietet zwei Vorteile in Bezug auf den Matchplan: Zwei echte Spitzen und gleichzeitig viele Varianten im Mittelfeld. Dort würde Ihrem Ergebenen ja die Kombi aus Eddie Prib und Shinta Appelkamp, die er im Spiel gegen Sandhausen ziemlich prima fand, gefallen, aber in der Kooperation mit Kuba Piotrowski ist der Eddie auch gut denkbar.

Es wird nicht so kommen, aber Ihr Ergebener würde versuchsweise auch einmal auf Rouwen Hennings als Knipser verzichten. Wie es ja bei diesen Vorschauberichten auch nicht darum geht, wer denn nun Recht behält, sondern um Denkspiele. Die laufen bei den bisher gegebenen Randbedingungen auf einen P-Tsunami hinaus, denn mit Kris Peterson, der sich in einem eher defensiv orientierten Mittelfeld eh wohler fühlt, und einem Toni Pledl als rechtem Außenläufer haben wir dann vier Jungs mit dem ominösen Anfangsbuchstaben in der Startelf. Und wenn wir schon alles über den Haufen schmeißen, lassen wir Matthias Zimmermann neben Bodzek und Hennings als dritten „Altfortunen“ erstmal auf der Bank und lassen Kenan Karaman mit einem Schuss Narrenfreiheit und Dawid Kownacki mit seinem unbändigen Torhunger ganz vorne antreten.

So könnte ein leicht verrücktes 3-5-2 gegen Bochum aussehen

So wie wir unser Coachingteam im Allgemeinen und Cheftrainer Uwe Rösler im Speziellen kennen, wird es zu dieser Startaufstellung nicht kommen – das hat er auf seine typische Art verklausuliert in der Pressekonferenz ja schon mitgeteilt. Wobei ein bisschen verwundert hat, dass er da nach eigenen Worten die Mannschaft für Montag schon im Kopf hatte und nur in Sachen Cello unsicher war. Der hat sich inzwischen gesund gemeldet und dürfte damit auch wieder von Sekunde Null an mittun. Rechnen wir also eher mit etwas Konservativem, was bedeutet, dass die Oldies Zimmermann, Bodzek und Henning auf jeden Fall dabei sind.

So oder so wird es eine spannende Bank geben, denn es ergeben sich eine Reihe möglicher Wechsel mit mehr oder weniger Positionstreue. Zum Beispiel: Andre Hoffmann für den frisch genesenen Luka Krajnc (wobei dann fast automatisch eine Dreierkette angesagt wäre). Oder Piotrowski für Käpt’n Bodze oder Cello Sobottka. Leo Koutris könnte zu seinem ersten Einsatz kommen – je nach Lage der Dinge für Sobottka oder Peterson. Ein Wechsel von Eddie Prib auf Shinta Appelkamp ist denkbar, und Jean Zimmer für Pledl kann man sich auch gut vorstellen.

Der Tipp

Ehrlich gesagt: Die Sache in Bochum kann schiefgehen. Kann passieren, dass die Hausherren rasch in Führung gehen und sich damit der fortunistische Plan in Staub auflöst. Kann sein, dass die Blauen unsere Jungs überrennen und gleich mehrere Dinger in Flos Hütte einlochen. Kann sein, dass die Zahl der rotweißen Torchancen wieder geringer als die der Finger einer Hand sein werden. Kann auch sein, dass irgendeine Minderleistung von Schiris und VA-Grottenolmen die Kiste entscheidet. Kann alles sein, aber wahrscheinlicher ist, dass die Bochumer irgendwie eine Bude machen und die Fortuna auch. Insofern würde Ihr mit Abstand am ergebenste Ergebener auf ein flottes Unentschieden tippen – und das wäre angesichts der Tabellensituation schon ein Erfolg. Denn eine Niederlage wäre tabellarisch ein Rückfall. Wobei ein Sieg in Bochum einen Riesenschritt in Richtung … oberes Tabellendrittel darstellen würde.

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