Als es im Sommer 2018 im Rhein in unserer Region zu dramatischem Niedrigwasser kam, wurde in den Medien oft von der Fahrrinne gesprochen, die bei sinkendem Pegel nicht mehr tief genug sei. In den Diskussionen um dieses Thema herum wurde aber deutlich, dass von dem, was eine Fahrrinne ist, ausgesprochen unscharfe Vorstellungen herrschen – ausgenommen bei den Menschen, die einen Bootsführerschein haben, denn die müssen das im Rahmen der Prüfungsfragen wissen.

Gehen wir ein paar Jahrhunderte zurück, verstanden Binnenschiffer auf dem Rhein, die mit ihren Lastenseglern auf dem Strom fuhren, unter der Fahrrinne eigentlich nur den Weg vorbei an den Untiefen. Die Kähne, die mit Pferd- und Menschenkraft getreidelt wurden, betraf das nicht, die hatten flache Böden und brauchten nicht mehr als die sprichwörtliche Handbreit Wasser unter dem Kiel. Heute regeln Verordnungen sowohl die Begrifflichkeit, als auch den Bau und den Unterhalt von Fahrrinnen – die übrigens ein Teil des Fahrwassers sind.

Fahrwasser bezeichnet den Bereich in einem Fluss und im Meer vor der Küste, der die für Schiffe erforderliche Wassertiefe aufweist. [Quelle: Wikipedia]

Das erklärt noch nicht den Begriff „Fahrrinne“, der ein wenig unpräziser definiert ist. Diese Definition ergibt sich aus den Antwortmöglichkeiten im Fragenkatalog für den Sportbootführerschein Binnen (Frage 89):

Es ist der Teil der Wasserstraße, in dem für den durchgehenden Schiffsverkehr bestimmte Breiten und Tiefen vorgehalten bzw. angestrebt werden. [Quelle: ELWIS]

Der Fahrrinnenkasten und notwendige Baumaßnahmen (Quelle: ELWIS)

Der Fahrrinnenkasten und notwendige Baumaßnahmen (Quelle: ELWIS)

Man mag den Unterschied für Erbsenzählerei halten, er beschreibt jedoch deutlich den Unterschied zwischen schiffbaren Gewässern und Wasserstraßen. Unser schöner Rhein ist bekanntlich eine Bundeswasserstraße, was man dem Verkehr darauf auch ansieht. Eine solche Wasserstraße ist Teil der Infrastruktur, deren Aufrechterhaltung dem Bund obliegt, der sie durch die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) ausüben lässt. Deshalb ist die WSV und die ihr untergeordneten Behörden verantwortlich dafür, dass auf dem Rhein – soweit er als Wasserstraße auf dem Bundesgebiet festgelegt ist – Fahrrinnen festgelegter Breite und Tiefe bereitstehen.

Nun stellen sich Laien diese Fahrrinne gern als keilförmigen Einschnitt in der Rheinsohle vor. Tatsächlich spricht man aber im Fachjargon auch vom „Fahrrinnenkasten“ und meint damit ein gedachtes Rechteck, dessen Seiten der Breite und Tiefe entsprechen. Tatsächlich ergibt sich in der Praxis die mögliche Breite aber meistens aus der angestrebten Tiefe, weil der Fahrrinnenkasten nicht breiter sein kann als das Fahrwasser. Weil außerdem die Beschaffenheit der Sohle und weitere geologische Faktoren eine Rolle spielen, sichert die WSV auf dem Rhein für bestimmte Abschnitte jeweils eine bestimmte Fahrrinnentiefe zu.

Das Profil der Fahrrinnentiefen im Rhein (Quelle: ELWIS)

Das Profil der Fahrrinnentiefen im Rhein (Quelle: ELWIS)

Diese Tiefe wird übrigens gemessen in Relation zum sogenannten „Gleichwertigen Wasserstand“ (GlW) als dem rein rechnerisch bestimmten Mittelwert an festgelegten Rheinpegeln – traditionell handelt es sich dabei um den Niedrigwasserstand, der im langjährigen Mittel an zwanzig eisfreien Tagen im Jahr unterschritten wird. Zwischen der niederländischen Grenze und Duisburg wird eine Fahrrinnentiefe von 2,80 Metern gewährleistet, zwischen Duisburg und Koblenz sind 2,50 Meter und „im Gebirge“ zwischen St. Goar und Iffezheim nur 1,90 oder 2,10 Meter.

Daraus, dass der GlW und die Fahrrinnentiefe relative, vom tatsächlichen Wasserstand abhängige Werte sind, ergibt sich die Frage nach dem Tiefgang von Schiffen. Anders ausgedrückt: Ab welchem Pegel können Binnenschiffe mit einem gewissen Tiefgang überhaupt noch auf dem Rhein fahren. Am Rheinpegel in Düsseldorf beträgt der GlW 0,97 Meter, was bedeutet, dass bei diesem Wasserstand noch eine Fahrrinnentiefe von 2,50 gewährleistet ist. Theoretisch könnten Schiffe mit einem tatsächlichen Tiefgang von 3,47 Metern hier fahren. Selbst bei einem Niedrigwasser wie im Sommer 2018 konnten Schiffe mit weniger als 1,80 Meter Tiefgang hier passieren.

Ausbaggern der Fahrrinne

Ausbaggern der Fahrrinne

Die Rheinsohle ändert ständig ihr Profil, weil der Rhein selbst und seine Nebenflüsse Sediment hineinbringen und weil die Strömung einerseits Kolke auswäscht und andererseits nicht nur feines Material sondern auch größere Findlinge bewegt. Deshalb wird von den jeweiligen Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern (WSA) kontinuierlich an der Fahrrinne gearbeitet. Vermessungsschiffe wie die Argus V sind ständig unterwegs, um Stellen zu finden, an denen die Fahrrinne ausgebaggert oder Fremdkörper entfernt werden müssen. Arbeitsschiffe sorgen für das Entfernen von Untiefen und Kolken durch Abtragen und Verfüllen.

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