Das Bild, das bei vielen Bürgern von Binnenschiffern herrscht, ist geprägt vom Berufsstand der Partikuliere. Denn dies ist die Sorte Menschen, die auf Güter- und Tankschiffen auf dem Rhein fahren, die von den Medien über die Jahre am häufigsten vorgestellt wurde. Da lebt die Familie an Bord ihre eigenen Schiffs und fährt Jahr für Jahr über die Flüsse und Kanäle, die Kinder gehen an Land ins Internat und reisen dann an Wochenende und in den Ferien mit – das gesamt Familienleben spielt sich also an Bord ab, und das Schiff ernährt diese Familie. Tatsächlich aber sind die mittelständischen Schiffseigner inzwischen in der Minderheit; die Mehrheit an Ladung wird von Schiffen transportiert, die mehr oder weniger großen Reedereien gehören. Aber, wie verdient denn ein Partikulier überhaupt sein Geld?

Logisch: Er wird vom jeweiligen Auftraggeber dafür bezahlt, dass er mit seinem Schiff Ladung von A nach B transportiert. Dies ist quasi die Urform der Güterschifffahrt, denn seitdem es das Gewerbe des Binnenschiffers gibt – also seit ungefähr 250 Jahren -, gibt es auch Schifferbörsen. In den Häfen trafen an festgelegten Plätzen und zu vereinbarten Zeiten Schiffer und ihre Kunden zusammen. Die Kunden riefen ihre Transportwünsche aus, und die Schiffseigner machten Angeboten. Hatte beispielsweise ein Händler im Hafen Ruhrort vier Tonnen Steinkohle an einen Käufer in Mannheim verkauft, die nun zu liefern waren, suchte er nach einem Schiff, das den Transport zu möglichst günstigen Kosten durchführen würde. Oft war die Reise nur für ein oder zwei Schiffer interessant, die dann durch Unterbieten versuchten, den Auftrag zu ergattern.

Flagge der DTG-EG, einer der großen Binnenschiffergenossenschaften

Flagge der DTG-EG, einer der großen Binnenschiffergenossenschaften

In den Zeiten der industriellen Revolution bzw. in der Zeit von etwa 1860 bis kurz vor dem ersten Weltkrieg boomte das Transportgeschäft, sodass zunehmend Reederei gegründet wurden, die mit ihren Flotten feste Verträge mit Kunden abschlossen, also auf die Schifferbörsen nicht angewiesen waren. Seit dieser Zeit teilt sich das Transportgeschäft auf Flüssen und Kanälen zwischen den Reedereien und den Partikulierern auf. Um aber gegen die teils kapitalkräftigen Reedereien behaupten zu können, schlossen sich die selbstständigen Binnenschiffer ab etwa 1890 zu Genossenschaften zusammen. Nun wurden Transportkontrakte zu einem großen Teil nicht mehr zwischen Händlern bzw. Speditionen und einzelnen Partikulieren geschlossen, sondern mit einer der Genossenschaften – die einzelnen Reisen wiederum im Stil von Börsen an die Schiffseigner vergaben. So ähnlich geht das noch heute, wobei die Abstimmung zwischen Nachfrage und Angebot nicht mehr per Zuruf erfolgt, sondern mit den Methoden der Logistikbranche.

Laut Definition ist ein Partikulier jemand, der ein oder maximal drei Schiffe besitzt, als selbstständiger Unternehmer handelt und in der Regel sein bzw. eines seiner Schiff selbst fährt. In aller Regel handelt es sich um Menschen, die aus einer Binnenschifferfamilie stammen, das Leben an Bord von klein auf kennen – und lieben. Oft wird DAS Schiff so von Generation zu Generation weitergegeben. Wie andere mittelständische Unternehmer auch gehen Partikuliere natürlich auch ins Risiko; z.B., wenn ein Schiff nicht mehr konkurrenzfähig ist oder mit vernünftigem Aufwand nicht mehr konkurrenzfähig gemacht werden kann. Dann steht der Kauf eines neuen Schiffes an, der eine Investition von einer bis drei Millionen Euro erfordert. So wird das Bedienen der Bankkredite für den Kauf nicht selten zum größten Kostenfaktor.

Koppelverband El Nino/La Nina des Partikuliers Rolf Bach

Koppelverband El Nino/La Nina des Partikuliers Rolf Bach

Moderne Partikuliere sind – jenseits aller Schifferromantik – eben in erster Linie Unternehmer und in dieser Eigenschaft grundsätzlich bereit für Innovationen. So erhielt der Partikulier Rolf Bach für das Vater-Sohn-Antriebskonzept seines Koppelverbandes El Nino/La Nina 2015, einer in die Realität umgesetzten Idee, den Kraftstoffverbrauch und damit die Schadstoffemissionen zu reduzieren, den Innovationspreis Binnenschifffahrt 2015. Denn das ist eines der ganz großen Themen der Binnenschifffahrt in diesen Jahren: Hin zum emssionsarmen bzw. emissionsfreien Antrieb im Güterverkehr auf den Wasserstraßen.

Innovationspreis 2015 der Allianz Esa Euroship

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