Binnenschiffe sind möglichst dauernd unterwegs, denn wenn sie nicht fahren, verdienen die Eigner kein Geld. Nun sind Binnenschiffer dafür bekannt, dass sie überwiegend so richtige Familienmenschen sind, und viele dieser Familien betreiben schon seit mehreren Generationen die Binnenschifffahrt. Also haben Menschen, die tagein, tagaus auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen sowie auf den Kanälen fahren, natürlich auch Kinder. Da fragt man sich: Und, wo gehen die eigentlich zur Schule? Tatsächlich gilt überall in Europa die Schulpflicht, die natürlich auch für die Kinder von Binnenschiffern gilt. Dementsprechend gibt es in der Praxis zwei Möglichkeiten für deren Schulbesuch:

Die Familie bleibt zuhause

In früheren Zeit war es meistens so, dass die Binnenschifferfamilie an Bord lebte und an Land kein eigenes Zuhause hatte. Heimat waren dann das Schiff und die Orte, an denen Verwandte wohnten; oft die Großeltern des Eigners und/oder seiner Frau. Heute aber verfügen viele, wenn nicht die meisten Binnenschiffer über einen festen Wohnsitz an Land. In diesem Fall gehen die Kinder ganz normal am Heimatort zur Schule. Der Vater (oder in sehr seltenen Fällen die Mutter) ist ohne Familie unterwegs, ungefähr so wie ein Fernfahrer mit seinem Lkw – mit dem Unterschied, dass die Reisen der Binnenschiffer meist wesentlich länger dauern, und der Familienvorstand entsprechend seltener daheim ist.

Die Familie fährt mit

Schüler des ehemaligen Schifferkinderheims Nikolausburg in Homberg

Schüler des ehemaligen Schifferkinderheims Nikolausburg in Homberg

Immer noch wohnen nicht wenige Familien mit Kind und Kegel an Bord ihres Schiffes. Jedenfalls so lange, bis die Kinder schulpflichtig werden. Dann greift bei deutschen Familien die besondere Schulpflicht reisender Kinder, denn Binnenschiffer zählen zu den „beruflich Reisenden“ – genau wie Schausteller, Zirkusangehörige und Artisten. Während es aber für das sogenannte „fahrende Volk“ in mehreren Bundesländern mobile Schulen unter dem Motto „Schule unterwegs“ gibt, die an die Plätze reisen, an denen ein Zirkus sein Zelt aufgebaut hat oder ein Volksfest stattfindet, sind die Binnenschiffer in aller Regel gezwungen, ihre Sprösslinge aufs Internat zu schicken.

Schifferkinderheime

Das ehemalige Schifferkinderheim Homberg (Duisburg)

Das ehemalige Schifferkinderheim Homberg (Duisburg)

Früher wurden die Kinder mit sechs Jahren nicht selten in einem Schifferkinderheim eingeschult, also einem Internat spezielle für die Söhne und Töchter von Binnenschiffern. Von dem guten Dutzend solcher Schifferkinderheime in Deutschland sind aktuell noch dreiübrig geblieben: das Schifferkinderheim Würzburg, das Schifferkinderheim der Diakonissenanstalt Salem-Köslin in Minden und das Evangelische Schifferkinderheim in Mannheim. Erst vor fünf Jahren wurde die letzte Schifferkindergruppe im ebenfalls in Mannheim beheimateten Luisen-Stephanienhaus mangels Nachwuchs aufgelöst. Denn immer weniger Schifferfamilien geben ihre Kinder in diese traditionsreichen Einrichtungen, sondern bevorzugen „normale“ Internate.

Leider ging es in den Fünfziger- und Sechzigerjahren in den Schifferkinderheimen teilweise genauso schlimm zu wie in anderen Kinderheimen. Ein ehemaliger Schüler der Nikolausburg in Homberg schildert die Zustände in einem Zeitungsbericht. Andererseits hängen viele Binnenschiffer, die einen Teil ihrer Kindheit in einer solchen Einrichtung verbracht haben, immer noch an „ihrem“ Schifferkinderheim, treffen sich in Internetforen und veranstalten Ehemaligentreffen. Trotzdem scheint es, als ginge die Ära der Schifferkinderheime langsam zu Ende, weil immer weniger Binnenschiffer ihren Nachwuchs in diese spezielle Art Internat schicken.

In den Ferien

In den Ferien fahren die Kinder von Binnenschiffern gern mit

In den Ferien fahren die Kinder von Binnenschiffern gern mit

Ob die Sprösslinge nun am Wohnort der Familie zur Schule gehen oder ein Internat besuchen, in den Ferien ist für die meisten von ihnen das Schiff der Ort, an dem sie endlich über mehr als ein Wochenende mit Papa und Mama und den Geschwistern zusammen sein können. Außerdem ist es immer noch so, dass es sich gerade Schiffseigner nur in seltenen Fällen leisten können, mit Kind und Kegel in den Urlaub zu düsen. Da bietet das Schiff eben eine ganz besondere Art Ferienerlebnis für alle.

[Fotonachweis – Titelbild: Familie Kranenburg via ihrer Website westropa.nl; Foto „Schüler des Schifferkinderheims Nikolausburg“: Bundesarchiv Bild 194-0305-35 via Wikimedia; Foto: „Schifferkinderheim Nikolausburg“, Quelle unbekannt; Foto „Schifferkinder an Bord“: Sander van de Wel via Wikimedia unter der CC-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 generisch“]

3 Kommentare

  1. Dagmar Fellwock am

    „Tatsächlich gilt überall in Europa die Schulpflicht,…“
    Wieso erzählen Sie solchen Unfug?

    Schulanwesenheitszwang gibt es nur in Deutschland!

    Fast überall in Europa kann man wählen, ob man schulische oder andere Bildungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will, z. B. Lernen Zuhause -nur in DE nicht!

    Sehr schlecht recherchiert.

    • Rainer Bartel am

      Lieber Leser:innen, nehmen Sie diesen Ausfall der Dame nicht allzu ernst – sie ist als notorische Leserbriefschreiberin bekannt, die allerdings nicht einmal in der Lage ist, zwischen „Schulpflicht“ und dem, was die „Schulanwesenheitszwang“ nennt, zu unterscheiden. Wir haben uns jedenfalls köstlich amüsiert.

      • Dagmar Fellwock am

        Gibt es auch noch eine substantiierte Begründung Ihrer Aussage? Oder muss sich jetzt der Leser auf Ihre persönliche Meinung verlassen?
        Wo nehmen Sie die Begründung Ihrer Behauptung als notorische Lesebriefschreiberin meiner Person her? Wer recherchieren kann, wär klar im Vorteil – auch beim Artikelschreiben.

        Gruß