Wenn unser mächtiger Strom nur aus einer seiner Quellen in den Schweizer Alpen gespeist würde, käme er bei uns bestenfalls als schmaler Bach vorbei. Damit er so breit und stolz zwischen Köln und Duisburg vorbei und durch Düsseldorf hindurchfließt, braucht er das Wasser aus Dutzenden, ja, Hunderten Zuflüssen, von denen einige in unserer Region liegen. So entsteht eines der größten Flusssysteme Europas. In unserer Region finden sich neben den fünf Nebenflüssen (Sieg, Wupper, Erft, Ruhr und Emscher) noch diverse Bäche und kleiner Zuflüsse, die mit ihrem Wasser den Rhein speisen. Von denen soll hier die Rede sein.

Die Sieg

Der Verlauf der Sieg bis zum Rhein

Der Verlauf der Sieg bis zum Rhein

Über rund 155 Kilometer bewegt sich dieser im Rothaargebirge entspringende Fluss bis zu seiner rechtsrheinischen Mündung bei Bonn-Geislar bzw. -Mondorf gut zwölf Kilometer südlich von Köln. Dort finden sich mit den Siegauen das größte (weitgehend) naturbelassene Mündungsgebiet eines Rheinnebenflusses überhaupt. Vom Siegerland über Siegen und Siegburg sind viele Landschaften und Orte mit diesem Fluss verbunden.

Die Wupper

Das Tal der Wupper bei Solingen

Das Tal der Wupper bei Solingen

Erdgeschichtlich betrachtet ist die Wupper älter als der Rhein, denn als sie vor gut 30 Millionen Jahren bereits in Ost-West-Richtung floss, gab es unseren wundervollen Fluss noch gar nicht – die Wupper mündete direkt ins Meer. Überhaupt hat dieser Fluss, der einer im 20. Jahrhundert aus mehreren Gemeinden zusammengeschlossenen Stadt den Namen gab, viele Eigenschaften, die ihn unter allen Nebenflüssen des Rheins zwischen dem Bodensee und Rotterdam einzigartig macht.

Mehr als 37 Bäche bilden die Quelle in Feuchthochmoor bei Meinerzhagen im westlichen Sauerland, eine recht ungewöhnliche, geografische Konstellation. Von hier aus hat sich der Fluss seine tiefen Täler durch beinahe alle südlichen Ausläufer des bergischen Landes gegraben, bevor er beim heutigen Leverkusen in den Rhein mündet. Schon in der Ära der Frühindustrialisierung im 18. Jahrhundert wurde die Wupper nach den damaligen Regeln der Wasserbaukunst in ihrem Lauf genutzt – zunächst durch Wehre, dann durch Staustufen und später durch Stauseen. So wurde ihre Fließgeschwindigkeit geregelt, was das Anlegen von Kanälen und Bachläufern ermöglichte, die durch Wasserräder Maschinen betreiben konnten.

Alle größeren Städte des Bergischen Landes haben davon profitiert und wurden zu Keimzellen verschiedener Industrien: Wipperfürth, Hückeswagen, Radevormwald, Wuppertal, Remscheid, Solingen und Leverkusen. Über weite Strecken ist die Flusslandschaft der Wupper immer noch wild, naturnah und idyllisch. Erst zur Mündung hin musste sie dann als Brauch- und Abwassersystem der Industrie dienen. Das ist heute anders. Denn inzwischen sieht die Mündung bei Leverkusen-Rheindorf mit seiner künstlichen Aue wieder nach einem echten Fluss aus.

Die Erft

Die Erftmündung bei Neuss-Grimmlinghausen (Foto: Wikimedia)

Die Erftmündung bei Neuss-Grimmlinghausen (Foto: Wikimedia)

Als einziger rechtsrheinischer Nebenfluss in unserer Region und als Opfer des rheinischen Braunkohlebergbaus ist die Erft ein Unikum unter den Zuflüssen des Rheins. Sie entspringt unweit von Bad Münstereifel im Ahrgebirge, das den Nordostrand der Eifel bildet und fließt von dort aus den größten Teil in nördlicher Richtung, bevor sie in der Nähe von Grevenbroich nach Osten schwenkt, um in Neuss in den Rhein zu fließen.

Im Zuge des Braunkohletagebaus wurde das Bett der Erft mehrfach verlegt, teilweise kanalisiert und begradigt. Ab den Fünfzigerjahren leitete man Gründungswasser aus den Tagebaulöcher in den Fluss, dessen Volumen sich dadurch mehr als verfünffachte. Weil zudem auch Kühlwasser aus den Kraftwerken eingeleitet wurde, stieg die Temperatur der Erft um fast 8° an, sodass die ökologische Struktur vollkommen verändert wurde. Das Wasser ist so warm, dass sich in diesem Fluss Amazonasfische und tropische Schildkrötenarten angesiedelt haben.

Das viele Wasser hat aber auch seine Vorteile, vor allem, weil der Unterlauf der Erft weitestgehend naturbelassen ist. Östlich von Grevenbroich kann man nicht nur ausgedehnte Radtouren an ihren Ufern unternehmen; auf Neusser Stadtgebiet dient sie sogar Wildwasserkanuten als Trainingsgebiet.

Die Ruhr

Dieses Gewässer einen Nebenfluss zu nennen, kommt beinahe einer Degradierung nahe, denn kaum ein anderer Fluss steht in diesem Maße nicht nur für eine Region, sondern für eine geschichtliche Epoche. Deshalb soll an dieser Stelle nur gesagt sein, dass die Ruhr der wichtigste Nebenfluss des Rheins in unserer Region ist – die Ruhr wird demnächst Thema eines eigenen Beitrags im Rhein-Magazin sein.

Die Emscher

Die Emschermündung zwischen Dinslaken und Duisburg-Walsum (Foto: Wikimedia)

Die Emschermündung zwischen Dinslaken und Duisburg-Walsum (Foto: Wikimedia)

Dieser Fluss, der erst in den vergangenen zwanzig, dreißig Jahren überhaupt erst und nur teilweise renaturiert wurde, mündet gerade noch in unserem Sendegebiet in den Rhein, und zwar bei Dinslaken-Eppinghoven an der Grenze zu Duisburg-Walsum. 1899 gründete man die Emschergenossenschaft und begann, den Fluss, der zuvor durch ein bis zu fünf Kilometer breites Bachtal mäandrierte, zu begradigen und zu kanalisieren. Im Zuge der Industrialisierung, besonders des Aufbaus der chemischen Industrie, degenerierte die Emscher immer mehr zu stinkenden, toten Kloake.

Dabei war dieser Fluss mit ursprünglich fast 110 Kilometern Länge – gemessen ab seinem Quellteich am Haarstrang bei Holzwickede einst enorm fischreich, in seinen Auenwäldern gab es massenhaft jagdbares Wild, und an seinen Hängen wurde Wein angepflanzt. Während der Zeit der Kanalisierung wurde selbst die Mündung mehrfach verlegt, sodass es heute drei Mündungsarme gibt. Mit dem nahenden Ende des Steinkohlebergbaus begann ein Umdenken. Ab 2008 baute man am Emscherkanal, einer künstlichen Wasserstraße, die nach und nach die missbräuchliche Nutzung des Flusses übernehmen soll. Die weitestgehende Renaturierung wird aber sicher nicht vor 2030, 2040 abgeschlossen sein.

Die Düssel und andere Bäche

Angeblich DIE Düsselquelle...

Angeblich DIE Düsselquelle…

Nicht jedes Fließgewässer, dass in den Rhein mündet, gilt als Nebenfluss. Die Gewässerkunde nennt alles, was weniger als drei Meter breit ist, „Bach“; sie bilden zusammen mit den sogenannten „kleinen Flüssen“ die Zuflüsse. Von solchen Zuflüssen zum Rhein gibt es in unserer Region erstaunlich wenige; die meisten Bäche münden nämlich in die bisher vorgestellten Nebenflüsse.

Eine Besonderheit bildet in dieser Hinsicht die Stadt Köln, in der überhaupt keine kleineren Gewässer direkt in den Rhein fließen. Das hat mit dem Alter und der Bedeutung dieser Metropole über die Jahrhunderte zu tun. Alle Bäche wurden nämlich schon seit alters her auf die eine oder andere Weise urban genutzt – sei es als Trinkwasserquellen oder zum Betrieb von Mühlen. Viele Bäche wurden so in ihrem Lauf verändert, dass sich ihre Fließrichtung änderte, und etliche davon versickern oder münden in natürlich oder künstlichen Weihern.

Da bleibt beinahe nur der mehrarmige Bach übrig, der der NRW-Landeshauptstadt seinen Namen gegeben hat: die Düssel. Sie entspringt nicht weit der östlichen Stadtgrenze in den Ausläufern des bergischen Landes und hat, je nach Zählung, vier bis acht Quellen, von denen eine eher zufällig als DIE Düsselquelle gilt. Bei Gerresheim teil sie sich in die nördliche und die südliche Düssel. Vom nördlichen Arm zweigt der Kittelbach, vom südlichen der Brückerbach ab. Alle vier Düsselarme münden auf dem Stadtgebiet, wobei die nördliche und die südliche Düssel in der Nähe der Altstadt jeweils unsichtbar in den Rhein fließen, weil sie wegen des Rheinufertunnels auf den letzten Metern durch Rohre geführt werden. Kittel- und Brückerbach münden dagegen offen und sichtbar.

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