Wir waren vor Jahren eine Zeit lang Kollegen, der Achim Schütz und ich. Da gab es einen Betriebsausflug. Man karrte uns per Bus in irgendeine pittoreske Gegend und zwei Tage später wieder zurück. Es wurde ein herrliche Bustour, denn der Achim – der selbstverständlich eine Gitarre dabei hatte – und ich, wir sangen zusammen eine Auswahl ab Beatles-Songs. Nun kann der Achim natürlich viel besser singen als ich, und beim Klampfen falle ich ganz aus, aber was für jeden im Bus zu spüren war: Der ist ein richtiger Musiker. So wunderte es mich auch nicht, als er mich im vergangenen Sommer anmailte und von seinem Projekt „In Düsseldorf“ berichtete. Kurz und gut: TD hatte die Ehre, den Song zu präsentieren, und da dachten wir, diesen Achim Schütz, den müssten wir einmal etwas tiefergehend befragen.
Frage 1: Alle TD-Leserinnen und -Leser wissen, dass Düsseldorf eine wunderbare Stadt ist – woher weißt du das?
Achim Schütz: Dass Düsseldorf eine wunderbare Stadt ist, das habe ich in den Jahren meines Lebens erfahren, erlebt, gefühlt. Das ist was ganz Persönliches. Meine allerersten Erinnerungen an Düsseldorf sind der Geruch und der Klang der Brauerei Schumacher in der Oststraße. Dorthin sind wir Kinder mit unseren Eltern öfters zum Essen gefahren. Wir kamen damals aus Haan, wo ich bis 1990 gelebt habe. Mein Bruder und ich haben immer Bratwurst in Tunke gegessen, wir haben Apfelsaft getrunken, meine Eltern Altbier. Ich erinnere mich an die Köbesse mit ihren blauen Schürzen, an die laute Kulisse – diese ersten Erinnerungen an Düsseldorf stehen für mich bis zum heutigen Tag für Wärme, Geborgenheit. Ich wusste damals, dass ich einmal in dieser Stadt leben wollte. Was ich dann 1990 in die Tat umgesetzt habe. Ich kannte damals quasi nur die Kö und die Berliner Allee, war neidisch auf die Ur-Düsseldorfer, die alle Straßen und Stadtteile kannten. Ich hab seinerzeit begeistert die Stadt entdeckt und das sichere Gefühl gehabt: In dieser Stadt bin ich richtig. Das gilt bis zum heutigen Tag. Düsseldorf hat mich niemals enttäuscht. Und wenn ich auf Reisen bin und zurückkomme, dann überkommt mich immer das wohlige Gefühl von Heimat, und das tut richtig gut. Wie ließen sich diese Emotionen erklären, wenn Düsseldorf keine wunderbare Stadt wäre …?!
Frage 2: Eine Herausforderung: Verrate uns deine drei Lieblingsplätze in Düsseldorf, bitte.
AS: Nur drei? Na gut. Da starte ich mal mit und in Unterbilk, mein Viertel, mein Terrain, meine Gegend. Dort wohne ich in Sichtweite der Bilker Kirche. Hier habe ich auch die Straßenbahn aufgenommen, die ganz zu Beginn von IN DÜSSELDORF lauthals bimmelt und dann hinein ins Lied fährt. Einen gemütlichen Kaffee auf der Loretto, dann zum Markt auf dem Friedensplätzchen, und abends im Seifenhorst ne Pulle Füchschen Alt – so gefällt mir das. Nur einen Steinwurf entfernt liegt jenseits der Fußgängerbrücke im Hafen der Paradiesstrand, den ich nur meinen „Privatstrand“ nenne. Hier habe ich einst im warmen Sand, oft mutterseelenallein während der Woche, meine Magisterarbeit in Germanistik geschrieben. Wunderschön ist es dort im Sommer. Sonnen, dösen, lesen, grillen – der Strand ist wie geschaffen, um Kurzurlaub zu machen. Nummer 3 sind die Rheinfähren Langst-Kaiserswerth und Zons-Urdenbach. Wenn ich da mit meiner Vespa rübersetze, die Nase im Wind, die Augen aufs Wasser, die Gedanken nah und fern – dann spüre ich die Natur und die Weite des Landes. Abenteuer Heimat … mag schwülstig klingen, ist aber so.
Frage 3: Du bist musikalisch ja kein heuriger Hase – was war aus deiner Sicht bisher dein größter Erfolg?
AS: Mein größter Erfolg als kleiner Junge: dass ich mit 10 Jahren meinen ersten Song komponiert habe. Der hieß „Fröhliche Weihnachten für euch“, ist auf meiner allerersten Gitarre, einer spanischen Konzertgitarre, entstanden, und hat mich eines erkennen lassen: dass ich nicht nur Musik machen, sondern auch Musik erschaffen kann. Mein größter Erfolg als junger Mann: der Sieg beim „Jugend rockt“-Preis NRW“ anno ‘87. In der Kölner Musikhochschule habe ich damals mit meiner Band SERIES II aus den Händen des damaligen Kultusministers Hans Schwier eine goldene Schallplatte erhalten. Da war ich stolz wie Oskar! Mein größter Erfolg als gereifter Künstler: die Finalteilnahme beim 31. „Deutscher Rock und Pop Preis 2013“ in Ludwigshafen. Dort habe ich vor 3.000 Leuten mit meiner Band ZÜNDBUS meinen Song „Ich wünscht Du wärst hier“ präsentiert – ein tolles Erlebnis, eine sehr schöne Erinnerung. Mein größter Erfolg als Mann: wenn ich meiner Freundin – die ich gerade nicht habe … – Sonntagnachmittag etwas auf der Gitarre vorspiele und sie schwärmt: „Wie schön das klingt, mein Schatz.“
Frage 4: Du bist ja ein erfahrener Songschreiber – was kommt zuerst: der Text oder die Melodie?
AS: Immer erst die Melodie. Ich halte es da mit Keith Richards von den Stones, der mal sagte: Die Songs schwirren im Raum herum, Du musst nach ihnen greifen und sie festhalten. Der Mann hat recht. An manchen Tage klimper ich auf einer meiner 22 Gitarren rum, und es passiert nichts, es regt sich nichts, keine Inspiration, keine Zündung. Was ich locker seh, denn ein paar Tage später schwirrt‘s dann wieder, und ich greife zu, und ein neuer Song ist im Werden. Manchmal ist es ein Intro oder eine Strophe, manchmal ein Refrain. Es geht im ersten Stadium ausschließlich um die Musik. Die muss ich dann um die erste Idee herum weiter entwickeln – und das ist harte Arbeit. Bis ein Song in meinem Kopf fix und fertig ist, das kann Tage oder Wochen dauern. In der Zeit sing ich einfach tralala dazu, auch gerne schon mal auf englisch … das passt fürs Erste. Erst ganz zum Schluss kommt der Text, und ich muss zugeben, dass das oft ein ganz zäher Prozess ist, das Schreiben des Songtexts … IN DÜSSELDORF gab‘s mindestens ein halbes Jahr ohne Text, da hab ich eine Mischung aus Kauderwelsch und „was-mir-gerade-so-einfällt-und-gut-klingt“ geträllert. Bis ein Bandkollege bei den Proben meinte: „So, in einer Woche ist der Text fertig, sonst gibt‘s kein Bier mehr.“ Ok, dann hab ich mich eine Woche eingeschlossen, und dann war der Text fertig.
Frage 5: „In Düsseldorf“ ist ja eine wahre Lobeshymne – was erhoffst du dir in welcher Hinsicht auch immer von diesem Song und dem ganzen Projekt?
AS: Zu allererst erhoffe ich mir eine innere Zufriedenheit, dass ich das Ding gegen alle Widerstände und trotz aller Unwegsamkeiten durchgezogen habe. Und das war wirklich hartes Brot: IN DÜSSELDORF startete mit Band, die sich dann aufgelöst hat. Meine Entscheidung: Ich zieh das alleine durch. Ab sofort war ich die Band. Die Suche nach einem Musikproduzenten war langwierig, und nur ein purer Zufall hat mich mit meinem kongenialen Partner Michael Rinus zusammengebracht. Dann kam ein Todesfall dazwischen, und wir mussten die Produktion drei Monate ruhen lassen. Dann kam der Kampf mit dem deutschen Musikrecht, mit GEMA & Co., hinzu. Und immer war ich auf mich alleine gestellt, kein Label, kein Verlag, kein Team, nur der Achim und der Achim und der Achim. Das hat an den Nerven gezehrt. Als Song und Musikvideo, um Monate verspätet, endlich fertig waren und alles Bürokratische geregelt war, da hab ich geheult wie ein Schlosshund, so groß war die Last, die da von meiner Künstlerseele abgefallen ist. Jetzt würden mir n bisschen Bestätigung, n paar Schulterklopfer, ein „Jut jemacht!“ gut tun. Von den Düsseldorfern erhoffe ich mir, dass sie die die Nummer lieben, dass sie ihnen nicht mehr aus dem Kopf geht, dass sie sie liebend gerne mitsingen. Sollte ich mit dem Lied ein musikalisches Werk geschaffen haben, das in der schönsten Stadt am Rhein den nächsten Monat oder das nächste Jahr überdauert, dann wäre ich der glücklichste Mensch der Welt.