Sie kennt Düsseldorf und Paris wie ihre Westentaschen. Grund genug Antje Kahnt zu interviewen…
Porträt · Wir sind uns vor Jahren mal über den Weg gelaufen und haben uns dann auf Facebook miteinander verbündelt. Und dort lese ich immer mit Genuss, was Antje Kahnt so über ihre geliebten Städte Düsseldorf und Paris so schreibt. Und weil uns nicht nur die Liebe zu unserer schönen Stadt am Rhein, sondern auch zu Paris verbindet, wollte ich doch einmal genauer wissen, was es mit dieser Städteführerei so auf sich hat. In Paris führt die selbsternannte „Stadtstreicherin“ die Menschen schon seit mehr als 25 Jahren herum, in Düsseldorf auch schon über 20 Jahre. [Lesezeit ca. 3 min]
Na, schon gespannt auf dieses Interview? Nach einer kurzen Werbeunterbrechung geht’s weiter. Denn The Düsseldorfer versteckt sich nicht hinter einer Paywall. Alles, was du hier findest, ist gratis, also frei wie Freibier. Wenn dir aber gefällt, was du liest, dann kannst du uns finanziell unterstützen. Durch ein Abo oder den Kauf einer einmaligen Lesebeteiligung. Wir würden uns sehr freuen.
Und weil sie diesen Job sehr ernstnimmt, macht sie ihn nicht einfach so. Mit dem Zertifikat BVGD DIN EN 15565 verfügt sie über die in Deutschland anspruchsvollste Qualifikation für Gästeführer. Außerdem ist sie in Frankreich als offizielle Fremdenführerin und Reiseleiterin (Guide conférencière dîplomée) berechtigt, in den französischen Nationaldenkmälern und Museen zu führen. Hier unsere Fragen und ihre Antworten:
[1] Ist Düsseldorf wirklich Klein-Paris?
Antje Kahnt: Zumindest war Pierre-Louis Roederer, Napoeleons Staatsminister für das Großherzogtums Berg, dieser Ansicht. Er bezeichnete Düsseldorf als Petit Paris während Napoelons Besuch am Rhein 1811. Heute stimmt das „Klein“ natürlich nicht mehr, denn Düsseldorf ist jetzt flächenmäßig doppelt so groß. Aber es gibt Vieles, was Düsseldorf mit Paris verbindet – eine Stadt der Mode und der Kunst, das Ratinger Tor als architektonische Erinnerung an Napoleons Besuch oder auch das Pariser Stadtwappen an der Kunstakademie und im Schiffchen. Außerdem gibt es etliche aus dem Französischen entlehnte Wörter im Rheinischen und glücklicherweise für mich auch einige authentische französische Restaurants – Stoff genug für mittlerweile schon 2 frankophile Touren.
[2] Wer hört am interessiertesten zu: Berliner oder Bayern?
Antje Kahnt: Darüber habe ich mir tatsächlich nie Gedanken gemacht, ich kann mich über unaufmerksames Publikum nicht beschweren. Da ich aber „unter Strom“ immer noch gut berlinern kann, vermute ich jetzt einfach, dass die Bayern einfach besser hinhören müssen, mir geht es in Bayern schließlich genauso.
[3] Welches ist deine Lieblingstour durch die Stadt?
Antje Kahnt: Schwer zu sagen – eigentlich immer die, die ich gerade mache, auf jeden Fall auch gerne eine Tour, die thematisch nicht so alltäglich ist. Ich liebe Abwechslung, 3 verschiedene Thementouren nacheinander bringen mich nicht aus der Fassung, sondern in Hochform. Deshalb habe ich mittlerweile schon 100 Themenführungen in der Schublade, die nur darauf lauern, wieder mal ans Tageslicht zu kommen.
Aber es gibt natürlich Ecken, da stromere ich auch mit der Kamera besonders gern herum, z.B. durch die Gässchen der Zitadelle, durch Kaiserswerth oder meinen alten Kiez Unterbilk. Ich bin auch sehr gerne im Hafen unterwegs, obwohl ich einen Hang zu „alten Steinen“ habe. Unabhängig vom Stadtviertel erzähle ich immer besonders gern von Menschen, die dort gelebt haben. Ich mache Geschichte „mundgerecht“ oft an Einzelschicksalen fest – an starken Frauen oder cleveren Männern, etliche zu Unrecht vergessen. Das sind dann Geschichten, die nicht in jedem Buch stehen, und die besonders fesseln können.
[4] Wie hast du die Ausfälle durch die Corona-Seuche geschäftlich überstanden?
Antje Kahnt: Da ich wie viele andere nur im Nebenerwerb Stadtführerin bin, musste ich glücklicherweise nicht am Hungertuch nagen. Dass ich aber so lange nicht das machen konnte, was ich liebe, hat mich fast „nach Grafenberg“ gebracht (nur fast, da die gemeinten Anstalten tatsächlich in Ludenberg liegen), ich bin meiner Familie mit Ersatzhandlungen wohl ziemlich auf den Wecker gegangen…
[5] Bitte einen Geheimtipp für Düsseldorf: Welche wenig bekannte Sehenswürdigkeit sollte man auch als Einheimischer mal besucht haben?
Antje Kahnt: Einen wirklichen Schatz besitzt die Stadt im historischen Ortskern von Kaiserswerth. Auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses am Stiftsplatz steht ein früheres Kanonikerhaus. Zeitgleich mit der Stiftskirche aus Tuffstein gebaut, ist es das älteste Wohnhaus von Düsseldorf und auch eines der ältesten Häuser in Deutschland. Weil sein vormaliger Bewohner buchstäblich „steinreich“ war, hat das Gemäuer schon über 750 Jahre überdauert und erzählt uns heute einiges vom Aussehen des Ortes um 1250.