Porträt · Jürgen Gocht ist der dienstälteste Grüne im Düsseldorfer Norden. In der Bezirksvertretung 05, die einmal pro Monat im Kaiserswerther Rathaus tagt, ist Jürgen Gocht seit Mitte der Achtzigerjahre. Hier bringt er regelmäßig mit seinem Esprit, seiner Wortgewandtheit und nicht zuletzt mit seinem Humor den Saal zum Kochen. Bei der Gründungsveranstaltung der Grünen In Karlsruhe am 12. Januar 1980 war er selbstverständlich auch dabei. An Joschka Fischer erinnert er sich gern. „Der war sehr handfest und tüchtig“, betont Gocht. [Lesezeit ca. 3 min]

Der 73-jährige ist körperlich und geistig fit, ein Kopfakrobat, der schnell redet und schnell denkt und schnell läuft. Er war bei Amnesty International, bei der Jugendberufshilfe Düsseldorf und hat den Welcome Point in Lohausen mit aufgebaut, nachdem Angela Merkel 2015 gesagt hat: „Wir schaffen das!“ Hier ist der erste Anlaufpunkt für Flüchtlinge, die viel mehr als nur gute Ratschläge bekommen.

Jürgen Gocht ist ein Menschenfreund und hat sich immer für Kinder und soziale Chancengleichheit eingesetzt. In den Blumensträußen, die er gern verschenkt, sind neben prachtvollen Rosen immer Minzezweige aus dem großen Garten der alten Villa an der Niederrheinstraße, wo der Welcome Point seine Zelte aufgeschlagen hat. Man darf getrost sagen: Der Mann hat einen guten Geschmack.

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Frage: Wo und wann sind Sie geboren?
Antwort: Am 14. Juni 1947 bin ich in Neugersdorf in Sachsen geboren. Glücklicherweise sind meine Eltern mit mir 1954 nach Wiesbaden gezogen. 1979 kam ich schließlich nach Düsseldorf und beschloss, hier zu bleiben. Mit meiner Frau und meinen fünf Kindern wohne ich im schönen Lohausen, dem Dorf mit Herz.

F: Warum sind Sie bei den Grünen?
A: Tja, warum? Durch meine berufliche Ausrichtung und durch meinen hohen Anspruch an politische Arbeit, die ich als Hesse habe. Den Geburtsort in Sachsen vergessen wir jetzt mal. Mir haben von Anfang an die Ideen der Grünen gefallen, der Klimaschutz, der Naturschutzgedanke, vor allem auch das kritische Hinterfragen der etablierten Parteien. Bei den Grünen finde ich das größte Potential, um unerledigte Probleme aufzuarbeiten.
Ich finde, dass der demokratische Gedanke der politischen Teilhabe bei den Grünen durchaus viel Raum einnimmt. Dabei war mir meine Arbeit in der Bezirksvertretung 05 immer wichtig, weil ich weiß, dass ich hier in den vergangenen 33 Jahren mehr bewegen konnte als im Stadtrat. Im Norden bin ich extrem gut vernetzt, das hat immer geholfen. Und wenn ich mir die Entwicklung der Grünen so anschaue, ist sie beachtlich. Mitte der Achtzigerjahre hatten wir zwei Sitze in der Bezirksvertretung, nun haben wir fünf. Die CDU, die immer die stärkste Kraft im Norden war, hat zehn Sitze. Wir haben also seit den letzten Kommunalwahlen im September 2020 kräftig aufgeholt und sorgen mit unseren Anfragen und Themen für frischen Wind. Viele aus dem Norden haben mich gewählt, weil ich unbeirrbar bin, als Mensch und als Politiker. Außerdem haben wir die richtigen Themen angesprochen. Als ich Anfang der Achtzigerjahre den Grünen beigetreten bin, habe ich mir geschworen, diese Partei nicht mehr von mir zu entlasten. Das meine ich durchweg positiv!

F: Welche Themen sind Ihnen gerade für den Stadtnorden wichtig?
A: Der Erhalt der dörflichen Struktur. Der Erhalt der Landschaft und Grünflächen, die nicht durch unsensible und zu dichte Bebauung zerstört werden sollen. Der Klimaschutz, der Klimawandel. Vor allem auch die demokratische Teilhabe an wichtigen Entscheidungsprozessen. Die künftige Nutzung des Flughafens Düsseldorf, der durch Corona extrem an Bedeutung verloren hat. Die Stärkung des ÖPNV. Düsseldorf könnte längst autofrei sein, wenn wir eine gute 5-Minuten-Taktung mit einer verlässlichen Rheinbahn in Richtung Duisburg und Düsseldorf hätten. Wenn wir ein gut ausgebautes Radwegenetz hätten. Haben wir beides nicht. Was große Fehler sind.

F: Können Sie sich eine*n grünen Kanzler*in vorstellen?
A: Durchaus. Robert Habeck ist ein Menschenfänger, er kann die Leute gut von seinen Meinungen überzeugen. Und Annalena Baerbock hat die nötige Intelligenz, um ein solches Amt auszuüben. Es wird spannend in diesem Herbst!

F: Wie sehen Sie die Zukunft der Düsseldorfer Grünen?
A: Die Düsseldorfer Grünen können ihre starke Position nur bestehen, wenn sie sich mutig für eine Stärkung ihrer inneren demokratischen Struktur entscheiden. In den letzten Jahren sind verstärkt Entscheidungen am Souverän, der Kreispartei, vorbei innerhalb des kleineren Zirkels der Ratsfraktion getroffen worden. Politische brisante Themen wie die U81-Hochbrücke, das Open-Air-Gelände und viele mehr müssen in der Kreispartei entschieden werden. Das garantiert einerseits eine breite demokratische Beteiligung und verhindert Beschlüsse, die oft durch persönliche Positionen oder aus Rücksicht auf führende Persönlichkeiten der Stadt zum Nachteil der Bürger*innen und der Demokratie getroffen wurden.

Herr Gocht, ich danke Ihnen für das Gespräch!

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