Porträt · Am 27. Juli 2019 traf sich ein Häuflein Menschen am Mäuerchen beim Fortuna-Büdchen, um bei ein paar Bechern Rotwein und passender Musik des kurz zuvor verstorbenen Richard ar/gee Gleim zu gedenken. Da traf ich Salih zum ersten Mal, ohne dass wir in größere Dialoge gerieten. Immerhin befreundeten wir uns auf Facebook, und plötzlich war ich quasi Augenzeuge seines literarischen Treibens, das er dort vor der Welt ausbreitet. Unermüdlich machte er Reklame für seine beiden als Books on demand erschienen Romane. Und irgendwann entschloss ich mich, die paar Kröten zu investieren, und die Dinger als eBooks zu erwerben. [Lesezeit ca. 3 min]

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Mit dem Briefroman „Briefe an die grüne Fee“ konnte ich zunächst nicht so viel anfangen, aber mit dem „Orpheus“ hatte er mich am Haken. Das war genau das, was ich an meinem Lieblingsschriftsteller Philippe Djian schätze: Das Wilde, teilweise Hysterische, die brutale Action, die aber nie Action um der Action willen ist, Liebe, Tod und Teufel. Im Geiste führte ich Streitgespräche mit Salih, dass er dieses oder jenes hätte besser schreiben oder diese oder jene Passage hätte weglassen können.

Und dann dachte ich wieder: Wer liest denn sowas heute noch? Welcher Verlag bringt denn sowas heute noch? Da kam „Das perfekte Grau“. Bei einem richtigen Verlag. Ernsthaft promotet. Was soll ich sagen? Dieses Roadmovie auf Papier rockt. Ein Roman, bei dem eine Hauptfigur Novelle heißt – da muss ein Autor aber eine gehörige Portion Chuzpe haben. Hat dieser Salih Jamal, ganz sicher. Das tropft aus jeder seiner Zeilen, das zeigt er auf jedem Foto, auf dem er zu sehen ist.

Dieser Salih Jamal hat seine Wurzeln in Palästina und arbeitet und lebt im Düsseldorf-Bilk. Hier und woanders hat er u.a. in einem Fast-Food-Restaurant gejobbt, in der Herrenabteilung eines Modehauses auf der Kö gearbeitet, hat in den 90ern die Kneipe „Blauer Engel“ betrieben, war als Rosenverkäufer in Bordellen unterwegs oder als Kurierfahrer, der das Kanzleramt belieferte. Die Briefe an die grüne Fee wurden 2017 auf der Frankfurter Buchmesse mit einem Award für das beste Buch des Jahres in der Kategorie „Zeitgenössische Literatur“ ausgezeichnet. In Düsseldorf hat ihn der legendäre Fotograf Richard Gleim „entdeckt“ und ermutigt. Das perfekte Grau geht nach wenigen Wochen in eine zweite Auflage und wird von Kritikern hochgelobt. Wie konnte es zu einer solchen Blitzkarriere kommen? Ich habe nachgefragt.

Frage 1: Was ist Düsseldorf für dich?
Antwort 1: Hier bin ich schon immer. Die Stadt hat genau die richtige Größe. Man trifft irgendwo immer wen, mit dem man irgendwann mal gefeiert hat.

F2: Wer sind deine literarischen Idole?
A2: Schwer zu sagen. Jedenfalls die, die es verstehen, mir mit Worten eine reinzuhauen. Egal ob grob oder einfach nur schön. Mir fallen spontan Fitzgerald und Miller ein. Aber auch Heine hat richtig was rausgehauen.

F3: Welchen Einfluss hatte Richard ar/gee Gleim auf dein literarisches Wirken?
A1: Keinen. Richard hat mich sehr früh entdeckt, weil er mein erstes Buch gelesen hat. Er hat Kontakt aufgenommen, und wir haben uns angefreundet. Er war wirklich extrem hell im Kopf. Ich erinnere mich gerne an die gemeinsamen Frühstücke vor seinem riesigen Schreibtisch, auf dem stapelweise Zeugs lag.

F4: Was kommt als nächstes? Was ist in Arbeit?
F4: Es ist gerade schwierig. Zurzeit geht das aktuelle Buch ganz gut steil, und mir fehlt einfach die Muse. Ich probiere rum, werfe Farbklekse an die Wand und hoffe, dass ich irgendwann mal ein Bild sehe, an dem ich weiterarbeiten kann.

F5: Kannst du dir vorstellen, einen Roman mit engem und erkennbarem Düsseldorf-Bezug zu schreiben?
A5: Den gibt’s ja schon. „Briefe an die grüne Fee: Über die Langeweile, das Begehren, die Liebe und den Teufel.“ Hier finden sich Königsallee, ein Professor aus der Kunsthochschule und eine Kneipe mit mehr oder weniger gewichtigen Rollen.

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