Vor genau 730 Jahren standen sich in der Fühlinger Heide bei Worringen zwei starke Streitmächte gegenüber. Gegen 11 Uhr begann das Gemetzel, das zu einer der blutigsten Schlachten des Mittelalters werden sollte. Auf Seiten des Kölner Erzbischofs Siegfried von Westerburg waren es wohl 4.200 Mann, sein Kontrahent, Johann I. von Brabant, verfügte vermutlich über 4.800 Soldaten, je zur Hälfte gepanzerte Reiter und Fußvolk. Gegen 17 Uhr endete das Hauen und Stechen, und man fand deutlich mehr als 1.000 Leichen auf dem Schlachtfeld; weitere rund 700 Männer starben später an ihren Verletzungen. Diese hohe Zahl an Opfern ist durchaus ungewöhnlich für kriegerische Auseinandersetzungen in jener Zeit in unseren Breiten. Ziel einer Schlacht war es in der Regel, den jeweils gegnerischen Heerführer gefangen zu nehmen – quasi zu verhaften – und nicht, wie in späteren Kriegen, die feindlichen Truppen zu vernichten. Zumal in solch großen Schlachten nur ganz wenige Männer antraten, die über eine soldatische Ausbildung verfügten. Das gilt auch für die kaum 100 Bauern und Fischer aus dem winzigen Dorf an der Düssel.

Die kamen leicht verspätet am Ort des Geschehens an, dürftig bewaffnet mit Sensen, Dreschflegeln und Messern, völlig unerfahren im Krieg, maximal erfahren in Jungmännerschlägereien. Die hatte Graf Adolf von Berg rekrutieren lassen, um die Schar seiner bergischen Bauern zu verstärken, die Seite an Seite mit der Kölner Miliz stritten. Denn ein Teil des Konfliktes ging von der großen Unzufriedenheit der Kölner Bürger mit dem Erzbischof aus, ein in der Stadt Fremder, der mit den Einwohnern ausgesprochen mies umsprang. Kurzum: Die Kölner wollten Siegfried loswerden, Johann wollte dagegen – ohne jeglichen verbrieften Anspruch, übrigens – als Erbe das Herzogtum Limburg übernehmen. Obwohl der Brabanter dem Grafen Adolf von Berg so eigentlich in die Quere kam, stellte sich dieser ebenfalls gegen den Erzbischof. Dies in der Hoffnung, dem Geldern und Umgebung abknöpfen und mit seinen Ländereien vereinigen zu können.

Man sieht: Es ging ums Geld bzw. Grundbesitz, Einflusssphären, Einnahmequellen und überhaupt nicht um die Ehre oder dergleichen. Wer den paar Düsseldorfer Männekes was versprochen hatte, weiß man nicht. Jedenfalls stand vor der Schlacht von Worringen überhaupt nicht zur Debatte, diesen Haufen windschiefer Hütten an der Mündung der Düssel zur Stadt zu machen. Wo doch mächtige Orte wie Benrath, Kaiserswerth und gleich gegenüber Neuss schon deutlich größer und fortschrittlicher waren. Vermutlich wollte Graf Adolf einfach eine Ansiedlung ohne geschichtliche Belastung. Die sollte nicht nur Außenposten von Berg-Mark werden, sondern tendenziell Gegengewicht gegen das übermächtige Köln, einer der wenigen Weltstädte des 13. Jahrhunderts. Also erhielt Düsseldorf am 14. August 1288 einigermaßen überraschend die Stadtrechte. Gleichzeitig begann Graf Adolf persönlich mit der Planung des Ausbaus und der Befestigung des jungen Städtchens.

Wer jetzt immer noch glaubt, die Schacht bei Worringen sei Ausgangspunkt der Rivalität zwischen den beiden Rheinmetropolen, irrt gewaltig. Bis zum Ende des 17. Jahrhundert hinein wird die Mehrheit der Kölner Bürger nicht einmal gewusst haben, dass es eine Stadt namens Düsseldorf überhaupt gibt; und wenn, dann nur die wenigen Kunst- und Kulturbeflissenen in der Handelsmetropole, in der wenig so sehr interessierte wie Zahlen und Geld. Und wer schon mal von Düsseldorf gehört hatte, blickte möglicherweise neidisch auf die Schönheit und die Kultiviertheit des Residenzstädtchens zu Zeiten von Anna Maria Luisa d’Medici und ihrem Gatten Jan Wellem. Erst mit der industriellen Revolution kam Düsseldorf langsam auf Augenhöhe mit Köln, der ewigen Großstadt, und – wie wir in unserer kleinen Serie „Was haben die Kölner eigentlich gegen uns? Eine Spurensuche…“ versucht haben zu belegen – die inzwischen legendäre „Feindschaft“ wurde vermutlich vom Erzkölner Konrad Adenauer angezettelt, der stinkend sauer war, weil die britischen Besatzer Düsseldorf am 23. August 1946 zur Hauptstadt des neuen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen gemacht hatten.

Trotzdem ist der 5. Juni 1288 der entscheidende Tag in der Geschichte unserer Stadt, und die höchstens 100 Bauern und Fischer, die auf die Fühlinger Heide zogen, sind mindestens so sehr Düsseldorfer Helden wie die Männer der Aktion Rheinland, die mit ihren mutigen Taten am 16. April 1945 die Stadt vor der völligen Zerstörung retteten.

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