Hab ich je erwähnt, dass ich eine Fischallergie habe? Das ist traurig, aber wahr. Und ich weiß, dass mir dadurch unglaubliche Genüsse entgehen. Merkwürdigerweise tauchen beim Verzehr von Thunfisch keine allergische Reaktionen auf, weshalb ich ganz gern mal etwas mit Dosenthunfisch esse. Wir beziehen unsere Tuna-Konserven von den Fratelli Carli, weil er in demselben Olivenöl eingelegt ist, das wir auch sonst verwenden. Es handelt sich um „Weißen Thunfisch“ (Thunnus alalunga), der nach Angaben von Carli im Atlantik per Leinenfischen (also nicht mit delfin-gefährdenden Treibnetzen…) gefangen wird. Weil der Weißthun zudem als „gering gefährdet“ eingestuft wird, ist gegen den Verzehr dieses Produkts wenig einzuwenden – wenn man sich bei den Mengen, die man pro Jahr isst, zurückhält. Soll sagen: Greif nicht einfach zur nächsgelegenen Thunfischdose im Supermarkt deines Misstrauens, sondern befass dich mit der Herkunft! Empfehlenswert sind zum Beispiel auch die Produkte von Saupiquet. Warum aber ist das Thunfisch-Sandwich in den USA dermaßen beliebt?
Das hat – wie fast alles – historische Gründe. Und die finden sich schon in den Folgen des US-amerikanischen Bürgerkriegs. Denn der sorgte für einen drastischen Rückgang der Fleischerzeugung und damit rasant steigende Preise. Für einen Großteil der – speziell urbanen – Amis war das Steak kaum noch erschwinglich. Gleichzeitig war die Produktion von Schweinefleisch noch sehr gering und Geflügel wurde (zum Glück!) noch nicht industriell erzeugt. Gerade an den Küsten griffen besonders die armen Leute daher immer öfter zu Fisch. Da kam die Erfindung der Konservierung in Dosen gerade recht. Erste Fischfabriken entstanden Ende des neunzehnten Jahrhunderts in Kalifornien; danach wurden bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs entlang der gesamten Pazifikküste Tausende solcher Betriebe eröffnet. Nun konnten die Leute im Landesinneren auch Fisch auf den Tisch bringen. Galoppierende Fangmengen und ein ständig wachsendes Angebot an Konserven ließen die Preise sinken. Zudem erkannte die US-Gesundheitadministration die Bedeutung von Fischkonserven für die Eiweißversorgung der Bevölkerung, und besonders Ölsardinen und Thunfisch in Dosen wurden subventioniert. Die Produktion konnte sich so zwischen 1915 und 1918 verzwanzigfachen. Während der Großen Depression waren diese beiden Produkte oft die einzigen nicht-pflanzlichen Lebensmittel, die sich die Armen überhaupt leisten konnten. Welche Auswirkungen die Blüte der Fischfabriken und deren Absterben in den Fünfzigerjahren in Folge von drastischer Überfischung auf die US-amerikanische Gesellschaft und Kalifornien im Besonderen hatte, hat John Steinbeck in seinen wunderbaren Romanen „Straße der Ölsardinen“ und „Wonninger Donnerstag“ erzählt. Der Ort der Handlung, die Cannery Row in Monterey, ist heute nur noch ein Touristenviertel, etwa wie die Düsseldorfer Altstadt.
Und weil ebenfalls während der schlechten Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg das Sandwich zum schnellen und vor allem billigen Nahrungsmittel wurde, geriet das Tuna Sandwich zur Nationalspeise. Dementsprechend gibt es buchstäblich Hunderte Rezepte für das einzig wahre All-American Tuna Sandwich. Dutzende davon habe ich mir angeschaut und dann eine eigene Variante gebaut. Basis ist Sandwich-Toast, also die großen Scheiben, und zwar in der Vollkornvariante. Die Mengen beziehen sich auf drei Sandwiches, also sechs halbe. Die reichen dicke als Hauptmahlzeit für zwei Personen – je nach Einsatzzweck musst du die Mengen also umrechnen.
Du brauchst 200 Gramm Dosenthunfisch, 50 Gramm Cornichons und 50 Gramm schwarze, entsteinte Oliven sowie zwei bis drei Esslöffel Majonäse. Du hackst die Gürkchen und die Oliven sehr klein. Den Thunfisch holst du aus der Dose und lässt ihn gründlich im Sieb abtropfen. Dann zerpflückst du ihn in einer passenden Schüssel mit der Gabel. Gib die gehackten Zutaten bei und rühr alles durch. Jetzt salzen und pfeffern. Dann rührst du die Majonäse unter, sodass eine Art Thunfisch-Fleischsalat entsteht. Für die Sandwiches brauchst du feste Salatblätter, also entweder vom Eisberg oder dem Romano sowie Tomaten; je nach Größe ein oder zwei, sodass du davon insgesamt sechs große Scheiben schneiden kannst. Eigentlich soll das Brot nicht getoastet werden, aber ich fand es geröstet besser. Damit aber die Thunfisch-Chose kleben bleibt, habe ich die Scheiben einseitig getoastet. Das geht ganz einfach, indem du je zwei Scheiben zusammen in einen Schlitz gibst – außen sind sie knusprig, innen weich.
Nun verteilst du die Thunfischmasse gleichmßig auf den Innenseiten vn drei Toastscheiben. Dann legst du je zwei Tomatenscheiben drauf. Dann die Salatblätter – je nach Größe ein, zwei oder drei. Setz die zweite Scheibe mit der weichen Innenseite drauf und drück die Sache fest zusammen. Dann schneidest du die Sandwiches in Dreiecke und befestigst die Toastscheiben mit je einem Zahnstocher. That’s it!
Natürlich gibt es Varianten. Zum Beispiel: Anschärfen des Tuna-Salads mit reichlich Tabasco. Hinzufügen von kleingewürfeltem Stangensellerie (Manche Amis sagen: Ohne Sellerie geht Tun-Sandwich gar nicht…) oder gehacktem, gekochtem Ei. Dill wird oft empfohlen. Wie sagt das Phrasenschwein? Genau: Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.