Schon während der Römerzeit wurde der Rhein abschnittsweise als Handelsweg benutzt, also Waren, Güter und Rohstoffe auf Schiffen und Flössen flussabwärts und -aufwärts transportiert. Denn schiffbar war der mächtige Strom bis weit ins 19. Jahrhundert nicht durchgehend. Und wo er befahren werden konnte, drohten allerlei Risiken durch Sandbänke, Untiefen und Stromschnellen. Als aber das Treideln im 8. Jahrhundert als Methode eingeführt wurde, entstand zunehmend der Wunsch wenigstens die schlimmsten Gefahrenstellen zu entschärfen oder zu beseitigen. Damit beginnt die Geschichte der Rheinzölle.
Tatsächlich handelte es sich bei den ersten Zollzahlungen um eine Art Abgabe an die Fürsten, die am jeweiligen Flussabschnitt das Sagen hatten und für die Schiffbarkeit des Rheines sorgten – die Einnahmen sollten laut der entsprechenden Verträge ausschließlich dazu verwendet werden, für die Sicherheit der Schiffe und Flösse zu sorgen. Außerdem finanzierten die Zölle auch das Umladen von Gütern an Stellen, die mit den damaligen Möglichkeiten nicht schiffbar gemacht werden konnten. Dieser Service wurde im 13. Jahrhundert sogar vertraglich abgesichert.
In dieser Epoche waren die Zollstellen in der Regel Hütten am Flussufer, meist mit einem Anleger für die Fahrzeuge der Kunden. Aber schon die Merowinger entdeckten im 8. Jahrhundert, dass Rheinzölle eine gute Einnahmequelle waren, mit denen man auch andere Dinge finanzieren konnte – Burgen, Heere und was Fürsten in jener Zeit zum Machterhalt und zur Ausweitung ihrer Reiche so brauchten. Alle die Regeln rund um Rheinzölle, die teilweise bis 1830 galten, waren bereits in einem Edikt des Merowinger-Königs Chlothar II. von 615 enthalten. Die Erlaubnis, Zölle zu kassieren, betraf nicht nur die erwähnten Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch die Nutzung von Häfen.Aus dieser Nutzungsgebühr entstand im Mittelalter das Stapelrecht für Städte am Rhein, die über einen sicheren Hafen verfügten. Davon profitierten am Ober- und Niederrhein vor allem Mainz und Köln. Binnenschiffer, die an diesen Häfen vorbeikamen, waren gezwungen, ihre Waren und Güter zuerst Kaufleuten dieser Städte anzubieten, diese also zu entladen, zu lagern und an den Meistbietenden zu verkaufen. Von dieser Pflicht konnten sie sich durch das Entrichten eines Zolls freikaufen.
Über die Jahrhunderte veränderte sich das Wesen der Rheinzölle. Immer mehr Fürstentümer und Städte am Strom entdeckten sie als Einnahmequelle. Und damit sich die Schiffer nicht vor der Zahlung drücken konnten, wurden ständig neue Zollstellen und dann auch Wachtürme errichtet – von denen aus „Wahrschauer“ (die damals noch nicht in erster Linie dazu da waren, Schiffe vor Gefahren zu warnen) nach möglichen Zollzahler Ausschau hielten. Wer versuchte, kostenlos an einer Zollstelle vorbeizukommen, wurde dann von entsprechenden Ordnungskräften aufgehalten und zur Zahlung gezwungen.
Übrigens wurden bis weit ins Mittelalter die Zölle nicht in bar entrichtet, sondern in Naturalien. Da die Münzwährungen der Reiche, Städte und Fürstentümer untereinander nur selten konvertibel waren, mussten die Händler, die per Schiff unterwegs waren, jeweils einen definierten Teil ihrer Ladung als Zoll abgeben. Der Wohlstand der alten Römerstadt Neuss als Handelsknotenpunkt beruhte auf diesem Prinzip. Weil sich aber an den Zollstellen Reichtümer ansammelten, wurden sie spätestens seit dem 13. Jahrhundert zu beliebten Zielen von Raubzügen. Was bleib den Betreiber anderes übrig, als sie militärisch zu sichern? So entstanden Zollburgen und Zollfesten – ein Beispiel für letztere stellt der Ort Zons zwischen Dormagen und Neuss dar.
Gerade in den Jahrhunderten vor dem Dreißigjährigen Krieg, der ja den überregionalen Handel fast zu Erliegen brachte, hatten es die Händler, die ihre Waren, Güter und Rohstoffe mit Treidelkähnen, Lastenseglern oder Flössen auf dem Rhein transportieren, gerade am Niederrhein nicht leicht, denn hier reihte sich eine Zollstelle an die nächste. Allein zwischen Bonn und Emmerich mussten sie an bis zu elf(!) Stationen Zölle entrichten oder dem Stapelrecht genügen. Ein Weinhändler, der seine leckeren Tropfen beispielsweise von der Mosel in die Niederlande exportieren wollte, konnte unterwegs bis zu einem Viertel seiner Fässer als Naturalzahlung verlieren.
Spätestens seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und dem Westfälischen Frieden von 1648 waren alle Anrainer des Rheins darum bemüht, die freie Schifffahrt auf dem Strom durchzusetzen, sie also von Einschränkungen durch Stapelrechte und Zölle zu befreien:
1815 beschloss deshalb der Wiener Kongress erneut die Schifffahrtsfreiheit für internationale Gewässer und für den Rhein die Einrichtung einer Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, die erstmals 1816 in Mainz tagte. Am 31. März 1831 vereinbarte man die „Mainzer Akte“. Dieses Abkommen beseitigte unter anderem aus dem Mittelalter stammende Stapel- und Umschlagsrechte sowie Privilegien von Schiffergilden und aus diesen entspringende Abgaben. (Quelle: Wikipedia)
Das galt zunächst nur für die innerdeutschen Rheinzölle, was vor allem daran lag, dass der Niederrhein inzwischen fast vollständig zu Preußen gehörte und dieser Staat Handelshemmnisse abschaffen wollte. Danach bestanden entlang des gesamten Rheinlaufs jenseits der Schweizer Grenze Zölle nur noch zwischen Frankreich und den angrenzenden Teilen der deutschen Länder und zwischen Preußen und den Niederlanden. Die grenzüberschreitenden Rheinzölle für Transporte in den Niederlanden entfielen mit der Mannheimer Akte von 1868 ebenfalls für Preußen. Damit war das Zeitalter der Rheinzölle endgültig beendet. Stattdessen wurden die verschiedenen Zollregeln, die für den internationalen Handel galten, jeweils auch für die Binnenschifffahrt auf dem großen Strom übernommen.
[Bildnachweise – Rheintor in Zons: Beckstet via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; ]